Der multimodale Bürgermeister

Diesen Freitag laden Münchens Fußgängeraktivsten anlässlich des 100. Geburtstages des Autors und Flaneurs zum großen Sigi Sommerfest. Ein guter Zeitpunkt, um sich mal mit dem Thema Spazierengehen in München zu beschäftigen. Bei einem Pressegespräch an der Siggi Sommer-Statue haben wir CSU-Bürgermeister Josef Schmid gefragt, wie er es so hält mit Fußgängerzonen vs. Autoverkehr. 

Eins steht für unseren neuen Bürgermeister fest: In Sachen Fußgänger-Freundlichkeit hat München noch einiges aufzuholen. Insbesondere das Thema Fußgängerzonen sei eine „große Herausforderung“. Aber auch die „softeren Themen“, wie Schmid es nennt, sind wichtig: Dazu gehört die Möblierung des öffentlichen Raumes mit Bänken, die Sauberkeit sowie ein einheitliches Beschilderungssystem.

In Sachen Wegweiser ist in naher Zukunft einiges geplant: neue, smartphonefreundliche Wegweiser sollen „die klassischen Holzdinger“ (Schmid) ersetzen. Wer bei dem geplanten Wettbewerb den schönsten Vorschlag liefert, darf das Zeichensystem gestalten. Auf den Schildern wird ein QR-Code zu sehen sein, dann würde die Information zur jeweiligen Sehenswürdigkeit „gleich mitgeliefert“. Schmid gefällt der Gedanke auch im übertragenen Sinne: Es geht darum, einen „Schritt nach vorne zu machen“ durch „ein multimediales Ding, das maximalen Nutzen liefern soll“.

Allerdings stimmt der Bürgermeister zu, dass die Smartphonenutzung, die „Münchner Gmiatlichkeit“ auch ein bisschen gefährdet. Das ist aber nicht im Sinne Sigi Sommers! Oder doch? Denn wie in anderen Aspekten auch, sei hier ja jeder für sein Handeln, also Tun oder Unterlassen, selbst verantwortlich. Und die „Gmiatlichkeit“ müsse man eh in sich tragen!

So viel zur geplanten Aufwertung der verkehrsberuhigten Bereiche in München. Brisanter wird es beim Thema Knappheit des Raumes. Schmid betont, er sei der „ganz undieologischen Überzeugung“, dass der zunehmende Verkehrsdruck nicht durch Fußgängerzonen gelöst werden könne. Ein möglicher Lösungsvorschlag sei die Schaffung sogenannter Begegnungszonen – Räume in der Innenstadt, die allen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung stehen, wo sich Auto und Fußgänger gewissermaßen „begegnen“. Natürlich habe der Fußgänger hier die übergeordnete Position inne und der Autofahrer die untergeordnete. Allerdings sieht Bürgermeister Schmid hier nicht nur Vorteile, er selbst sei ziemlich „hin- und hergerissen“.

So macht Schmid den Anhängern einer autofreien Altstadt wenig Hoffnung. Zum einen müsse zuvor eine klare Befürwortung der Geschäftsanlieger vorliegen. Zum anderen soll das Hackenviertel weiterhin mit dem Auto erreichbar bleiben. Als Grund hierfür nennt Schmid die hochkarätige Kundschaft der Nobelgeschäfte, die auch weiterhin mit dem Auto vorfahren wolle.

Trotz allem ist die unangefochtene Lieblingsfortbewegungsart des Bürgermeisters nach eigener Aussage das Zufußgehen. Erst ab Entfernungen von einem Kilometer setzt er sich lieber aufs Radl oder in die Tram – er sei eben „multimodaler Nutzer“, so wie man sich als vernünftiger Menschen heute in der Großstadt eben verhalte.

1 Kommentar zu “Der multimodale Bürgermeister”

  1. Meine einzige Kritik an diesem Artikel gilt für diesen Satz: „Bei einem Pressegespräch an der Siggi Sommer-Statue haben wir CSU-Bürgermeister Josef Schmid gefragt, wie er es so hält mit Fußgängerzonen vs. Autoverkehr.“

    Wäre unser Oberbürgermeister Dieter Reiter in solch einem Interview gefragt worden, wäre er gewiss nicht als „SPD-Oberbürgermeister“ vorgestellt worden.

    Und Josef Schmid ist daher nicht der Münchner „CSU-Bürgermeister Josef Schmid“ – er ist zum einen der zweite Bürgermeister der LH München und (als doppelter Lotterich) zugleich der Referent für Arbeit und Wirtschaft, was in dieser Funktion sein besonderes fachliches Interesse an Wirtschafts-Fragen rund um die Münchner Innenstadt erklärt.

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