Grüne Politik 2.0

Grüne Servietten, grüne Wasserflaschen, grüne Krawatte. Klare Sache, die Rede ist von der Jahrespressekonferenz der Grünen im Münchner Stadtrat. Es soll um Wachstum gehen.

Die Jahrespressekonferenz wurde erstmals von den drei neuen Fraktionsvorsitzenden Gülseren Demirel, Sabine Nallinger und Florian Roth geleitet. Fraktionsvorsitzende Demirel, eröffnet die Runde mit der rhetorischen Frage, ob das Motto „grüner Wachstum“ ein Widerspruch in sich sei, bevor Florian Roth die Auflösung verraten durfte:  „Ja zum Wachstum, aber eben nicht am Flughafen oder bei den Blechlawinen, sondern bei Kinderkrippen, Fahrradstreifen und Kulturangeboten“. Mit diesem Bekenntnis zur Expansion des Guten wollen sich die Grünen im bevorstehenden Wahlkampf wohl auch absichern, im Streit um Flughafen, Stammstrecke und Autoverkehr nicht die Miesepeterkarte „ideologische Wachstumsverweigerer“ zu ziehen.

Wachstum bedeutet Veränderung.

Man versuchte das Wort positiv zu deuten. Konkret wurde man selten: In 60 Minuten blieb es meist bei Allgemeinplätzen. Das Thema Verkehr wurde gleich ganz ausgespart und auf eine Pressekonferenz „in drei oder vier Wochen“ vertagt. Bei dem viel zu weiten Feld „Wachstum – ja, aber“, blieben zwangsläufig auch einige  Aspekte an der Oberfläche, die Vertiefung verdient hätten. Zum Beispiel die Ansätze der Bürgerbeteiligung im Netz und die künftige Rolle von Bürgergutachten.

Das Wahlprogramm der Piraten hat offenbar auch im Münchner Rathaus hohe Wellen geschlagen. Auch die Grünen haben das Surfen gelernt und sehen in Rankings, Diskussionsforen im Web und online Petitionen die Mitmach-Politik der Gegenwart. Roth plädiert für Bürgerbeteiligung 2.0. Wo mehr Menschen leben, soll auch mehr Mitsprache möglich sein. Wie gut, dass es seit über 20 Jahren das Internet gibt. Dr. Florian Roth, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Münchner StadtratsGrünen, nennt es Mittel der Grundversorgung und wünscht sich auch freies WLan am Marienplatz.

Wachstum fordert Wohnraum.

Immer mehr Menschen wohnen in München auf engem Raum. Fraktionsvorsitzende Gülseren Demirel spricht die dringende Notwendigkeit von mehr bezahlbarem Wohnraum in München an. Den großen Wurf kann man aber offenbar nicht erwarten. Sie fordert mehr Beteiligung der Münchner Genossenschaften und betont, das der geförderte Wohnungsbau nach dem „München Modell“ auch für den Mittelstand offen stehen muss.

Wachstum ist Grün.

Sabine Nallinger, Oberbürgermeister-Kandidatin der Grünen, fordert eine gerechte Verteilung der Wachstumslast. Der Zuzug müsse besser verteilt werden. Es dürfe keine Reichenghettos geben. Auch Denkverbote müssen fallen: „Wenn man Grünflächen erhalten will, müsse man eben nach oben bauen“, so Nallinger. Ein Stockwerk mehr sei auch in Vierteln mit Gartenstadtcharakter zu verkraften. Am Grünflächenschlüssel, der 20 Quadratmeter Grün pro Einwohner vorsieht, dürfe nicht gerüttelt werden, so Nallinger, die berichtete, dass es aus anderen Fraktionen entsprechende Vorstöße gebe. Um mehr Raum für die Menschen zu gewinnen würde Nallinger stattdessen Parkplätze einsparen. Vor dem Hintergrund, dass heute nur noch jeder zweite Münchner ein Auto habe, möchten die Grünen den Stellplatzschlüssel überdenken.

Wachstum betrifft Mobilität.

Es geht den Grünen nicht nur um Autos, wenn von Verkehr gesprochen wird: Der Autoverkehr in Stadtzentrum habe in den vergangenen Jahren laut Nallinger deutlich abgenommen. Wenn man dieses Jahr von Mobilität spricht, geht es um Radl-Wege und Fußgänger-Zonen. Die Grünen hätten das Tal gerne zum Shared Space umgebaut. Es sei aber politisch nicht durchsetzbar gewesen. „Da ist eindeutig eine Chance vertan worden, die so schnell nicht mehr kommt“, erklärte Nallinger. Auch die Mini-Fußgängerzone in der Sendlinger Straße missfällt Nallinger: Sie hätte gerne die ganze Straße bis zum Sendlinger Tor fußgängerfreundlich gestaltet. Die Fußgängermesse „Walk 21“, die im September in München stattfinden wird, hat für Nallinger daher durchaus auch den Charakter einer „Fortbildungsveranstaltung“ für Politiker und Verwaltung.

Wachstum fordert Energie.

Natürlich machen sich die Grünen auch in diesem Jahr wieder für Klimaschutz stark. Neben Millionen zur Energieeinsparung werden ab April neun Klimaschutzmanager bei der Stadt eingestellt. Nallinger erwartet dadurch eine Verdoppelung der Effizienz in der Münchner Energiewende.

Foto: RAHOUSE / pixelio.de

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