Ist ein Schlachthof inmitten München noch zeitgemäß?

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte MitleserInnen,

nun wurde aus diesem Münchner Schlachthof-Gerücht nun endlich eine ordentliche Zeitungsmeldung und jetzt könnten wir uns als Münchner Stadtgesellschaft ohne größere Umwege mit dieser Frage beschäftigen: Ist ein Schlachthof inmitten einer Großstadt wie München noch zeitgemäß?

Beim Bau des ersten Münchner Schlachthofs vor gut 130 Jahren am damaligen Stadtrand lebten etwa 260.000 MünchnerInnen innerhalb der Stadtgrenze. Die Nachbargemeinde Sendling wurde 1877 nach München hinein eingemeindet, Thalkirchen im Jahr 1900, . . .

Wer von Ihnen hat sich den Münchner Schlachthofbetrieb in der letzten Zeit einmal aus der Nähe und drumherum genauer angeschaut? Dann fahren hier auch noch quer durch das gesamte Münchner Stadtgebiet Lebendvieh-Transporter zum Münchner Schlachthof, ruckeln mit ihrer noch lebenden Fracht von einem Ampel-Stau zur nächsten scharfen Kurve weiter. Hat so etwas eigentlich eine besondere Münchner Folklore-Qualität? 

Vor gut 30 Jahren lernte ich beim Münchner Metzgermeister Klaus Huber das Metzgerhandwerk und er hatte damals als einziger Münchner Biometzger nur noch sehr ungern im Münchner Schlachthof Tiere schlachten lassen. Das passierte ganz selten wirklich nur noch im Notfall – wenn bei den Metzgerkollegen auf dem Land keine Kühlhaus-Kapazitäten mehr frei waren oder beim Erdinger Genossenschafts-Schlachthof keine Anlieferung möglich war. Dann fuhren wir unsere Tiere in München immer erst zum Ende der Schlachtungen an; die Tiere von den Biobauern waren im Umgang sehr handsam und die Kopfschlächter am Münchner Schlachthof bekamen noch ein Extra-Geld in die Hand, damit sie ohne großes Geschrei und Treiben ihre Arbeit machten.

PERSPEKTIVENWECHSEL?

Vor einigen Jahren haben sich die Münchner Stadtpolitik und Stadtverwaltung dafür entschieden, die Verantwortung am Münchner Schlachthof aus dem amtlichen Selbstverständnis herauszulösen und zu privatisieren – weil es eine vordergründig einladend billige Lösung war. Nun können bei der Firma Schweineschlachtung München GmbH fallweise tatsächlich Besuchergruppen den Schlachtbetrieb von innen besehen, wofür dann aber der Akkord-Takt der Lohnschlächter auf Spaziergang-Tempo gesenkt wird und für Privatmenschen dann trotzdem noch ein Photographier-Verbot gilt. Hingegen gibt sich die Firma Münchner Schlachthof Betriebs GmbH der Öffentlichkeit gegenüber ausgesprochen verschlossen, wenn um aufhellende Einblicke ins Innere nachgefragt wird.

Mit der Petition „Münchner Schlachthof / Rinderschlachtung: Eingehende und unabhängige Überprüfung wird es in der nächsten Zeit hoffentlich etwas mehr Transparenz hinter den Mauern des Münchner Schlachthofs geben und durch die Initiative ARTGERECHTES MÜNCHEN werden vielleicht auch noch einige weitere Münchner StadträtInnen stärker dafür sensibilisiert, hier endlich einmal genauer hinschauen zu wollen. Neben einer gesteigerten Aufmerksamkeit für den Tierschutz sollte dann aber bitte auch darauf geachtet werden, wie die Arbeitsbedingungen der Menschen in den beiden Schlachthäusern sind – da gibt es nämlich tatsächlich auffällige Zusammenhänge.

Als bemerkenswertes Nachlese-Stück zu den heutigen Tierschutz-Problemen in bayerischen Schlachthöfen finden Sie die Doktorarbeit von Tanya Reymann hier bei der Albert Schweitzer Stiftung und damit möchte ich die Anfangs-Frage „Ist ein Schlachthof inmitten einer Großstadt wie München noch zeitgemäß?“ ganz schlicht mit einem NEIN beantworten.

Wenn wir dann in Deutschland nur noch halb so viel Fleisch wie heute essen würden, könnten wir viele Tierschutz-Aufgaben wesentlich leichter angehen und die vielen Umwelt-Probleme als Folge unseres heutigen Fleisch-Konsums wären auch einfacher zu lösen.

Wirklich erstaunlich finde ich übrigens, dass wir hier in München in allernächster Nähe zum Schlachthof mit RADIX und VEGANZ gleich zwei vegane Supermärkte haben. Ist das ein besonderes Zeichen?

So wende ich mich nun nur noch ganz kurz einer ersten Zukunfts-Betrachtung „Wann wird der Münchner Schlachthof aus der Münchner Innenstadt verschwinden?“ zu und nutze dafür die Perspektiven SPIEL MIT! vom Dezember 2015 für eine augenblicklich noch leicht utopisch erscheinende Frage: Wie viele Neubauwohnungen passen auf das Grundstück des Münchner Schlachthofs und was würden diese Wohnungen (im Jahr 2030 + X) in etwa kosten?

Mit aufmerksamen Grüßen,
Herbert Gerhard Schön

(Metzgermeister)


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   gruenundgloria.de - Blog: Hege Wiedebusch

Am 28. Mai 1961 als HERBERT GERHARD SCHÖN in München auf die Welt gekommen, bis auf die Zeit von 1992 bis 1995 in Hepbach (ein Dorf bei Markdorf/Baden) nie anderswo gelebt als in München (und ein klein bisserl in Röhrmoos und Dachau). In der Zeit bei der Bundeswehr 1982 in Pinneberg auf der Bahnfahrt von dort nach München an einem Samstag in Kassel ausgestiegen und zur documenta zum Schauen und Staunen gegangen, die Idee der 7.000 Eichen von Joseph Beuys zur STADTVERWALDUNG Kassels ins Hirn gepackt, . . . 1996 wurde zusammen mit den eigenen Töchtern und den anderen Kindern der BN-Kindergruppe JOKI begonnen, in Johanneskirchen und Oberföhring junge kleine Bäumchen zu verpflanzen, um sie vor den Rasenmähern der Stadtgärtner und Hausmeister zu retten. Durch diese ersten Bäume-Wichtel-Aktionen entstand die WICHTLBAAMSCHUI als Projekt-Idee, . . . Und aus dem mit vielen Worten und Ideen aufgefüllten Hirn wurde hierbei die ÖKOLOGISCHE STADTVERWALDUNG gewortschöpft. Durch die einfache Beschäftigung mit Weidenbau-Aktionen und der sich daraus entwickelten Restholz-Verpflanzung der übrig gebliebenen Weiden-Stecklinge wurde zum Jahrtausendwechsel der HEGE WIEDEBUSCH geboren, . . .

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