Der 10-Punkte-Plan um die Luftreinheit in München ab Heute zu verbessern

Roeckelplatz NB

Münchens Luft ist dreckig. In der Stadt werden vielerorts massiv Stickstoffdioxid- Grenzen überschritten. Wie dreckig genau, geht aus einer Studie hervor, die die bayrische Staatsregierung letzte Woche veröffentlicht hat: Auf einem Viertel der Münchner Hauptstraßen ist die Stickoxid-Belastung beunruhigend hoch und auf 50 von ihnen sogar über 60 Mikrogramm pro Kubikmeter. Dabei liegt der zulässige Jahresmittelwert für den Schutz der menschlichen Gesundheit in Deutschland bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt der empfohlene Wert, bis zu dem keine gesundheitlichen Auswirkungen zu erwarten sind, sogar bei 20 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Auch die Münchner können ihre Stadt langsam nicht mehr riechen und empören sich öffentlich darüber. „Die Luft, die wir hier atmen, ist giftig“, sagt Gudrun Lux von den Grünen: „Unsere Kinder spielen, wenn sie in der Stadt auf dem Spielplatz sind, in der reinsten Dreckssuppe. Niemand würde sein Kind in eine Tiefgarage mit laufenden Motoren setzten, aber hier in München zählt die Individualität der SUV-Fahrer mehr als die Gesundheit unserer Kinder.“

Nach dem Grill-Protest am Baldeplatz am letzten Mittwoch, versammelten sich gestern nun auch ca. 250 Anwohner um den Roecklplatz und protestierten mit der Sperrung der Isartalstraße gegen die immense Luftverschmutzung durch die vorbeifahrenden Autos. Für eine Stunde hat sich die Bürgerinitiative eine „Verschnaufpause vom Abgasdreck“ gegönnt und so wichen die Motorengeräusche für einmal den angeregten Gesprächen der Menschen, hupende Autos dem Lachen spielender Kinder und der Gestank einer angenehmen Straßenfest-Atmosphäre.

Roeckelpolatz NB 2

Als Hauptverursacher der überhöhten Stickstoffdioxidwerte gelten dabei ältere Dieselfahrzeuge. Dennoch stellte sich die Landesregierung gegen ein Fahrverbot. Wohl, weil Bayern als Produktionsstandort der Dieselstinker mehr hinter BMW und Audi als hinter seinen Bewohnern steht. Auch wenn die Wirtschaftsriesen eine deutliche Reduktion des Schadstoffausstoßes durch eine Umrüstung im Gegenzug versprachen, bleibt nach einer Studie der Deutschen Umwelthilfe (DHU) noch offen, ob diese Änderung überhaupt irgend etwas bringt.

Auch wenn die bayrische Staatsregierung in der Kabinettssitzung letzte Woche beteuerte, mit diversen Einzelmaßnahmen – wie zum Beispiel der Eindämmung von Dieselfahrzeugen in den Städten – das Problem möglichst rasch anzugehen, brauchen wir SOFORT eine Lösung. “ Dass die CSU und SPD so sorglos sind, ist erstaunlich“, findet Gudrun Lux von den Grünen. „Die Frage ist, wie lang man dieses Thema noch politisch verschleppen will. Ich sehe keinen politischen Willen zu Handeln, anstatt immer nur zu Reden.“

Wir haben uns mit Andreas Schuster, dem Experten für Luftreinheit, unterhalten und einen 10 Punkte-Plan für eine sofortige Verbesserung der Luftreinheit aufgestellt, der ab Heute umsetzbar ist:

1. Autos teilen

Durch die Umwidmung von normalen Parkplätzen kann die Stadt heute anfangen, flächendeckende Car-Sharing-Systeme auszubauen und Anwohnern damit ein geteiltes Auto zu ermöglichen.

2. Busspuren schaffen

Weil sich in München Bus-und Autoverkehr vermischen, steht der Bus in nie enden wollenden Staus. Durch ausgewiesene Busspuren kann dies verhindert werden. Damit wird die Fahrt stressfreier und vor allem schneller. Der Busverkehr wird so attraktiver und die Stickstoffdioxidemission durch weitere Mitfahrer, die damit ihr Auto zuhause stehen lassen, geringer. Diese Spuren zu schaffen geht schnell und reduziert damit auch -im wahrsten Sinne des Wortes- den Platz für den Autoverkehr.

3. Höchstgeschwindigkeiten senken

Schon heute könnten die Höchstgeschwindigkeiten im ganzen Münchner Stadtgebiet um 10 oder sogar 20 km/h gesenkt und damit der Spritverbrauch bzw. Schadstoffausstoß der Autos verringert werden.

4. Radl-Infrastruktur ausbauen

Schon seit Jahren will München „Radlhauptstadt“ sein. Dass wir das noch nicht sind, weiß jeder, der sich in unserer Stadt schon mal auf ein Fahrrad gesetzt hat. Die Fahrradwege sind teilweise in desolatem Zustand, nicht richtig ausgewiesen oder führen auf  dreispurige Straßen, auf denen man jede Sekunde um sein Leben bangen muss. Der Ausbau der Radl-Infrastruktur ist sicher eine mittelfristige Aufgabe. Dennoch könnten die Radwege schon heute, zum Beispiel durch erhöhte Ahndung von falsch geparkten Autos, etc., wenigstens sicherer gemacht werden.

5. Besser Informieren

Der Schutz der Umwelt bedarf besonders der Aufklärung, sodass alle mitmachen können. Seitens der Politik werden Informationen ja gerne zurückgehalten – wie am Beispiel der Studie zur die Luftverschmutzung innerhalb Münchens zu sehen war. Aber es tut sich auch etwas: Mit „München – Gscheid mobil“ weitet die Landeshauptstadt die mobilitätsbildenden Maßnahmen des bestehenden Programms aus. Das Ziel ist, Alternativen zum motorisiertem Individualverkehr aufzuzeigen und anzubieten.

6. Auf Mitfahrangebote setzen

Nicht nur das Teilen von Autos, sondern auch die geteilte Fahrt muss gefördert werden. In kurzer Zeit kann die Landeshauptstadt damit den Pendelverkehr bestmöglichst einschränken. Hierzu müssen ausreichend Plattformen zur Organisation geschaffen werden. Es liegt hierbei natürlich an uns Bürgern, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen und bestenfalls auch zu nutzen. Längerfristiger sollte die Einführung einer City-Maut angedacht werden.

7. Autoreduzierte Quartiere

Gerade in Neubau-Quartieren wäre es heute schon möglich, besonders über die Anzahl der ausgewiesenen Parkplätze, die Nummer an Autos rapide zu senken. Aus dem entstandenen Platz können lebenswerte öffentliche Räume oder Mobilitätsstationen werden.

8. Lastenräder und Räder anbieten

Die MVG bietet schon seit geraumer Zeit Räder an, die gemietet werden können. Ein Beispiel kann sich München hier an Wien nehmen, in dessen Citybike System die erste Stunde immer kostenlos ist und auch jede weitere Stunde nur 1 Euro kostet. Auch Lastenräder müssen heute schon vermehrt in das Angebot aufgenommen werden, denn gerade jene fördern eine autofreie Stadt.

9. Lieferverkehr einschränken

Um den Lieferverkehr der verschiedenen Anbieter wie DHL oder Hermes einzuschränken, die einen großen Anteil an der Stickstoffdioxid-Belastung mittragen, könnte die Stadt Sammelstationen auf Quartiersebene einrichten. Nahe an den Zentren der Quartiere oder den öffentlichen Verkehrsmitteln gelegen, kann dann jedes Paket selbst abgeholt werden. Auch für die Anbieter wäre dieser Weg zu liefern kostengünstiger.

10. Blaue Plakette einführen

Die Einführung der blauen Plakette ist der beste und vor allem einfachste Weg, Münchens Luft wieder Einatmenswert zu machen. Somit würde die Innenstadt zur besonderen Umweltzone erklärt werden und es dürften nur noch Fahrzeuge einfahren, die eine Blaue Plakette führen.  Dies wären im  Wesentlichen nur noch Diesel-Fahrzeuge, die der Abgasnorm Euro 6 entsprechen, sowie Benzin-Fahrzeuge mit der Norm Euro 3. Die Stickstoffemissionen lassen sich so rapide, effektiv und vor allem kontrolliert senken.

 

Genauso alarmierend wie die Zahlen für sich sprechen, muss die Politik schnellstmöglich handeln. Dennoch ist es ebenso an uns Bürgern, bewusst und eigenverantwortlich mit der Umweltverschmutzung umzugehen und aktiv zu werden.


Fotos: © die urbanauten

 

 

1 Kommentar zu “Der 10-Punkte-Plan um die Luftreinheit in München ab Heute zu verbessern”

  1. Im März 2020 haben wir wieder Kommunalwahlen, dann werden also 80 Münchner Stadtratsmitglieder neu gewählt und obendrein muss sich dann auch Dieter Reiter für eine zweite Amtszeit als Münchner Oberbürgermeister bewerben. Es wird dann vielleicht sogar noch einige andere verrückte Menschen geben, die diesen Wahnsinns-Job „Chef der Münchner Stadtverwaltung“, „Freund“ aller bis dahin 1.600.000 Münchner*innen und zugleich „Feind“ der bis dahin höchstwahrscheinlich etwa 750.000 Münchner Auto-Besitzer*innen (eine Teilmenge aus der Münchner Gesamtbevölkerung „Freund“) gerne übernehmen möchten. Der neue Oberbürgermeister könnte freilich auch eine Oberbürgermeisterin sein, denn heutzutage sind ja viele Politikerinnen von sich selber auch so toll überzeugt wie es die Politiker eh schon immer waren. Das könnte noch voll lustig werden.

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