Prognosen sprechen gegen eine Dritte Startbahn

Seit vielen Jahren sieht sich der BUND Naturschutz in seiner Kritik an den Bedarfsprognosen bestätigt: durch die zunehmende Diskrepanz zwischen Realität und Prognosen, durch Prognosen für den deutschen Luftverkehr durch die Deutsche Flugsicherung (2013) und die europäische Flugsicherung (2014) und auch durch ein Gutachten des Verkehrsexperten Prof. Thießen (2014). „Dies alles haben die FMG – und auch die Gerichte – bisher ignoriert.“ kritisiert Dr. Christine Margraf, Leiterin Fachabteilung München des BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN). „Nun hat auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eine Prognose für den Luftverkehr in Deutschland bis 2030 abgegeben, die wieder unsere Position bestätigt. Wer diese liest, kann nur einen Schluss ziehen: keine 3. Startbahn.“

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Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Flughafen München GmbH (FMG), Dr. Michael Kerkloh, scheint dies jedoch zu ignorieren. Erst vor kurzem begründete er die Notwendigkeit einer dritten Start- und Landebahn damit:

„Die weltweite Mobilität nimmt weiter zu und alle Verkehrsprognosen sehen für den Luftverkehr erhebliche Steigerungen voraus“. (PM FMG vom 13.01.2016).

Für die Beurteilung einer 3. Bahn sind allein die Flugbewegungen relevant. Und dazu schreibt die DLR, dass die Anzahl der Flugbewegungen in Deutschland bis 2030 durchschnittlich um 0,81 % p.a. zunehmen wird – „erheblich“ ist das nicht. „Auch Kerkloh sollte die neuen Gutachten der Experten genau lesen und v.a. auch korrekt zitieren. Er betreibt Irreführung der Bevölkerung und auch der Entscheidungsträger.“ wirft Dr. Christian Magerl, MdL und Kreisvorsitzender des BN Freising Kerkloh vor.

Kerkloh verschweigt, dass die Prognosen der DLR und anderer Gutachter von einer weiterhin steigenden Anzahl Passagiere pro Flugbewegung ausgehen  und daher bei einer steigenden Anzahl von Passagieren bis mindestens 2030 nur eine sehr geringe Steigerung von Flugbewegungen auftritt. Es fällt auf, dass mittlerweile verschiedene Prognosen für den Luftverkehr in Deutschland, die unabhängig von Ausbauprojekten erfolgen, zwar weiterhin steigende Passagiere, aber eine deutlich geringe Zunahme der Flugbewegungen als noch vor etlichen Jahren prognostizieren. Der Begründung der 3. Bahn am Flughafen München liegt eine Prognose zugrunde, die eine Steigerungsrate von 2,5% p.a. auf 590.000 Flugbewegungen 2025 annimmt. Mit der vom DLR angenommenen Steigerungsrate von 0,81% würden 2025 in München jedoch nur 412.000 Flugbewegungen und 2030  429.000 Flugbewegungen erreicht, hat der BN errechnet. „Das ist weniger als im bisherigen Spitzenjahr 2008 und deutlich unter der heute schon möglichen praktischen Kapazität von 480.000 Flugbewegungen mit 2 Bahnen.“ so Margraf. Es gibt keinen Grund, warum die Flugbewegungen am Flughafen München sich höher entwickeln sollten als in den Prognosen der Flugbewegungen für Deutschland. „Zumal am Flughafen MUC 2015 sogar auch erstmals die Passagierzahl geringer war (knapp 41 Mio.) als es die Prognosen vorhergesagt hatten (41,7 Mio.).“ betont Magerl.
Zur aktuellen Studie des Deutschen Zentrums für Luft – und Raumfahrt e.V. (DLR) und der aktualisierten BN-Grafik „Vergleich Realität und Prognosen am Flughafen München“ –> siehe Anlage A)

Die Tatsache, dass steigende Passagierzahlen mit sinkenden oder nur gering steigenden Flugbewegungen abgewickelt werden können, liegt darin begründet, dass die Fluggesellschaften seit Jahren (verstärkt seit der Finanzkrise) kleinere Flugzeuge durch größere ersetzen bzw. die Anzahl an Sitzplätzen in den Flugzeugen erhöhen. V.a. aus wirtschaftlichen Gründen. Eine in jeder Hinsicht sinnvolle Entwicklung. Bei der Lufthansa wird dieser Prozess nach eigenen Angaben der Lufthansa noch bis 2025 andauern.  Daher muss auch der Versuch von Kerkloh scheitern, diese Entwicklungen einfach als abgeschlossen zu erklären, wie er es derzeit laufend tut. Seit 2011 stellt er fest, dass die Umstellung auf größere Flugzeuge abgeschlossen wäre. Seit 2011 beweist die Realität das Gegenteil. So auch 2015. –> siehe Anlage B)

Weiterhin scheitern muss Kerkloh mit der Prophezeiung einer Trendwende:

 „Passagierrekord und Trendwende bei Starts und Landungen …. Nach den bisher vorliegenden Anmeldungen wird die Anzahl der Starts und Landungen im Jahr 2016 um rund vier Prozent zunehmen. …“ (PM FMG vom 13.01.2016:)

Die Tatsache, dass der Sommerflugplan 2016 voraussichtlich eine Steigerung der Flugbewegungen um 4% enthält, ist wenig aussagekräftig und kein Beleg für eine Trendwende. Auch 2011 gab es eine Steigerung bei den Flugbewegungen – passend zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses. Und auch 2011 feierte Kerkloh bereits eine Trendwende:

„Die Zahl der Flugbewegungen in München stieg [2011] um fünf Prozent auf knapp 410.000. Damit ist der Airport weiterhin von seinen Rekordzahlen aus den Jahren 2007 und 2008 entfernt. Damals hatten die Statistiker 432.000 An- und Abflüge pro Jahr gezählt. Flughafenchef Michael Kerkloh rechnet allerdings damit, diese Rekordwerte „in ein bis zwei Jahren“ wieder zu erreichen.“ (SZ 24.01.2012)

Doch schon 2012 und 2013 und 2014 gingen die Flugbewegungen wieder weiter nach unten, und weiterhin weit entfernt von den früheren Rekordzahlen.

Und nicht zuletzt würde auch die Staatsregierung beim Klimaschutz scheitern, wenn der Flugverkehr in Bayern weiter zunehmen würde (erklärtes Ziel der FMG mit dem Bau der 3. Bahn).

„Obwohl die CO2-Emissionen des Verkehrs im Bewertungszeitraum der letzten 10 Jahre abgenommen haben, liegen sie heute vor allem wegen des gewachsenen Güter- und Flugverkehrs höher als 1990. Die Emissionen aus dem Flugverkehr, mit rund 14% am Gesamtverkehr beteiligt, stiegen seit 1990 um mehr als das 3-fache auf etwa 4,3 Mio. Tonnen (2012) an.“ (Umweltbericht LfU, November 2015, Bayerischer Landtag Drs. 17/7790)

„Es ist ein Unding, dass die staatliche FMG versucht, alle Bemühungen im Bereich Klimaschutz zu konterkarieren. Die geplante und vermutlich sogar subventionierte Ansiedlung der  Billigfluglinie Transavia – die in Frankreich 2015 trotz sinkender Treibstoffausgaben 2015 ein Minus von 40 Millionen Euro geschrieben hat – steht in deutlichen Gegensatz zu den Bemühungen der Staatsregierung, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren (Klima-Report Bayern, 2015, StMUV).“ so Magerl. „Die Staatsregierung als Mehrheitseigentümer sollte zukünftig dafür sorgen, dass die FMG derart klimaschädigende Neuansiedlungen unterlässt.“

„Eine 3. Startbahn am Flughafen München wäre für alle zentralen Herausforderungen in Bayern ein unnötiger Rückschlag.“ kommentiert Manfred Drobny, Geschäftsführer des BN Freising und Erding, die gestrige Vorstellung des Umweltberichtes Bayern:

„„Den hohen Flächenverbrauch zu reduzieren und dem Klimawandel entgegenzuwirken, gehören zu den dringendsten Herausforderungen“, betonte der Präsident des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) Claus Kumutat heute anlässlich der Veröffentlichung des Berichts. Weitere zentrale Schlüsselthemen bleiben die Energieeinsparung, die Verbesserung des Arten- und Lebensraumschutzes und die Verringerung des Stickstoffüberschusses in der Umwelt. Auch der Schutz vor Lärm bleibt eine der großen Aufgaben für alle Beteiligten.“ (Pressemitteilung LfU, 27.01.2016).

„Eine 3. Bahn würde heißen: Zunahme der Treibhausgase, des Stickstoff-Ausstosses, von Lärm, hoher Flächenverbrauch und große Naturzerstörung. Keine 3. Bahn heißt Zukunftsfähig zu sein und endlich die Schlüsselthemen Bayerns ernst zu nehmen.“ so Drobny.

Für Rückfragen:

Dr. Christine Margraf, Leiterin der Fachabteilung des Bundes Naturschutz, Tel. 089 / 54 82 98 89, E-Mail: christine.margraf@bund-naturschutz.de
Dr. Christian Magerl, Vorsitzender BN-Kreisgruppe Freising, 08161/66631, christian.magerl@t-online.de
Manfred Drobny, Geschäftsführer BN-Kreisgruppe Freising und Erding, Tel. 08161/66099, bn.freising@t-online.de
www.dritte-startbahn-stoppen.de

downloads:

PM_FA_03_16_Irreführung Kerkloh 3. Startbahn_290116.pdf

PM_FA_03_16 Anlage A_Prognosen_290116.pdf

PM_FA_03_16 Anlage B Flugzeugflotte_290116.pdf


 

Fotocredit: Marc Schieferdecker (flickr) via CC BY-NC 2.0

 

 



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