Wer in München einkaufen geht, kommt um Plastikhüllen, Papiertüten, Banderolen und Kartons kaum herum. Das merkten auch Hannah Sartin und Carlo Krauß. Seit 2014 leben sie Zero Waste, das heißt ohne Müll zu produzieren. Jetzt eröffnen die beiden mit ihrer Geschäftspartnerin Christine Traub in der Schellingstraße 42 Münchens ersten verpackungsfreien Supermarkt OHNE. Die Eröffnung des Ladens wird am 20.02.2016 ab 11 Uhr gefeiert. Im Interview spricht Hannah Sartin über ihr Konzept und die Fortschritte des neuen Ladens.
Hannah, wie kam es dazu, dass du und dein Mann euren Lebensstil zum Geschäft gemacht habt?
Als wir angefangen haben, Zero Waste zu leben, haben wir erwartet, dass bald ein verpackungsfreier Laden auch in München eröffnet. Es wurde uns dann aber recht schnell klar, dass keiner kommt. Zu diesem Zeitpunkt waren wir schon so begeistert vom müllfreien Lebensstil, dass wir beschlossen haben, so einen Laden selbst zu machen.
Gab es einen konkreten Moment, an dem ihr gesagt habt: „Jetzt machen wir das?“
Das war eher ein fließender Prozess. Ein Moment war für mich aber schon wichtig. Ich hatte wahnsinnig Lust auf Cornflakes, aber es war wirklich unmöglich, sie irgendwo unverpackt zu kaufen. Deswegen habe ich mich dann hingesetzt und selbst welche gebacken – das macht man aber auch nur einmal. Aufwand und Nutzen waren dabei einfach nicht mehr verhältnismäßig. Wir wollten die Idee von Zero Waste ja auch verbreiten, viele unserer Freunde hatten aber den Einwand, dass es ihnen im Alltag einfach zu aufwändig wäre. Mit OHNE wird das hoffentlich für alle einfacher.
Eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext sollte die Finanzierung des Supermarkts sicherstellen. Es dauerte lange, bis die Kampagne ins Rollen kam, doch nach 3 Monaten war das Fundingziel von 43.000 Euro erreicht. Inzwischen ist ein Laden gemietet, die Lieferantenverträge sind abgeschlossen und die Gründer bereit für die große Eröffnung.
Ihr habt euch für Crowdfunding entschlossen, um die Resonanz für eure Idee in München zu testen. Seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden?
Auf jeden Fall! Wir sind unseren Unterstützern sehr dankbar, das viele positive Feedback hat uns den Rücken gestärkt. Es hat eine Weile gedauert bis wir uns unser Netzwerk aufgebaut hatten, aber dann ging es Schlag auf Schlag. Durch die tolle Unterstützung können wir unseren Traum jetzt auch wirklich umsetzen.
Einige andere Hindernisse standen der Eröffnung von OHNE im Weg. Die ursprünglich geplante Eröffnung Ende 2015 musste verschoben werden, auch die Abwicklung des Crowdfundings lief nicht in allen Punkten ganz glatt.
Es gab ja einige Schwierigkeiten mit den Gutscheinen für einen Einkauf. Ist dieses Problem inzwischen gelöst?
Ja, das lief organisatorisch leider nicht einwandfrei. Inzwischen haben wir das Problem gelöst. Wer seinen Gutschein nach wie vor nicht erhalten hat, kann sich gerne per Email melden an info@ohne-laden.de wenden. Außerdem kann jeder Kunde seinen Gutschein bei der Eröffnung oder einem späteren Kauf einlösen: Die Liste der Unterstützer liegt bei uns an der Kasse, das geht dann einfach über Namensnennung.
Wieso sollen die Kunden denn genau bei OHNE kaufen? In der Plastikfreien Zone gibt es jetzt schon viele Sachen ohne Plastik, einiges unverpackt. Wie wird sich euer Laden davon unterscheiden?
Prinzipiell ist der Unterschied, dass wir ein komplett verpackungsfreies Konzept anbieten und ein größeres Sortiment anbieten. Darin unterscheidet sich das Konzept Plastikfrei von Zero Waste, die Papiertüte ist bei uns im Laden die sogenannte „Notfalltüte“. Persönlich bin ich ein großer Fan der Zone und selbst dort Stammkundin.
Auf der Fläche eines kleinen Bioladens sollen Trockenprodukte, Drogerieartikel, frisches Obst und Gemüse, Eier, Backwaren, Milchprodukte und Non-Food-Artikel angeboten werden. Fleisch und Fisch werden nicht erhältlich sein. Auch die Preise sollen mit denen eines Bioladens vergleichbar sein. Alle Nahrungsmittel sind in Bioqualität und werden überwiegend regional produziert.
Einige Nahrungsmittel bekommt ihr von lokalen Zulieferern, andere nicht. Woher kommt dieser Unterschied?
Unser Wunsch ist es ganz klar, nur noch regionale Produkte anzubieten. Momentan sind wir aber in der Grätsche zwischen Kundennachfragen und unserem Ideal. Chia-Samen sind momentan ein Trend, werden hier aber nicht angebaut. Milch, Joghurt, Eier und Gemüse werden aber von Bauern aus der Umgebung produziert, unser Brot kommt sogar von einem tollen Bäcker direkt in München.
Ihr bietet Waren ausschließlich ohne Verpackungen an. Was passiert, wenn ein Kunde ohne eigene Gläser und Beutel zum Mitnehmen in den Laden kommt?
Wir bieten Behälter sowohl zum Kaufen wie auch zum Leihen an. Von Schraubgläsern über Obstnetze bis zur klassischen Naturtasche wird da alles dabei sein.
Auch eure Bulk Bins, die großen Vorratsbehälter mit Abfüllfunktion, haben ja eine Besonderheit.
Das stimmt! Carlo ist Ingenieur und hat die Behälter extra für den Laden entwickelt. Sie sind absolut plastikfrei und bestehen nur aus Edelstahl und Glas. Überhaupt machen wir einen Großteil der Ladeneinrichtung selbst, anderes kaufen wir gebraucht und restaurieren es selbst. Viele unserer Einrichtungsgegenstände, sind in Zusammenarbeit mit lokalen Handwerksbetrieben entstanden. Für OHNE wollten wir keine Fertiglösungen, sondern viel Handarbeit.
Das klingt ja richtig gemütlich.
Danke. Wir wollen, dass OHNE nicht nur ein Laden, sondern auch ein Treffpunkt und eine Austauschplattform wird. Deshalb haben wir uns entschlossen, einen Bistrobereich im Inneren einzurichten. Jeder kann sich nach seinem Einkauf noch etwas ausruhen und unterhalten.
Die große Eröffnung am 20. Februar rückt immer näher. Was erhofft ihr euch davon?
Wir wünschen uns natürlich, dass viele Menschen mit uns die Eröffnung feiern und danach gerne wieder kommen. Es wird eine Bar mit kostenlosen Getränken geben, wir werden eine Feedback-Box für Sortimentswünsche aufstellen und einfach den Laden für alle öffnen. Wir sind jetzt mit den Vorbereitungen gut dabei, wollen nicht mehr länger warten und freuen uns einfach total darauf, wenn es endlich richtig losgeht.
Wir drücken dir, deinem Mann und dem Team von OHNE die Daumen für die Eröffnung. Vielen Dank für dieses Interview!
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