Grüne Banken

Immer mehr Menschen ist es wichtig, wohin ihr Geld fließt. Ökologisch und ethisch ausgerichtete Banken profitieren auch in der Krise und wachsen – gegen den Trend. Nicht alle halten, was sie versprechen.

P1150139


Michael Culin möchte das „kranke System von wirtschaftlichem Wachstum“ nicht mitmachen: Der 35-jährige Übersetzer isst nur bio, kauft regionale Produkte und Secondhand-Kleidung und sucht nach einem Platz für ein Passivhaus, das sich durch Sonnenenergie und menschliche Wärme aufheizt. Auch sein Geld legt der in Berlin lebende Niederländer nachhaltig an: Sein Sparguthaben hat er der Triodos Bank anvertraut, vor zwei Jahren eröffnete er zudem ein Girokonto bei der GLS Bank. Wie Culin entdecken immer mehr Menschen Ethik- und Umweltbanken als alternative Finanzdienstleister. Sie bieten von Konten über Fonds bis hin zum Ökobaukredit klassische Produkte an.

Neben der Rendite zählen  ökologische und soziale Werte. „Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit war schon in den vergangenen Jahren zu spüren und ist durch die Finanzkrise beschleunigt worden“, sagt Eva Schneeweiss von der GLS Gemeinschaftsbank. Die Genossenschaftsbank wurde 1974 von Anthroposophen gegründet und ist die älteste deutsche Bank mit ethisch-ökologischer Ausrichtung. Als einzige der Umweltbanken besitzt sie ein eigenes Filialnetz – wenn auch nur ein kleines mit dem Hauptsitz in Bochum sowie sechs Niederlassungen. Dennoch kamen im vergangenen Jahr 11 000 Neukunden dazu. Insgesamt hat die GLS Bank mittlerweile mehr als 73 000 Kunden, die 2009 zu einer Bilanzsumme von 1,35 Milliarden Euro beitrugen – 33 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die UmweltBank AG, mit 80 000 Kunden die größte grüne Bank, legte um ein Drittel zu und hat 2009 rund 1,65 Milliarden Euro bewegt. Peanuts im Vergleich zur Deutschen Bank: Die Bilanzsumme des größten deutschen Geldhauses betrug 2009 rund 1,5 Billionen Euro.

Der Marktanteil der grünen Banken ist noch sehr klein, doch sie wachsen auch in der Krise – gegen den allgemeinen Trend. „Die Kunden fragen sich vermehrt, wo ihr Geld hinfließt“, beobachtet Alexander Stark, Sprecher der börsennotierten UmweltBank aus Nürnberg. Seit der Gründung 1997 ist die Bank jedes Jahr durchschnittlich um 10 bis 15 Prozent gewachsen, 2009 war mit 10 000 Neukunden ein besonders erfolgreiches Jahr. „Keiner konnte sich anfangs vorstellen, dass sich Ökologie und Ökonomie verbinden lassen“, sagt Stark. Das Unternehmen hat bisher etwa 12 300 Kredite für umweltfreundliche Projekte wie Solaranlagen, Öko-Häuser oder ökologische Landwirtschaft vergeben. Auch die EthikBank, ein Ableger der ostthüringischen Volksbank Eisenberg, ist seit 2002 kontinuierlich gewachsen – im vergangenen Jahr um ein Drittel auf die Bilanzsumme von 270 Millionen Euro. Ende 2009 stießen zwei weitere Unternehmen auf den Markt: Triodos Bank und Noa Bank. Bei der niederländischen Triodos Bank, die bereits in Belgien, Spanien und Großbritannien vertreten ist, hatte Michael Culin noch vor seinem Umzug nach Deutschland sein Konto eröffnet. Ob der zweite neue Anbieter, die Noa Bank, nachhaltig agiert, ist unklar. Der Gründer François Jozic refinanziert mit der Bank auch seine umstrittene Zweitfirma Quorum, jetzt Noa Factoring. Die Factoring-Firma kauft Forderungen an, die Unternehmen an andere Firmen haben, und das zu angeblich überhöhten Gebühren. Die Noa Bank, die aktuell etwa 9000 Kunden hat, ist nicht so sozial, wie sie verspricht: Von den rund 185 Millionen Euro an Tages- und Festgeldern flossen nur etwa neun Millionen Euro wie versprochen an nachhaltige Projekte.

Laut Peter Lischke von der Verbraucherschutzzentrale Berlin gibt es bei der Rendite zwischen grünen und klassischen Banken normalerweise keinen großen Unterschied mehr. „Die Anlageprodukte der Umweltbanken sind zum Teil sogar einen Tick besser, weil die Häuser nicht so groß sind und Kostenvorteile an den Kunden weitergeben“, meint der Finanzexperte. Bei ihrem Geschäft setzen die ethischen Banken auf Transparenz, sie veröffentlichen Beteiligungen, Investitionskriterien und die geförderten Projekte größtenteils online. Lischke rät, sich die Konditionen genau anzusehen – wie bei jeder normalen Bank. Rüstung, Atomenergie und Pornografie sind für alle Ethikbanken tabu, doch die Kriterien für Investments variieren. Nach Kundenanfragen hat die GLS Bank nun auch Tierversuche in die Liste aufgenommen.

Wer ein GLS-Konto eröffnet, kann wählen, ob sein Geld im ökologischen, sozialen oder kulturellen Bereich investiert werden soll. Michael Culin hat sich für die Förderung regenerativer Energien entschieden. Kunden der Ethikbank wiederum können mit der Förder-Variante einen Bruchteil der Zinsen umleiten: Entweder an ein Umwelt-, Ethik- oder Frauenprojekt. Die Spende unterstützt zum Beispiel einen Verein bei der Ausbildung von Mädchen und Frauen in Afghanistan. Ende 2009 übten allerdings gerade mal 282 Kunden von etwa 7000 Solidarität durch Verzicht.


Foto von: Kurt F. Dominik, pixelio.de

Kommentieren