Kabelsalat für die Energiewende

Die orange-schwarzen Kabelhaufen an Münchner Straßenecken und Hauswänden fallen auf. Zuerst hat man sie unterbewusst wahrgenommen, aha – ein Kabel, es wird gebaut und irgendjemand hat ein Kabel verlängert. Aber plötzlich sieht man sie überall, und wenn man dem Kabelverlauf folgt, merkt man, dass es an einem Baumstamm nach oben verlegt, um den Stamm herum gewickelt und zur nächsten Straßenlaterne gespannt wurde. Ganz München scheint verkabelt. Warum eigentlich? Wir haben die Antwort recherchiert. Anhang 1

Natürlich haben diese Kabel ihren Grund. Es sind spezielle Geräte der Stadtwerke München (SWM), die momentan den Untergrund der Stadt untersuchen, um die genaue Lage von Thermalwasservorkommen zu lokalisieren. In der Malm-Kalksteinschicht unter München befinden sich Heißwasservorkommen, die als umweltfreundliche Heizwärme genutzt werden könnten. Ziel der Stadt ist, Münchens Fernwärme bis zum Jahr 2040 komplett aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Dabei soll die Erdwärme als regenerative Energiequelle eine große Rolle spielen, denn in der Erde unter München ruht ein „Geothermieschatz“ wie ihn wohl keine andere deutsche Großstadt hat.

Im November haben die Stadtwerke mit der Schatzsuche begonnen: Um neue Standorte für Geothermie-Anlagen zu finden, führen die SWM bis März 2016 „Seismik“-Messungen durch. Funktionsweise Seismik - SWMDafür wird die Stadt von Osten nach Westen kontinuierlich mit Kabeln und Geophonen ausgelegt. „Vibrofahrzeuge“ fahren Strecken ab und senden Schallsignale in die Erde. Diese Signale werden an Schichtgrenzen unter der Erde reflektiert, zurück an die Oberfläche geschickt und dort von den Geophonen aufgezeichnet. Die Daten geben Auskunft über die jeweilige Untergrundbeschaffenheit und helfen letztlich, geeignete Orte für Geothermie-Bohrungen zu finden. Eine Untergrund-Schatzkarte sozusagen.

 

In einer Tiefe von 2000 bis über 4000 Metern unter der Erde ist das Wasser bis zu 140 Grad Celsius heiß. Um daraus Energie zu gewinnen, muss es an die Oberfläche gepumpt werden. Über Wärmetauscher wird dem Wasser die Energie entzogen und in das Fernwärmenetz eingespeist. Das abgekühlte Thermalwasser wird an einer anderen Stelle wieder in die Wasservorräte der Kalksteinschicht eingespeist, um den natürlichen Wasserhaushalt in der Tiefe möglichst nicht zu beeinträchtigen.

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Bis jetzt gibt es in München drei Geothermie-Anlagen. Sie stehen in Sauerlach, Riem und Freiham, wo das Kraftwerk in diesem Jahr ans Netz gehen wird.

Wir sind gespannt auf die Ergebnisse der Seismik-Messungen und freuen uns auf Münchens grüne Energie-Zukunft. Dann dürfte das letzte Münchner Kohlekraftwerk hoffentlich bald überflüssig werden.


Titelbild: Bohrstart in Freiham, Bildquelle: SWM

 

1 Kommentar zu “Kabelsalat für die Energiewende”

  1. Jetzt wissen wir, warum München ein „heisses Pflaster“ ist….danke für die Aufklärung liebe G&Gs.

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