„Wir brauchen die ökosoziale Marktwirtschaft“

Peter Grassmann hat eine steile Karriere bei Siemens hinter sich. Er ist ein Mann, der das Wachstumsmantra gelebt hat – und es nun nebenso entschieden bekämpft. Als Vorsitzender des Vorstandes der Münchner Umwelt-Akademie fordert er von seinen Ex-Kollegen Verantwortung für kommende Generationen, und hofft auf die Entdeckung der Ökoethik.

Im aktuellen Newsletter der Umwelt-Akademie schreibt Grassmann:

„Vorbild China! Mit diesem Schlagwort auf der rot hinterlegten Titelseite des Handelsblatts begann eine Serie über die wirtschaftliche Stärke Chinas. Die enormen Gütermengen und auch die finanzielle Kraft des Drachenstaates sind uns allen bekannt.

Hinterfragt allerdings wurden in den letzten Monaten auch die großen Defizite. Ohne wirkliche Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft bei der Einkommensverteilung ist ein Staat nicht stabil. Das wird die chinesische Regierung lernen müssen. Lernfähiger scheint sie bei Umweltthemen und Klimaschutz, wo sie inzwischen mit zum Vorreiter wird. Europa sieht man dabei allerdings primär als Abnehmer und als Wissenslieferant, nicht als Koordinator.

Gerade wurde in der Klimafrage die Achse China-Indien weiter gestärkt. Keine guten Voraussetzungen für ein weltweites Klimaabkommen mit weltweiten Emissionsrechten. Auf die nächste Klimakonferenz in Mexiko
Ende des Jahres darf Europa also nicht warten, es muss ein erneutes Scheitern einkalkulieren und mit mehr Selbstbewusstsein seinen eigenen Weg als Vorreiter gehen und Beispiel geben.

Vorbild wollte auch der BP- Konzern sein. Mit dem Schlagwort Beyond Petroleum und grün-gelber Werbeblume wurde versucht, die Zeichen einer neuen Zeit für eigene Geschäfte zu nutzen. Aber was nützt das, wenn sich die Grundhaltung des Managements im Versagen bei der ökologischen
Risikovorsorge niederschlägt und daraus Katastrophen wie die im Golf von Mexiko entstehen.

Hinterfragt werden muss aber auch die Rolle der NGOs als informierter Mahner. Diese haben hier genauso versagt und nicht mit der aus der Anti-Atom-Bewegung bekannten Kraft gegen diese riskanten Bohrungen informiert. Die Katastrophe am Golf von Mexiko wird nun wohl leider – oder hoffentlich? – zum Tschernobyl der Energiepolitik und damit zu einer konsequenten Abkehr vom Ölhunger führen.

Vorbild will auch die soziale Marktwirtschaft sein, der Stolz europäischer sozialer Gerechtigkeit. Zweifelsfrei haben ihre Instrumente hierzulande die Tiefe der Krise gemildert, die Geisel der Arbeitslosigkeit im Zaum gehalten und ein – wenn auch schuldenreiches – Abfedern geschafft.

Dennoch: Hinterfragt hat dies die International Herald Tribune in einem Beitrag, der die sicherlich vorhandene Überdehnung und die wachstumstreibende Verschuldung durch zuviel soziale Verpflichtungen aufzeigt. Hintergrund sind natürlich die amerikanischen „Tea-Parties“, mit denen Stimmung gemacht wird gegen „zuviel Staat“, aber auch Zweifel an den Klimagefahren geschürt werden. Diese Bewegung, in der der amerikanische Lebensstil (und dessen Verschwendung) sein altes Selbstbewusstsein sucht und die aus den Anfängen der USA stammende Angst vor zuviel Staat wiederbelebt, wird wohl Präsident Obama die Mehrheit in den Nachwahlen Ende des Jahres kosten.

Es wird Zeit, dieses zu sehr auf das Heute bezogene Sozialverständnis weiter zu entwickeln zu einer auch auf Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit ausgerichteten „ökosozialen“ Marktwirtschaft.

Unser Projekt Ökoethik will dazu seinen Beitrag leisten durch mehr wirtschaftsinterne Bewusstseinsbildung in den großen Wirtschaftsverbänden und Wirtschaftskammern und ihre starke Lobbyrolle ergänzen durch mehr Verantwortungsgefühl und Gewissen. Die Verbände müssen lernen, dass sie die Verantwortung tragen, ihren Mitgliedern die gesellschaftlich relevanten Defizite ihrer Branche aufzuzeigen und durch Handlungsempfehlungen und
Werte sichernde Selbstverpflichtungen gegenzusteuern. Mehr dazu finden Sie auf unserer Webseite unter dem Schwerpunktthema Ökoethik.“

Peter Grassmann
Vorsitzender des Vorstands



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Peter Grassmann    gruenundgloria.de - Blog: Peter Grassmann

Peter Grassmann hat eine steile Karriere bei Siemens hinter sich. Er ist ein Mann, der das Wachstumsmantra gelebt hat – und es nun nebenso entschieden bekämpft. Als Vorsitzender des Vorstandes der Münchner Umwelt-Akademie fordert er von seinen Ex-Kollegen Verantwortung für kommende Generationen, und hofft auf die Entdeckung der Ökoethik.

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