Gemüseabteilung: Die Zucchini lachen einen in ihrem kräftigen Grün an. Form und Farbe sind tadellos. Auch in die Tomaten, die daneben liegen, könnte man gleich reinbeißen. So frisch und saftig sehen sie aus. Alle gleich groß, alle gleich rot – und alles Hybriden. Hybriden? Inzucht- Pflanzen, bei denen die Elternlinien über Generationen hinweg durch erzwungene Selbstbefruchtung reinerbig gemacht wurden. Durch die Kreuzung zweier solcher Inzuchtlinien gewinnt man Hybridsaatgut.
Die daraus entstehenden Pflanzen sehen zwar sehr gut aus, Bio-Händler wie Willi Pfaff von VollCorner kritisieren aber: „Das Hybrid-Gemüse schmeckt anders und hat wichtige Inhaltsstoffe verloren.“ Was Pfaff an den Züchtungen besonders bemängelt, sind die wirtschaftlichen Zwänge, die aus dem Saatgut für die Bauern resultieren: Die Samen dieser Hybridpflanzen taugen nicht für Nachzüchtung. Hybride sind Einwegpflanzen. Wegen der hohen Erträge setzen trotzdem viele Landwirte und Bauern auf diese hoch gezüchteten Pflanzen. So liegt der Anteil der Hybridsorten auch im Öko-Anbau je nach Gemüsesorte zwischen zwei Drittel und 100 Prozent. Beim Getreide sind fast alle Maissorten und ein Teil des Roggens Hybride.
Durch Hybride geht jedoch die Vielfalt der Pflanzenarten verloren. Julian Jacobs gründete 1992 die Demeter-Gärtnerei Obergrashof in Dachau. Er ist einer der Züchter, die sich im gemeinnützigen Verein Kultursaat zusammengeschlossen haben, um die Entwicklung neuer Sorten für den ökologischen Erwerbsanbau voranzutreiben. VollCorner unterstützt die Initiaitve mit 0,1 % seines Umsatzes im Obst- und Gemüsebereich. „Wir engagieren uns für die Förderung samenfester Sorten“, sagt Jacobs – also für Arten, die sich noch selber fortpflanzen können. „Bei den Kunden der Naturkostläden, also dem Endverbraucher, kommen diese Produkte sehr gut an, weil die Qualität überzeugt“, merkt Pfaff in seinen Biomärkten, wo er die frische Ernte vom Obergrashof verkauft. Mittlerweile ist „samenfest anbauen“ ein Trend geworden. Bundesweit hat sich ein aktives Netzwerk gebildet, das sich für den Erhalt traditioneller Sorten einsetzt – wie die Bingenheimer Saatgut AG, die sich um den Vertrieb der Samen kümmert. So wird nicht nur Geschmack und Echtheit gefördert, sondern auch Vielfalt geschaffen. Denn Individualität tut auch bei Pflanzen gut.
Foto: Daniel Rennen / pixelio.de
FACEBOOK
TWITTER