„Wohnraum für alle“: Denn sie wüssten ja, was sie tun

Das Thema Wohnen hat in München seit Jahren Hochkonjunktur. Wenn bald Tausende anerkannte Flüchtlinge eine bezahlbare Wohnung suchen, droht der Wohnungsmarkt endgültig zu kollabieren. Stadtrat und Verwaltung scheinen dem stark wachsenden Bedarf an günstigem Wohnraum hilflos hinterher zu stolpern. Auf der Strecke bleiben die sozial schwachen und die jungen Menschen.

Architekten und andere Experten aus Bauberufen wollen jetzt selber aktiv werden. „Wir aus den Planungs- und Bauberufen müssen Konzepte für kostengünstigen qualitätsvollen Wohnraum entwickeln“, sagt Christian Böhm, Vorsitzender des Bayerischen Werkbundes. Auf der Suche nach den besten Lösungen für nachhaltigen und preisgünstigen Wohnungsbau ruft eine Initiative – Wohnraum für alle – aus Stadtplanern und Architekten zu einem interdisziplinären Ideenaustausch auf.

wohnraumfüralleAm Samstag wurde bei Pecha Kucha und Workshop im Vorhoelzer-Forum die Idee der interdisziplinären Teams vorgestellt. Jeder, der Fachwissen im Bereich Bauen, Baurecht, Vermietung, sozialer Wohnungsbau, Flüchtlingshilfe oder ähnlichem besitzt, war eingeladen mitzuwirken. Auch Grundstückseigner und Investoren sind eingeladen, sich einzubringen. Die Idee des Crowd-Sourcings wird durch eine Internet-Plattform unterstützt, auf der sich Experten mit Profil und Statement als Netzwerk-Partner präsentieren können.

Die von den Teams in den kommenden Wochen entwickelten Konzepte werden anschließend von einem prominent besetzten Fachbeirat geprüft, bevor sie im Februar 2016 in einer großen Ausstellung präsentiert werden. Im besten Falle könnten die Team somit bereits im Frühjahr 2016 mit dem Auftakt eines „Wohnungsprogramms von unten“ beginnen.

So sollen so pragmatisch wie möglich schnell umsetzbare, langfristige und günstige Lösungen gefunden werden, die wiederholbar zum Erfolg führen. Aus Sicht der Initiative macht es keinen Sinn, kurzfristig Leichtbauhallen oder Zelte zu errichten. Vielmehr wollen sie am Ende ein Konzept vorlegen, das Platz für Wohnungssuchende in der ganzen Stadt schnell und vor allem dauerhaft bieten soll.

“Wir legen Wert darauf, dass in jede Richtung gedacht werden darf. Zwischennutzungen, Leerstand, aber auch alternative Baustoffe und Konzepte – wir müssen alles in Betracht ziehen”, sagte Hinrich Böttcher.

Die Ambitionen sind groß. Das Versprechen klingt fast schon wie eine kommunistische Parole – zu schön um wahr zu sein. Doch der Ansatz ist radikal und könnte funktionieren, wenn sich genug Leute finden, die ihr Know-How einbringen. Entscheidend wird zusätzlich die Bereitschaft der Behörden sein kreative und vielleicht etwas verrückte Ideen rechtlich möglich zu machen. Doch dieser basisdemokratische Ansatz hat gewaltiges Potential, wenn alle wirklich an einem Strang ziehen.

 

Fotocredit: Flickr/Casey Hugelfink via CC BY-SA 2.0 Lizenz

1 Kommentar zu “„Wohnraum für alle“: Denn sie wüssten ja, was sie tun”

  1. Ein großes Hindernis beim Wohnungsbau ist die Pflicht, Autostellplätze zu errichten. Das gilt selbst dann, wenn die Bewohner autofrei leben und sich juristisch langfristig dazu verpflichten. Bisher konnten wir nur bei ganz wenigen Modellprojekten erreichen, dass weniger Stellplätze als 1/Wohnung gebaut werden mussten. Hier könnte man viel Geld und Platz sparen.
    Durch Zurückdrängen des Autoverkehrs lassen sich auch neue anständige Bauflächen erschließen, die bisher wegen Lärm und Abgasen unzumutbar waren. Es darf nicht sein, dass man die Ärmesten an solche Un-Orte verbannt.
    In der Stadt kommt man sehr gut ohne (eigenes) Auto aus. Es gibt von ÖV über Rad bis Taxi, Car Sharing, Transportdienste usw. genug Alternativen, für jedes Wetter und jeden Transport was Passendes.

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