Zacharias Üppsellpüh

Professor Zacharias von und zu Üppsellpüh saß an seinem Schreibtisch und war unglücklich.

Ein Beitrag von Felix im Rahmen des Schreibwettbewerbs zum 4. Münchner Klimaherbst

Seit seiner Kindheit wurde er wegen seines Namens gehänselt. So beschloss er eines Tages, der Welt zu beweisen, was er alles konnte. Er wurde Erfinder. In seinen Augen war alles, was er erfand, brillant. Erst gestern hatte er auf einem Erfinderkongress sein neustes Werk präsentierte, an dem er drei Wochen Tag und Nacht gearbeitet hatte: eine Spagetti-auf-Gabel-Wickel-Maschine. Bei der Vorstellung seines Geräts jedoch, brach im Saal schallendes Gelächter aus. Prof. Zacharias von und zu Üppsellpüh konnte das nicht wirklich aus der Fassung bringen. Erstens hatte er ein unerschütterliches Selbstbewusstsein und zweitens war er daran gewöhnt. Denn genauso war es ihm mit seinen vorhergehenden Erfindungen ergangen: dem WLAN-Kabel, der Brille mit elektrischen Scheibenwischern, dem automatischen Hinternabputzer und dem Haarausfallzähler.

Er saß also an seinem Schreibtisch, strich sich mit einer Hand durch seine wüst in alle Richtungen abstehenden, grauen Haare und trommelte nervös mit den Fingern seiner anderen Hand auf einen Notizblock. Da hatte er einen Geistesblitz: Seine nächsten Erfindungen, so dachte er, sollten der Menschheit und dem Leben auf diesem Planeten wirklich und wahrhaftig dienen. Er würde die Umwelt retten!

Professor Üppsellpüh war ein ordentlicher Mensch, um nicht zu sagen penibel. Jeden einzelnen Schritt seiner Experimente dokumentierte er feinsäuberlich. In einem großen ordentlichen Bücherregal standen ordentlich 376 ordentliche Ordner, die ordentlich nach dem Alphabet geordnet waren. Und darauf war er stolz. Denn auf Ordnung legte er Wert. Schließlich war Ordnung das halbe Leben.

Er erinnerte sich an einen Zeitungsbericht, den er kürzlich gelesen hatte. Auf dem Grund der Nordsee befinden sich über 400.000 qm Plastikmüll. Viele Meerestiere sterben daran, weil sie den Müll für Futter halten. Das fand Üppsellpüh ungeheuerlich. Wie viele Idioten mussten ihren Abfall dort entsorgt haben, ohne einen Gedanken an die Umwelt zu verschwenden? Also beschloss er, etwas dagegen zu tun. Eine Müll-Fress-Maschine musste her! Sofort begab er sich in sein Labor. Wieder arbeitete er wochenlang Tag und Nacht. Er sägte und bohrte und verschraubte Bretter und Eisenteile und rührte und schüttelte und mixte Tinkturen, bis er endlich fertig war. Mit Stolz erfüllt, lud er die Müll-Fress-Maschine auf seinen LKW und fuhr an die Nordsee. Doch, liebe Leser, Sie ahnen es schon, als er seine Erfindung langsam ins Wasser gleiten ließ, passierte nichts, gar nichts. Die Maschine schwamm reglos auf der Wasseroberfläche, fraß keinen Müll und war wertlos.

Deprimiert über den Fehlschlag, zog der Professor den Nicht-Müll-Fresser ans Ufer, verlud ihn mühevoll und machte sich niedergeschlagen auf den Heimweg. Zu Hause angekommen, öffnete er die Tür zu seinem Schuppen und schob die Maschine in den Lagerraum, in dem er all seine nutzlosen Erfindungen aufbewahrte. Aber er ließ sich nicht unterkriegen. In den nachfolgenden Jahren entwickelte er einen Ölteppich-Fresser, ein Auto, das mit Schokoladensoße angetrieben wurde, sogar einen Ozonloch-Schließer und noch vieles mehr. Doch all diese Erfindungen schlugen fehl und landeten schließlich im Lagerraum gleich neben der Nicht-Müll-Fress-Maschine.

Der unerschütterliche Glaube von Professor Üppsellpüh an sich selbst war fast aufgebraucht. Er gab sich noch eine letzte Chance, als er eines Abends eine interessante Reportage im Fernsehen verfolgte. Täglich entweichen aus den Hintern und Mäulern wiederkäuender Kühe Tonnen von Methan, welches den Treibhauseffekt beschleunigt. Jede Kuh sondert 235 Liter Methan pro Tag ab. Und genau das wollte Üppsellpüh verhindern. So begann er seine letzte Maschine zu entwickeln. Sie sollte sein Meisterstück werden. Er nannte sie den Klima-Kuh- Kanister, kurz KKK. Als erstes kaufte er sich eine Kuh, dann einen Kanister und zuletzt einen  Schlauch. Auf eine Weise, die ich hier nicht näher beschreiben möchte, verband er alle drei Teile miteinander. Sinn und Zweck war es, das Methangas in den Kanister zu leiten, um die Umwelt nicht zu belasten. Er fütterte die Kuh und wartete, wartete und wartete. Bedauerlicherweise wusste der Professor nicht, dass Methangas nicht sichtbar ist und der Kanister schon lange voll war. So verendete die Kuh elendig. Auch Zacharias von und zu Üppsellpüh fühlte sich elend. Nicht nur die Kuh tat ihm leid. Er selbst tat sich ebenfalls sehr leid. Alles war umsonst gewesen, jahrelange Arbeit für die Katz! Völlig frustriert warf er den Kuhkadaver in den Lagerraum. Plötzlich ging alles ganz schnell. Die Ereignisse überschlugen sich. Der rechte Vorderhuf der Kuh schleifte über ein Eisenteil der Nicht-Müll-Fress- Maschine. Die daraus entstandenen Funken entzündeten den Methangaskanister. Der wiederum explodierte und riss alle anderen Erfindungen mit sich. Der Lärm war ohrenbetäubend. Professor Üppsellpüh stand wie vom Donner gerührt da. Langsam verzog sich der Rauch. Er blinzelte. Er blinzelte noch einmal. Millionen von winzigen, gelben Kügelchen schwebten über der Ruine des Lagerraums. Geistesgegenwärtig fing Üppsellpüh zwei davon ein und verstaute sie sicher in dem Brillenetui in seiner Jackentasche. Die restlichen Kügelchen schwebten wie ein Schwarm gelber Mücken in Richtung Himmel. Der Professor war begeistert, er war euphorisch, er jauchzte und lachte und tanzte und sang vor Vergnügen. Alles war zerstört. Doch er war überzeugt davon, dass etwas Wundervolles geschehen war. Und, liebe Leser, sie werden es kaum für möglich halten: Er hatte recht! Es stellte sich heraus, dass eben diese gelben Kügelchen all die Eigenschaften besaßen, die Üppsellpühs Erfindungen hätten haben sollen: Sie fraßen Umweltgifte, filterten die Luft, säuberten die Meere und schlossen das Ozonloch. Professor Üppsellpüh war der genialste Erfinder aller Zeiten. Er wurde geachtet, verehrt und weltberühmt. Sogar Straßen und Schulen wurden nach ihm benannt. Wer hätte das gedacht? Er war der Retter der Welt!

Tja, liebe Leser, leider ist diese Geschichte nicht wahr. Ich habe sie erfunden. Es gibt keinen Professor Zacharias von und zu Üppsellpüh, es gab nie einen und mit äußerst großer Wahrscheinlichkeit wird es auch niemals einen geben. Und das bedeutet: Wir müssen unsere Umwelt selbst retten!

Erinnern Sie sich noch an den Anfang dieser Geschichte? Der erste Satz lautet: Hinweis: Wenn Sie diese Geschichte lesen, gehen Sie eine Verpflichtung ein! Hier ist sie: Bitte überlegen Sie, was Sie für eine bessere Umwelt tun können. Spenden Sie mindestens 1 Euro an eine Umweltorganisation, es kann natürlich auch mehr sein. Vielen Dank!

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Flyer: (c) Florian Pick (wonders and sign, grafikdesign münchen)

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