Das Isartal ist kein Funpark für Mountainbiker

Münchner Naturschutzverbände fordern Sperrung der wilden „Isartrails“

In einer Presseaktion mit Stop-Schildern und Absperrbändern wiesen Münchner Naturschutzverbände auf die Zerstörungen und Bedrohungen im FFH-Gebiet Isartal hin. Ehemals schmale Fußgängerpfade wurden durch die Mountainbiker stark verbreitert, die bodennahe Vegetation beschädigt und verdrängt, seltene Tiere werden durch die immer massiveren Fahraktivitäten unbewusst gestört, verletzt oder getötet. Den Naturschutzbehörden in Stadt und Landkreis München ist das Problem bereits bekannt.

Naturraum Isartal – einzigartige „Schatzkammer“ der Natur

Das tief in die Landschaft des Voralpenraumes eingeschnittene Isartal südlich von München ist eine Schatzkammer der Natur. Der Fluss wird von Schluchtwald- und Auwaldgesellschaften begleitet, in denen seltene Orchideen wachsen, etwa der prächtige
Frauenschuh. In den kühlen Hangwäldern mit ihren Nagelfluhfelsen haben sich uralte Buchenbestände erhalten, wie es sie sonst nur an noch wenigen Orten in Bayern gibt. Diese Biotope bieten auch zahlreichen Tierarten eine Heimat. Darunter etliche Fledermausarten, Reptilien wie Schlingnatter und Kreuzotter, Amphibien wie Springfrosch oder die unterschiedlichsten Vogelarten. Allen voran der in dieser Region vom Aussterben bedrohte Uhu, mehrere Spechtarten sowie der scheue Eisvogel. Nicht zu vergessen diverse Käfer-, Schmetterlings- und Libellenarten. Das Isartal ist auch für seine bedeutenden Schneckenbestände berühmt, darunter viele gefährdete Spezies, deren Vorkommen weit über München hinaus von Bedeutung ist.

FFH-Gebiet „Oberes Isartal“ – Verschlechterungsverbot

Große Teile des Isartales stehen teilweise schon seit Jahrzehnten unter Landschaftsschutz. Im Jahre 2000 wurde das gesamte Isartal vom Alpenrand bis München nach EU-Recht als Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Gebiet gemeldet und damit zu einem Schutzgebiet höchsten europäischen Rangs erhoben. Damit ist das Tal Teil des europäischen Biotopverbundes „Natura 2000“. Ziel der FFH-Richtline ist es, das jeweilige Schutzgebiet in einem guten Zustand zu erhalten, eine Verschlechterung ist verboten. Durch das „wilde“ Mountainbiken (MTB) abseits von Wegen quer durch das FFH-Gebiet und die damit verbundene Zerstörung von Flora und Fauna tritt jedoch genau die gesetzlich zu vermeidende Verschlechterung des Gebietes ein.

Das Isartal als Funpark für Mountainbiker – die Situation

Das Isartal ist für viele Bewohner von Stadt und Landkreis München und ihre Besucher ein hoch attraktiver Erholungs- und Freizeitraum. Die Belastung wächst kontinuierlich mit der steigenden Einwohnerzahl. Einfache, natur- und landschaftsverträgliche Erholungsformen wie Joggen, Wandern oder Spazierengehen stellen in der Regel kein Problem dar. Dagegen hat das private, in Vereinen und zunehmend auch kommerziell organisierte Mountainbiken abseits der zugelassenen, befestigten Wege bereits große Schäden an Natur und Landschaft angerichtet. An vielen Stellen ist der gesamte ostseitige Talraum zwischen Marienklause und dem Kraftwerk Mühltal südlich von Grünwald von wilden „Trails“ durchzogen. Ursprünglich schmale Fußgängerpfade wurden durch die Mountainbiker stark verbreitert, die bodennahe Vegetation zerschnitten oder verdrängt, seltene Tiere werden gestört, verletzt oder getötet. Durch den MTB-„Rummel“ in freier Natur – an manchen Tagen werden pro Stunde bis zu 60 Biker gezählt – fühlen sich zunehmend auch die „sanften“ Nutzer des Isartales empfindlich gestört. Zumal einige Biker mit hohem Tempo unterwegs sind und einen mitunter aggressiven, „sportlichen“ Fahrstil pflegen.

Die Schadbilder im Einzelnen:

● Vernichtung der Vegetation
● Verdichtung des Wurzelraumes, dadurch Beeinträchtigung des Wachstums
● Entstehen dauerhaft durchgewalkter, toter Schlammflächen
● Erosion an Hängen durch „Downhill“-Fahrten und artistisches Steilwandfahren
● Wurzel- und Stammverletzungen durch Zahnräder, Spikes, etc.
● Eintrag von Ölen und Fetten ins Ökosystem
● Störung des Brutgeschäftes von Boden- und Gebüschbrütern
● Störung der unverzichtbaren Nachtruhe von Tierarten durch Nachtfahrten mit lichtintensiven LED-Fahrradleuchten
● Störung, Verletzung und Tötung ruhender Tiere (Kleinsäuger, Reptilien, Amphibien)
● Starke Zunahme von Baumschnitten zur Verkehrssicherung und der Beseitigung von Totholz, das vor allem für Höhlen bewohnende Vögel und Kleinsäuger wichtig ist.

Das Isartal ist nicht verhandelbar – Forderungen der Naturschutzverbände

Ohne einschneidende Maßnahmen zum Schutz des Isartales werden die Schäden in absehbarer Zeit ein Ausmaß annehmen, das den guten Zustand des Schutzgebietes grundsätzlich in Frage stellt. Nicht nur die steigenden Einwohnerzahlen im Großraum München, sondern auch die ständigen Weiterentwicklungen der Fahrradtechnik lassen dies mit Sicherheit erwarten. So dürfte die Entwicklung von E-Mountainbikes, also mit einem Elektromotor unterstützte MTB, dazu führen, dass die steilen Hänge mit ihren einzigartigen Nagelfluh-Formationen immer stärker für Downhill-Fahrten missbraucht werden, weil das Bergauffahren nur noch eine vergleichsweise geringe körperliche Belastung darstellt. Technische Fortschritte und Preissenkungen bei LED-Fahrradleuchten werden auch zu einer Zunahme der die Tierwelt besonders belastenden Nachtfahrten führen. Immer bessere, zum Teil mit Spikes ausgestattete Reifen
lassen Fahrten auch bei großer Nässe oder Schnee zu. Dadurch fallen selbst die kalten Jahreszeiten als Ruhephasen für Flora und Fauna aus.

Deswegen fordern die Münchner Naturschutzverbände:
● Aufklärung der Bevölkerung
● Sofortige und wirksame Sperrung der „wilden“ Isartrails
● Renaturierung der geschädigten Flächen
● Deutlicher Verweis der Biker auf die vorhandenen, befestigten Wege mittelsauffälliger Hinweistafeln und Flugblattaktionen
● Direkte Information von Vereinen, in denen Mountainbiker organisiert sind, sowie von Unternehmen, die Mountainbike-Touren im Isartal anbieten
● Sofortiges Ende von Maßnahmen (Baumschnitten, Entfernen von Totholz) zur Verkehrssicherung entlang der Trails
● Wirksame Kontrollen zur Einhaltung des Wegegebotes

„Leider wird es wohl nicht möglich sein, im engen Isartal attraktive Alternativrouten für Mountainbiker anzulegen. Wir fordern Stadt und Landkreis München daher auf, attraktive alternative Routen für Mountainbiker zu finden, denn auch wir sind begeisterte Radfahrer und können die Freude am Mountainbiken nachvollziehen. Nur im streng geschützten Isartal ist der denkbar ungünstigste Platz dafür“, meint Christian Hierneis, 1. Vorsitzender des BN München.

„Das Isartal ist nicht verhandelbar. Hier brüten der in dieser Region vom Aussterben bedrohte Uhu, der scheue Eisvogel und auch mehrere Spechtarten. Wer intakte Natur erleben will, muss die Naturzerstörung durch „wildes“ Mountainbiken stoppen“ , ergänzt Manfred Siering, 1. Vorsitzender der Ornithologischen Gesellschaft Bayern.

Foto: Thomas Gerstmann – Team Free2Ride / pixelio.de



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