Olympia 2018: Milliarden für heiße Luft

Angesichts der wiederholten krampfhaften Versuche der Bewerbungsgesellschaft, einen vorgeblichen ökonomischen Nutzen der Austragung Olympischer Winterspiele 2018 zu konstruieren, muss ich doch mal wieder ein paar Dinge klar stellen:

1) Die Öffentlichkeit wird über vorgeblich positive Beschäftigungs- und Wachstumseffekte von Olympia 2018 seit Beginn der Bewerbungsphase systematisch für dumm verkauft.

2) Die Liste der Beispiele dreister unhaltbarer Versprechungen nimmt keine Ende und findet mit dem nun bekannt gewordenen Scheitern des für Olympia 2018 in Aussicht gestellten vorzeitigen Ausbaus des 2. S-Bahn-Tunnels einen vorläufigen Höhepunkt. Für gut zwei Wochen sportindustrieller Dauerbeschallung gehen Bund, Land und Austragungsorte Risiken in Milliardenhöhe ein. Nach dem rauschenden Fest droht ein jahrelanger Kater zu Lasten von künftigen Investitionen in Bildung, Klimaschutz und Soziales.

Was soll man davon halten, wenn die Kuratoriums-Vorsitzende Katharina Witt gegenüber dem Sportinformationsdienst erklärt, sie sei genervt vom angeblich “typischen deutschen Pessimismus”? Schließlich erhalte man für ein Ausgabevolumen in Milliardenhöhe, das die Austragungsorte maßgeblich mitschultern, als Gegenwert “Emotion, Sympathie und Anerkennung”, sprich ökonomisch gesehen heiße Luft. Willy Bogner hatte als ein Beispiel für die mangelnde Seriösität der Bewerbungsgesellschaft vor Monaten bereits die durch nichts zu rechtfertigende Zahl von 540 Mio. Euro angeblichem Werbewert für die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen durch die Austragung der Spiele genannt.

Wie können Wirtschaftsminister Martin Zeil wie Oberbürgermeister Christian Ude es rechtfertigen, einen beschleunigten Ausbau des 2. S-Bahn-Tunnels für Olympia 2018 in Aussicht gestellt zu haben? Nach jüngsten Medienberichten und Recherchen des grünen Bundestagsabgeordneten Dr. Anton Hofreiter stellt sich heraus, dass bisher überhaupt keine Vereinbarungen mit dem Bund getroffen werden konnten, der Baubeginn sich verzögert und schlicht keine Finanzierungsgrundlage für dieses umstrittene Großprojekt vorhanden ist.

Der Wirtschaftsreferent der Stadt München Dieter Reiter fabuliert in der Süddeutschen Zeitung (4.11.2010) von Effekten für Wachstum und Beschäftigung aufgrund eines Events von gut zwei Wochen mit erwartbaren Zuschauerzahlen, die einen Bruchteil des jährlichen Oktoberfestes ausmachen. Er sollte zur Kenntnis nehmen, dass die Flugbewegungen während der Austragung der Winterspiele 2010 in Vancouver weder im Vergleich zum Jahr 2009 noch zu 2008 zugenommen haben.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer bringt den Ausbau der A8 in Zusammenhang mit einem erfolgreichen Zuschlag für die Spiele. Wo sind die geheimen Sondertöpfe im Bundesverkehrswegeplan, Herr Minister? Überhaupt plant die Staatsregierung samt CSU-Landesgruppe anscheinend sämtliche Infrastrukturprojekte künftig auf Oberbayern zu konzentrieren.

Der Tourismusverband Garmisch-Partenkirchen behauptet unentwegt, dass 80 Prozent der Wirtschaftskraft der Marktgemeinde durch den Fremdenverkehr erzielt würden: eine Zahl, die durch nichts zu halten ist. Im Gegenteil haben Studien von Prof. Bausch von der Hochschule München ergeben, dass der Anteil des Tourismus an der Wertschöpfung in Landkreisen mit Fokus auf Winterspitzensport wie u.a. dem hochtouristischen Oberallgäu bei 20 Prozent liegt , der Anteil der Tourismusförderung an der gesamten Wirtschaftsförderung aber seit Jahren bei 80 % liegt. Im übrigen wollen nur maximal 20 Prozent der Wintergäste Ski laufen,während ein Großteil der Touristen im Sommer kommt, um eine intakte Natur zu erleben. Ökonomen würden ein solches Missverhältnis von Aufwand und Nutzen von Investitionen als klassische Fehlallokation benennen.

Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen “Deloitte”, das als “Nationaler Ausstatter” der Bewerbung fungiert, bekennt öffentlich, dass eigene Studien zur angeblichen Wirtschaftlichkeit von Olympischen Spielen einzig und allein “auf öffentlich verfügbaren Informationen und Dokumenten des Internationalen Olympischen Komitees” basieren.

“Lotto Bayern” wurde unlängst von DOSB-Generalsekretär Michael Vesper als Sponsor der Privatwirtschaft vorgestellt, gehört aber zu 100 Prozent der Bayerischen Finanzverwaltung, also den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.

Der Finanzminister von British Columbia hat das Defizit von Vancouver mit Stand Juli 2010 auf 925 Mio. kanadische Dollar beziffert. Das sind immer noch Peanuts im Vergleich zu den Kostenexplosionen von Sotschi oder auch aktuell London 2012.

Weiterhin fehlen in der Bewerbungsphase für München 2018 mehrere Millionen Euro, die ursprünglich durch private Sponsoren aufgebracht werden sollten. Dem steht gegenüber, dass bei einer erfolgreichen Bewerbung zusätzlich zu den internationalen Sponsoren hunderte von Millionen Euro nationaler Sponsorengelder als feste Einnahme kalkuliert werden.

Während gigantische Summen für den Spitzensport investiert werden, bleibt der Breitensport entgegen der Verlautbarungen der Bewerbungsgesellschaft auf der Strecke. So sind für den Ausbau der Bob-, Rodel- und Skeletonbahn 22 Mio Euro kalkuliert, wenige hundert Aktive weltweit betreiben diese Sportarten. 1/3 der Medaillengewinner in Vancouver kommen aus dem Bundeswehr-, Zoll- und Polizeisport.

Die Landeshauptfrau von Salzburg, Gabi Burgstaller, hat angesichts der Erfahrungen aus drei Bewerbungen (2006, 2010, 2014) den Schluss gezogen, sich „nie wieder für Olympische Spiele unter den geltenden Voraussetzungen“ zu bewerben. Gut 150 km weiter wird den Menschen in München und Umgebung gerade systematisch Sand in die Augen gestreut.



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Dieter Janecek    gruenundgloria.de - Blog: Dieter Janecek

Ich bin Landesvorsitzender von Bündnis 90 / Die Grünen in Bayern und schreibe über meine politische Arbeit, meine Gedanken zum politischen und gesellschaftliche Geschehen mit dem festen Willen abseits des politischen Mainstreams sich die Freiheit zu nehmen, auch mal quer zu denken.

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