Keine Alternative zu Verfassungsklagen?

In der Podiumsdiskussion „(kultur)Stadt mit Herz – Willkommen in München?“ am Mittwoch, 22. Juni 2011, 20 Uhr im Rationaltheater diskutierten Politikerinnen und Politiker, Künstler und ein Stadtsoziologe über Gentrifizierung, Luxussanierungen, Versäumnisse, Chancen und Wege, wie man die Zukunft Münchens positiv gestalten könnte.

Auf dem Podium saßen Dr. Detlev Sträter (Stadtsoziologe), Wolfgang Flatz (Aktionskünstler), Sven Kemmler (Kabarettist), Max Heißler (Aktionsgruppe Untergiesing), Patric Wolf (Fraktionsvorsitzender der CSU im Bezirksauschuss), Isabell Zacharias (kulturpolitische Sprecherin der SPD im Landtag), Margarete Bause (Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag) und Florian Raabe (Rettet die Münchner Freiheit).

Angesichts einer immer rasanter werdenden Gentrifizierung sollten Lösungsstrategien angedacht werden, wie man den sozialen Frieden in München und die kulturelle Identität eines Viertels trotz Verwertungsdruck mittels einer zeitgemäßen Städteplanung bewahren kann.

Die Boomregion München erwartet den Zuzug von ca. 150.000 neuen Mitbürgern in den nächsten zehn Jahren (Zahlen des statistischen Landesamtes). Konsens bei allen Anwesenden ist, dass diese Entwicklung gelenkt werden müsse. Mieten müssten bezahlbar sein, kulturelle Freiräume sollen erhalten bleiben beziehungsweise geschaffen werden.

Einige Zuschauer und Podiumsteilnehmer sehen die Entwicklungen äußerst kritisch.

Wolfgang Flatz, Aktionskünstler, der bereits mehrmals auf der Dokumenta ausgestellt hat, sieht die Gefahr, dass „gerade die Subkultur, die immer der Humus der Hochkultur ist“, verdrängt wird. Auch die Immobilienspekulationen nehmen immer größere Dimensionen an. „Es geht nicht mehr darum wie sieht die Stadt aus, wie lebt man in der Stadt? Es gibt keine notwendigen Freiräume mehr, jede Lücke wird optimiert„.

„Diese Investoren haben oftmals keine Beziehung zur Stadt. Ich freue mich, dass sich in München eine Bewegung zu entwickeln scheint, die fragt: Wem gehört eigentlich diese Stadt?„, so Margarete Bause, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag.

Detlef Sträter

Dr. Detlev Sträter sieht zwei Komponenten an den geschraubt werden muss. Erstens muss das politische Handeln wieder korrigiert werden. Städtische Unternehmen veräußern ihre Grundstücke, wie z.B die SWM ihre Heizkraftwerke und kurbeln somit den Ausverkauf der Stadt an. Obwohl hier Politiker der Stadt in den Aufsichtsräten sitzen.

Zweitens setzt die Politik übergeordnete Gesetze nicht um und wendet bestehendes Recht nicht adäquat an. „Eigentum soll sozialpflichtig gebraucht werden“ (Grundgesetz) oder „spekulative Bodengewinne sollen der Allgemeinheit zugeführt werden“ (Bayerische Verfassung) werden nicht beherzigt.“

Florian Raabe fordert die „Stadt, Land und Bund auf, schnellstmöglich geltenes Verfassungsrecht umzusetzen, sonst wird es gegebenfalls Verfassungsklagen unsererseits gegen die Stadt München, das Land Bayern und die BRD geben.

Für die Zukunft Münchens sehen einige Teilnehmer schwarz, wenn nicht eingegriffen wird.

Sven Kemmler, Kabarettist: „München scheint immer mehr aus Bionadepuppenstuben zu bestehen. Irgendwann haben wir ein Groß-Grünwald – nur mehrstöckig. Man kann zwar ein Gewerbegebiet außerhalb der Stadt bauen, aber kein Kulturgebiet. Kultur ist etwas sehr fragiles. Mir fehlt eine Vision des Oberbürgermeisters, wie er die Stadt in den nächsten zehn Jahren gestalten möchte“.

Als Lösungsmöglichkeit sieht Max Heißler von der Aktionsgruppe Untergiesing eine kommunalisierung der Macht. „Ich wünsche mir manchmal von einer kleinsten politischen Einheit, wie dem dem Bezirksausschuss, mehr Nähe zum Bürger, damit dieser mitbekommt wo was verkauft wird und er dann auch frühzeitig Vorschläge einbringen kann.“

Patric Wolf, Fraktionsvorsitzender der CSU im Bezirksauschuss Schwabing Freimann schließt sich hier konsequent an und fordert, dass Verfahren, die in den Behörden laufen, transparent zu machen. Eine für alle Bürger und Bürgerinnen zugängliche Plattform im Internet steht schon seit Jahren aus.

Isabell Zacharias, kulturpolitische Sprecherin der SPD im Landtag und Münchner Partei-Vize, unterstützt die Initiative und fordert Ortsbegehungen und fallbezogene Entscheidungen.
Dr. Detlev Sträter (Stadtsoziologe) ruft die Bürgerinnen und Bürger zu mehr Initiative auf:
„Natürlich sollten auch Vertreter des Städtetages sich mit diesem Thema beschäftigen und Initiativen auf Bundesebene starten. Dennoch sollte man nicht zu sehr auf die instutionalisierte Politik setzen. Der Druck muss immer von den Bürgern und Bürgerinnen kommen.“

Rettet die Münchner Freiheit freut sich, dass es mit dem gestrigen Abend ein erster Schritt zur Vernetzung zwischen Bezirksausschuss, Bürgern, Stadt und Land getan ist.

Am 28. Juni veranstaltet die Initiative ein finales Konzert am Forum der Münchner Freiheit mit anschließendem Lichterzug durch Schwabing zur Feilitzschstraße 7-9, wo Mama Kebap und Schwabinger 7 ihren letzten Tag begehen werden. Für Schmaus und Trank ist gesorgt.



Dieser Beitrag ist in der Rubrik Community erschienen: Hier bieten wir unseren Werbepartnern Raum sich zu präsentieren und Grün&Gloria zu unterstützen. Wollen Sie auch dabei sein? Schreiben Sie uns: anzeigen@medienhausmuenchen.de.



   gruenundgloria.de - Blog: Rettet die Muenchner Freiheit

Kommentieren