Auf dem Nachbarhof haben schon Japaner, Schweden und Mongolen gewohnt. Mongolen! Hey, die kommen sechseinhalbtausend Kilometer angereist, kriegen rote Ohren beim Anblick der Schunkelbusenmädchen zu „Hu se fack is Ellis“, zahlen einen halben Monatslohn für ein T-Shirt mit der Aufschrift „Ich kann auch ohne Spaß Alkohol haben“, fallen bei der dritten Maß von der Bank und können sich am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern, ein halbes Hendl verputzt zu haben. Camilla sagt, ich wäre „politisch nicht korrekt“, wenn ich mich so gehässig äußere. Nix für ungut, ich bin manchmal etwas impulsiv, auch ein bayerischer Wesenszug. Ein anderer Wesenszug lässt sich mit dem sprichwörtlichen „Leben und Leben lassen“ gut beschreiben und so gesehen ist das Oktoberfest wirklich herrlich multikulturell. Wo sieht man sonst westafrikanische Nonnen in kornblumenblauen Ordenstrachten und Nike-Sneakern vor einem High-Tech-Karussell zu Missy Elliot breakdancen? Und wo gibt es die prächtigsten, liebevollst komponierten Lederhosentrachten zu bewundern? Beim Gay Sunday im Bräurosl-Zelt, wo tausende Schwule aus aller Welt zusammen feiern! Aber ganz ehrlich, am allerliebsten sind mir die Gäste, die Neugier, Begeisterungsfähigkeit und auch Respekt mitbringen. Ein Tibeter, der geradezu andächtig sein erstes Bier kostet, einen Radi erst bestaunt und dann lacht und weint zugleich, wenn er von dessen leichter Schärfe überrascht wird und dem der Verzehr eines Wiesnhendls eine kleine, unvergessliche Offenbarung ist. Da hat man dann schon mal das Gefühl, die Artgenossin ist nicht so ganz umsonst so früh gestorben.
Foto: Carmen Fechner/ www.jugendfotos.de
Also ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Nationalität wirklich keine Rolle dabei spielt, wie sich die Besucher verhalten.
Was heißt „politisch nicht korrekt“, die Beschreibung könnte auf ungefähr jeden Wiesn Besucher zu treffen, egal welcher Nationalität.