Die Energierevolution – kommt auch morgen der Strom aus der Steckdose?

Wer kann sich heute noch vorstellen, in Häusern zu leben, in denen es keinen Strom gibt? Kein elektrisches Licht, keine Waschmaschine, kein Fernseher, kein Radio, kein Computer, kein Handy … Es ist noch gar nicht so lange her. Vor etwa 130 Jahren wurden die ersten Elektrizitätswerke gebaut. Das allererste entstand 1878 für König Ludwig II. im Schlosspark von Linderhof: An einer mit Holz befeuerten Dampfmaschine hingen 24 Dynamos, jeder 200 Kilo schwer und jeder lieferte Strom für eine einzige große Lampe, mehr nicht. Damit beleuchtete der Märchenkönig sein privates Illusionstheater in einer Grotte und einen maurischen Pavillon. So begann das Zeitalter des elektrischen Stroms.

Heute, wo für die meisten der Strom einfach aus der Steckdose kommt, müssen wir uns dennoch die Frage stellen, ob dies auch in Zukunft noch der Fall sein wird. Sieben Milliarden Menschen gibt es auf der Erde. Mehr als zwei Drittel unserer Elektrizität stammen aus einigen Tausend Kohle-, Gas- und Ölkraftwerken, je ein Siebtel aus Kernkraft- und Wasserkraftwerken und bislang weltweit nur vier Prozent aus Wind, Sonne, Biomasse und Erdwärme. Im Jahr 2050 werden mehr als neun Milliarden Menschen ein angenehmes Leben führen wollen – mit neuester Computertechnik, wandfüllenden Displays, intelligenten Hausgeräten, Robotern, Elektroautos. Alles Dinge, die Strom verbrauchen!

Selbst wenn die Menschen lernen sollten, sehr sparsam mit Energie umzugehen, dürfte sich der weltweite Strombedarf bis 2050 gut und gerne verdoppeln. Doch wie lässt sich diese Nachfrage befriedigen? Mit doppelt so vielen Kohle- und Gaskraftwerken? Lieber nicht, denn schon die heutigen Kraftwerke, die mit fossilen Rohstoffen befeuert werden, heizen die Atmosphäre ganz schön auf. Noch mehr Treibhausgase würden große Teile der Erde unbewohnbar machen – durch Überschwemmungen, Stürme, Trockenheiten und die Zerstörung ganzer Ökosysteme. Oder liegt die Lösung in Hunderten neuer Kernkraftwerke? Auch dies dürfte spätestens seit Fukushima kaum mehr ernsthaft diskutiert werden.

Ein Internet der Energie?

Wie aber wird dann das neue Stromzeitalter aussehen? Es wird wesentlich vielfältiger als heute. Wir brauchen Hunderttausende von Windturbinen auf Hügeln und dem offenen Meer. Wir brauchen große Solaranlagen in der Wüste ebenso wie Minikraftwerke in den Gebäuden. Unsere Häuser werden mit weit weniger Heizenergie auskommen, und unsere Stromnetze müssen intelligenter werden. Über flexible Preise wird die Nachfrage ausbalanciert mit den schwankenden Stromeinspeisungen von Wind- und Solaranlagen. Elektroautos werden Ökostrom tanken, speichern und auch wieder ans Netz abgeben – und wenn zu viel Wind weht, wird überschüssiger Strom in Wasserstoff verwandelt, der für die chemische Industrie genauso wichtig ist wie für Ökoheizungen oder Antriebe von Fahrzeugen.

Umweltfreundliche Kleinkraftwerke wird es überall geben, und die heutigen Stromverbraucher werden zugleich auch zu Produzenten von Energie werden. Es wird ein Internet der Energie entstehen, in dem Strom in alle möglichen Richtungen fließt – nicht wie heute fast ausschließlich von zentralen Kraftwerken in Richtung der Verbraucher. Zugleich wird es aber auch Großkraftwerke geben, die – beispielsweise als große Solaranlagen in den Wüsten Nordafrikas – den Strom über Tausende von Kilometern in unsere Städte schicken.

Und vor allem wird es notwendig sein, Strom effizienter zu nutzen als heute: Dies ist keine Utopie, wie viele Beispiele zeigen. So ist ein Elektromotor drei- bis viermal effizienter als ein Verbrennungsmotor, und eine Leuchtdiode vier- bis fünfmal effizienter als eine Glühlampe. All dies bedeutet aber einen umfassenden Umbau des weltweiten Energiesystems – auch das gab es schon einmal. Man denke nur zurück zu den Zeiten Ludwig II., als die Welt von Öl- und Gaslampen auf elektrisches Licht umschaltete, von den Pferdekutschen auf elektrische Straßenbahnen und Züge, und von den reitenden Boten auf die Nachrichtenübermittlung im Telegrafennetz.

Wo aber sind heute die Pioniere des neuen Stromzeitalters? Gibt es noch neue Ideen, wie man Elektrizität erzeugen, verteilen und intelligent nutzen kann? Und wie lässt sich im Alltag – zu Hause, unterwegs, in der Schule oder der Arbeit – Strom sparen? Denn dies ist noch immer die umweltfreundlichste Art der Energienutzung: Wenn weniger Strom verbraucht wird, braucht man keine neuen Kraftwerke bauen.



Dieser Beitrag ist in der Rubrik Community erschienen: Hier bieten wir unseren Werbepartnern Raum sich zu präsentieren und Grün&Gloria zu unterstützen. Wollen Sie auch dabei sein? Schreiben Sie uns: anzeigen@medienhausmuenchen.de.



Ulrich Eberl    gruenundgloria.de - Blog: Ulrich Eberl

Ulrich Eberl ist Wissenschafts- und Technikautor. Er studierte Physik und promovierte 1992 an der Technischen Universität München in einem Grenzgebiet zwischen Physik, Biologie und Chemie: der Erforschung der ersten Billionstelsekunden der Fotosynthese. In seinem neuen Buch „Zukunft 2050″ (Beltz & Gelberg) beschreibt Ulrich Eberl für junge Leser die wesentlichen Trends, die unser Leben in den nächsten 40 Jahren prägen werden und wie wir selbst die Welt von morgen miterfinden können.

2 Kommentare zu “Die Energierevolution – kommt auch morgen der Strom aus der Steckdose?”

  1. Ulrich Eberl sagt:

    Ich würde mich über weitere Kommentare freuen! Hat jemand noch neue Ideen, wie man künftig Strom erzeugen und effizient nutzen kann? … der nächste Blog-Eintrag geht dann darüber, wie wir uns künftig fortbewegen werden. Denn schon heute gibt es 700 Millionen Pkw – und diese Zahl könnte sich bis 2050 nochmals verdreifachen! Kann das gut gehen? Herzliche Grüße, Ulrich Eberl

  2. Claus sagt:

    Herzlich willkommen auf klimaherbst.de 🙂 Schön, dass Sie Ihr fundiertes Wissen via Blog hier veröffentlichen. Ich freue mich schon auf die kommenden Beiträge!

Kommentieren