Die Isar-Planung im Zentrum kommt bis zum Sommer in den Stadtrat
Große Anliegen und guter Wille am innerstädtischen Isarufer, aber noch nichts Konkretes
Noch sind die Planungen zur Gestaltung des Isarboulevards etwas unklar.
Prominente Podiumsgäste voll guten Willens und ein Saal voller sachkundiger Zuhörer machen Hoffnung auf eine Verbesserung besonders des Isarboulevards. Das zeigte eine Podiumsdiskussion über „Kultur im Fluss“ am 26. Februar im Kleinen Konzertsaal des Gasteigs. Die Aussprache von Stadtbaurätin Prof. Elisabeth Merk mit dem Generaldirektor des Deutschen Museums Prof. Wolfgang Heckl, der Patentamts-Präsidentin Cornelia Rudloff-Schäffer, Gasteig-Chefin Brigitte von Welser und der Wiener Landschaftsarchitektin Prof. Maria Auböck von der Münchner Akademie der Bildenden Künste unter der Moderation des Journalisten Michael Ruhland zeigte das große Interesse an diesem Flussabschnitt. Elisabeth Merk kündigte an, sie werde bis zur Sommerpause dem Stadtrat einen Isar-Rahmenplan zuleiten.
Was dieser Rahmenplan enthalten wird, lässt sich erst erahnen: Er soll kurzfristig realisierbare Aktionen für temporäre Ereignisse am Fluss ermöglichen, etwa die Sperrung der Uferstraße an einem Wochenende, damit Menschen dort flanieren können, und langfristige wie etwa „Flussterrassen“ zwischen Patentamt und Deutschem Museum. Klar ist auch, dass der Arm der sogenannten kleinen Isar auf der Seite der Au und Teile der Isarinseln eher unberührt bleiben und nur der Hauptarm auf der Altstadtseite baulich verändert werden soll. Und entschieden ist ferner offenbar, dass eine Wiederbelebung der innerstädtischen Isar aus dem Fluss keinen Touristenmagneten machen soll, keine Event-Meile. Entstehen soll vielmehr eine Erholungslandschaft mit Kultur und einigen Cafés für die Münchner Bürger, die Anwohner und Einwohner von überall in der Stadt. Die Fremden sollten doch lieber weiterhin aufs Oktoberfest strömen, sagte die Stadtbaurätin – sich auch nur vorzustellen, ein Teil dieser Menschenmassen würde die innerstädtischen Isarufer fluten, hält sie für eine Art Alptraum. Erholung, Kultur, Cafés ja, Partymeile nein, lautete daher die vom Publikum demonstrativ beifällig aufgenommene Devise.
Damit ist das bislang Greifbare zur Zukunft der für die Stadt eigentlich so prägenden, aber derzeit vernachlässigten Flusslandschaft vorderhand jedoch leider erschöpft. Von den großen Anrainern sind eigene Initiativen vorerst nicht zu erwarten. Der Gasteig ist mit seinen Sanierungsnotwendigkeiten so sehr beschäftigt, dass er sich auf Jahre vorrangig auf sich selbst konzentrieren dürfte. Brigitte von Welser brachte für ihr Haus aber eine sehr interessante Fußgänger- und Radfahrerbrücke von der Philharmonie über die Straße Am Gasteig direkt in die Flusslandschaft ins Gespräch. Wie der Gasteig modernisiert und seine Flachdächer geöffnet werden, könnte für die Münchner Bürger von Intersesse sein. Ein Café und ein Lesegarten auf dem Dach des Bibliotheksgebäudes könnten den Münchnern den Blick auf die Isar und die Stadt von oben eröffnen.
Große Baupläne hat auch das Deutsche Museum. Eine bislang völlig unter Wert schlummernde Verbindungsstraße zwischen der Boschbrücke und der Corneliusbrücke nach Süden und zur Ludwigsbrücke nach Norden an der Isar entlang bleibt erst einmal die Hauptbaustellenzufahrt. Heckl zeigte sich zwar interessiert, vertröstete aber alle Hoffnungen auf einen lebendigen Fluss-Boulevard auf das Jahr 2024 oder auf noch später. Und auf Erwartungen, auch das freie Areal zwischen den Museumsgebäuden und der Corneliusbrücke könne eines Tages zur betretbaren Erlebnislandschaft innere Isar gehören, reagierte er ebenso freundlich („Natürlich wollen wir uns unseren Besuchern so weit wie möglich öffnen“) wie ungerührt mit dem Hinweis auf fremde Zuständigkeiten.
Zuständigkeiten verhindern nach Auskunft der Patentamts-Präsidentin Rudloff-Schäffer auch,dass die Kantine auf dem Dach ihres Amtes für die Bürger zugänglich wird. Der Ausblick von dort auf die Stadt ist sensationell. Aber genießen können ihn nur die Patentamts-Mitarbeiter in ihrer Mittagspause. Wünsche aus dem Publikum, dem Wirt die abendliche Öffnung für jedermann zu ermöglichen, wies die Juristin mit dem Hinweis auf behördliche Zuständigkeiten zurück. Das Patentamt hat das Haus nur gemietet, es gehört der Bundesimmobiliengesellschaft – Ende der Durchsage. Das konnte man so verstehen, als müsse die Bürgerschaft noch viel Druck aufbauen, ehe sich hier zwei Behörden bewegen.
Der Gasteig könnte den Münchnern den Blick auf die Isar und die Stadt von oben eröffnen.
Zumindest Stadtbaurätin Merk nahm die Stichworte Gasteig-Dachgärten und Patentamts-Kantine aber interessiert auf. Sie versprach, die Revitalisierung der innerstädtischen Isarlandschaft nicht nur aus der Fußgängerperspektive weiter zu entwickeln, sondern auch aus der Vogelperspektive, von oben, von den Dächern beidseits des Flusses her.
Der Isarlust e.V., der zu dieser Aussprache eingeladen und als sehr positiv vermerkt hatte, dass die Podiumsgäste alle zugesagt hatten und gekommen waren, vergleicht Münchens Flusslandschaft gern mit den bereits wiederbelebten Ufern des Wiener Donaukanals. Merk und Auböck warnten jedoch vor allzu schnellen Vergleichen: Was in Wien funktioniert, lässt sich nicht eins zu eins auf München übertragen. Aber lehrreich sind Vergleiche wohl immer. Deswegen will der Verein im Sommer mit Gästen aus Zürich, Wien, Paris und New York öffentlich darüber nachdenken, wie man sich in der Isar einesommerliche Fluss-Badeanstalt vorstellen könnte.
Autor: Gernot Brauer
Aus Standpunkte, April 2015 – 13
Credits: Andreas Winterer via Flickr.com cc2.0-Lizenz und AP via Flickr.com cc2.0-Lizenz
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