Die Münchner Umweltschutz- und Verkehrsverbände fordern auf Grund der aktuellen finanziellen Situation der Landeshauptstadt München die sofortige Abkehr von unbezahlbaren Tunneln. Die von der Politik gewünschten Pläne verfolgen nicht das Ziel der Verkehrs-Verlagerung. Statt Akzente für ein leistungsfähiges Netz zu setzen, verliert sich die Politik in Einzelprojekten.
Vor wenigen Tagen überraschte der Kämmerer der Stadt München, Ernst Wolowicz (SPD), mit seiner Prognose, dass die Stadt 2016 über 800 Millionen Euro mehr ausgeben wird, als sie einnimmt. Für die Münchner Umweltschutz- und Verkehrsverbände, den Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr (AAN) im Münchner Forum, Green City e.V., Bund Naturschutz (BN) München und den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) München ist es daher höchste Zeit, sich von unbezahlbaren Verkehrsprojekten zu verabschieden. Gleichzeitig sehen sie durch den Zwang zum effizienten und sparsamen Wirtschaften die Chance, Projekte mit hohem gesellschaftlichem Nutzen vor Prestigeobjekte zu stellen. Eine Kartenübersicht verdeutlicht die gewollten und geforderten Vorhaben.
Berthold Maier, Sprecher des AAN, sagt zu den U-Bahn-Planungen der Stadt München: „Es ist Zeit, die Mittel effizient einzusetzen. Die Idee, die Verlängerung der U5 nach Pasing allein aus dem städtischen Haushalt zu finanzieren, ist gestorben. Die Stadt muss sich mit ihren Projekten zum Wohl des Steuerzahlers wieder um Zuschüsse bei Land und Bund bewerben. Dies kann sie aber nur mit effizienten und für den Fahrgast nützlichen Projekten. Überflüssige U-Bahn-Tunnel gehören nicht dazu!“
Dominik Lypp vom BN, Kreisgruppe München ergänzt: „Anstatt einzelne und im Unterhalt teure U-Bahn-Projekte zu fördern, muss München endlich ein stadtweites attraktives Trambahn-Netz mit den dringend benötigten Tangenten und vielen Umsteigepunkten entwickeln. Diese lässt sich auch deutlich kostengünstiger erhalten und betreiben. So kostet die Verlängerung der U5 vom Laimer Platz nach Pasing und weiter nach Freiham fast genauso viel, wie alle 13 von uns vorgeschlagenen Tramprojekte. Wer sparen will, muss also auf die Tram setzen.“
Andreas Schuster von Green City e.V. sieht die dringende Notwendigkeit, vorhandenes Geld sinnvoller einzusetzen, als es in teure Tunnelprojekte zu vergraben: „Die bisher realisierten Ringtunnelprojekte haben den Stau nur verlagert. Damit führt der Lärm- und Emissionsschutz für die einen Anwohner nur zur Belästigung anderer. Die rund eine Milliarde Euro für die geplanten Autotunnel an der Landshuter Allee und der Tegernseer Landstraße müssen effizienter verwendet werden. Durch eine Abkehr von den im Bau und Unterhalt teuren Tunnelprojekten bleibt mehr als genügend Geld für den parallelen Ausbau von Trambahn- und Rad- und Fußverkehr. Der Stadtrat muss sich von ihren Tunnelträumen zugunsten einer sinnvollen Verkehrsplanung für alle Bürgerinnen und Bürger verabschieden.“
Andreas Groh vom ADFC München erklärt: „München wächst und damit auch der Verkehr. Wenn die Politik den Verkehrs-Kollaps verhindern will, braucht es eine deutliche Verlagerung des Verkehrs zugunsten des platzsparenden Umweltverbundes. Für den Radverkehr sind dringend breite, geradlinige und durchgehende Radverkehrsanlagen nötig, auf denen sicher, zügig und komfortabel – auch mit Lastenrädern und Kinderanhängern – gefahren werden kann.” Zur Rathauspolitik ergänzt Groh: „Leider scheinen etliche Stadträte und Stadträtinnen den Verkehrsraum der Autos mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Immer noch nicht wurde verstanden, dass stadt- und menschenverträgliche Mobilität für alle nur mit einer Umverteilung des Straßenraums möglich sein wird. Wir fordern daher mehr Mut zu Veränderungen.”
Die Stadt plant in den kommenden Jahren schätzungsweise rund dreieinhalb Milliarden Euro in Auto- und U-Bahntunnel zu vergraben. Die Umweltverbände stellen in der obigen Karte eine Trambahn-Ausbauoffensive für ungefähr eine Milliarde Euro vor, die ein flächendeckendes Netz für alle Münchner Bürgerinnen und Bürger gewährleistet. Neben Spareffekten stehen auch ausreichend Mittel für den hochwertigen Ausbau der Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur zur Verfügung.
Fotocredit: Flickr/Metropolico.org
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