Das erste vegetarische Kochbuch der bayerischen Küche
von Rainer Maria Wieshammer
oder „In Bayern gibt es fünf Elemente wo andere nur vier haben. Feuer, Wasser, Erde, Luft….. und Knödel“
Eine Buchbesprechung von Ursula Liepelt
Im „Kohlrabiapostel“ geht es um die bayerische Küche mit Tradition, aber „fast ganz ohne Fleisch von Tieren“. Aber das Buch ist nicht klein, weiß-blau und ein bisserl auf alt gemacht. Es ist groß und dick, ein Fotoband mit Faksimiles alter Rezepte in Schönschrift aus der Feder der Therese Edlmann. Diese war eine Dienstmagd und Köchin aus dem Dachauer Hinterland, die 1930 begann ihre schönsten Rezepte aufzuschreiben. Es geht um die traditionelle Bayerische Küche, aber es geht auch um viel mehr. Dieses „Kochbuch“ will einen „Beitrag zu einem veränderten Ernährungsbewusstsein leisten.“
Da hat sich einer viel Mühe gemacht, den moralischen Zeigefinger möglichst schön zu verpacken und mit Witz zu garnieren – und es ist ihm gelungen. Der aufgeschlossene und vielleicht auch der andersdenkende Leser wird von Schuchsen, Rupfhauben, Ofenschlupfer und Rammerl eingewickelt, dass ihm Hören und Sehen vergeht und das Wasser im Munde zusammenläuft.
Auf über zweihundertsechzig durchwegs farbig illustrierten Seiten serviert der „Bayerische Kohlrabiapostel“ neben zahlreichen traditionellen und modernen Rezepten der vegetarischen Küche eine Fülle von Informationen rund um das Thema Essen, Geschmack und Genuss. Dazu werden Geschichten erzählt und Gedichte eingestreut. Immer wieder blitzt der Apotheker Wieshammer hervor, weiß er doch mit am besten, was die Küche im Innersten zusammenhält.
Es folgen Liebeserklärungen an den Knödel, den Schmarrn und die nudeldicke Dirn. Einige Rezepte sind uns zwar bekannt, werden aber viel zu selten gekocht. Vor allem gibt es viele Variationen und Abwandlungen von einfach vegetarischen, nahrhaften und wohlschmeckenden Gerichten. Wir können dem Autor dankbar sein, hier so viel Wissen und Erfahrungen zusammengetragen zu haben und seine Geheimnisse preis zu geben. Denn arbeiten wir nicht alle immer noch am perfekten Knödel, mit dem es wie beim Küssen ist? Je öfter, desto besser….
Fleisch wird in der heutigen bayrischen Küche völlig überbewertet und war früher lange nicht so präsent. Das vielzitierte bayrische Schmankerl war niemals ein Fleischstück, sondern ein „frisch in Butter abgeröstetes, gezuckertes und vorsichtig abgeschabtes Teigkrusterl, mit dem man die Speisen garniert hat.“
Wer kennt den echten „Kohlrabiapostel“ ? Ich kenne nur den Begriff „Gesundheitsapostel“ , der ab und zu meiner Mutter galt und zwar meistens dann, wenn die ganze Familie mit einer Mahlzeit unzufrieden war. Statt eines Apfelstrudels oder Paprika-Sahne-Huhns stand dann ein Grünkernauflauf auf dem Tisch und wir mussten einmal wieder Karotten pur aus dem Entsafter trinken. Entstanden ist der Begriff „Kohlrabi-Apostel“ wohl aus dem Volksmund und hat sich schnell eingebürgert, weil er so wunderbar ironisch-frech daherkommt. Gemeint hat er einen bestimmten Menschenschlag, der ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge der „Lebensreform-Bewegung“ auffällig geworden ist. Der Industrialisierung und der Verherrlichung des materiellen Besitzes, aber auch der ewigen Kriegshetze der herrschenden Klasse setzten die braven Leute ein „reformiertes“ Lebenskonzept entgegen. Mit einer natürlichen Lebensweise und Ernährung, selbst gezogenen Gurken und Karotten, alternativer Heilkunde, Pazifismus und viel Sozialromantik machten sie sich daran, sich im Schatten der Fabrikschlote ein kleines irdisches Gegenparadies einzurichten.
Der bekannteste Prophet der vegetarischen Lebensweise in München war der Maler und Sozialreformer Karl Wilhelm Diefenbach (geb. 1851 in Hadamar, gest. 1913 auf Capri).
Und der „nächstbekannteste“ Kohlrabiapostsel wird nun mit Sicherheit der Autor Rainer Maria Wieshammer. Neben seiner langjährigen Tätigkeit in der eigenen Apotheke in München Schwabing hat er sich immer mit großer Leidenschaft dem Schreiben gewidmet. Im Laufe der Zeit sind zahlreiche Werke zu populärwissenschaftlichen, medizinischen und historischen Themen entstanden.
Mit dem „Bayerischen Kohlrabiapostel“ will er den Blick über den Tellerrand hinaus wagen. Er hat viel über unsere Art zu essen nachgedacht und ist zu überraschenden Erkenntnissen und Einsichten gelangt, die er mit seinem neuen Buch auf unterhaltsame Weise nun zu Tisch bringt. Hochwertige Nahrung für Körper, Geist und Seele!
Bayerischer Kohlrabiapostel
Ein köstlicher Leseschmaus für anständige Esser
Erschienen 2014 im Eigenverlag
ISBN-Nummer: 978-3-00-045049-5
ca. 260 Seiten, mit zahlreichen farbigen Abbildungen
Preis: 24,90 Euro
http://www.kohlrabiapostel.de/Bestellen/
FACEBOOK
TWITTER