Tag 1 – Nasse Füße

Um den Verhandlungsfortschritt zu analysieren und mit Blick auf die zukünftige Klimapolitik zu bewerten, sind unsere Experten, Andreas Kohn, Daniel Scholz und Matti Nygren, wieder vor Ort präsent und berichten täglich von den Klima­verhandlungen.

Einige Mitarbeiter des Klimasekretariats haben gestern sprichwörtlich nasse Füße bekommen. Denn einige Büros sind in der Tiefgarage des Konferenzzentrums untergebracht, die gestern teilweise durch den starken Regen unter Wasser gesetzt wurde. Einige Teilnehmer kamen erst nach einer kleinen Rettungsaktion der Polizei nach Hause.

Obwohl von Bono bislang nichts zu sehen war, hat Südafrikas Präsident Jacob Zuma am Montag die Konferenz eröffnet. Für die ersten Tage ist nicht mit politischen Entscheidungen zu rechnen, vielmehr werden die Staaten ihre Claims abstecken. Klar wird jedoch zunehmend, dass diese Konferenz interessant wird. Anschließend an die gestrige breit angelegte Zusammenschau gehen wir heute auf einige relevante Themen ein.

Bei der Eröffnungszeremonie wurde Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane zur COP-Präsidentin gewählt. Ihr kann in den Verhandlungen eine entscheidende Rolle zukommen. Südafrika wies nochmals auf die Bedeutung hin, die eine Einigung bezüglich der Rechtsform des angestrebten Abkommens sowie eine zweite Verpflichtungsperiode unter dem Kyoto-Protokoll haben. Nach vier Eröffnungssitzungen am Montag, nehmen heute auch die beiden Ad-hoc-Arbeitsgruppen ihre besonders politische Arbeit auf. Danach erst ist die Konferenz in vollem Gange.

Bemerkenswert ist auch, wie sich die Selbstdarstellung Chinas verändert hat, das jetzt beispielsweise mit einem eigenen Pavillon vertreten ist. Darin sind 24 Veranstaltungen angesetzt. Zum Vergleich: Das US-Center kommt auf 20.

Die EU hat eine klare Vision eines zukünftigen Regimes. Mit einem Durchbruch in Durban rechnet sie zwar nicht. Dafür wird das Ziel verfolgt, ein Mandat, eine Roadmap und einen klaren Zeitplan für die Erarbeitung eines neuen Abkommens zu erreichen, das alle globalen Emissionen umfasst. In diesem Prozess sollen die Beiträge aller Staaten festgelegt werden, inklusive der größten Volkswirtschaften. Sollte die Einigung auf einen solchen Prozess erfolgen, wäre die EU bereit, sich auf eine zweite Kyoto- Verpflichtungsperiode einzulassen. Größte Herausforderung für diese Vision einer Transformation der post-2012-Welt ist, die großen Schwellenländer und die USA an Bord zu bekommen.
Mit Blick auf die Zukunft des Flexibilitätsmechanismus Joint Implementation (JI) hat das zuständige Komitee (JISC) zwei Optionen für die Fortführung von JI nach 2012 präsentiert.

In der ersten, pragmatischen Variante würden Projekte bis etwa Mitte 2015 ermöglicht, dann ist die sogenannte True-up-Periode zu Ende. Die andere Variante sieht die Verabschiedung neuer Regeln des Mechanismus in einem Jahr vor und stünde dann gewissermaßen für eine zweite Kyoto-Periode in den Startlöchern. Bei beiden Varianten würde JI zudem deutlich reformiert. Die Diskussionen hierüber beginnen am Mittwoch.

Ein weiteres Thema des gestrigen Tages ist die Einbindung des Privatsektors unter dem Nairobi Work Programme (NWP). Die USA schlagen vor, die dazugehörige Privatsektorinitiative auszudehnen. Diese Vorschläge sind Diskussionsstoff für die kommenden Tage. Politisch wächst derzeit die Spannung mit Bezug auf Fragen internationalen Handels. Indien hat verlangt, das Thema unilateraler Handelssanktionen auf die Agenda zu nehmen und China hat sich öffentlich gegen die Inklusion des Flugverkehrs in das EU-ETS geäußert. Gerüchtehalber könnte sich Kanada formell vor Jahresende aus dem Kyoto-Protokoll zurückziehen.

Wir drücken die Daumen, dass die Teilnehmer aufgrund substantieller Diskussionen lange im Konferenzzentrum bleiben, und nicht wegen weiterer Überschwemmungen.

Um den Verhandlungsfortschritt zu analysieren und mit Blick auf die zukünftige Klimapolitik zu bewerten, sind die Experten der Münchner Unternehmensberatung FutureCamp, Andreas Kohn, Daniel Scholz und Matti Nygren, wieder vor Ort präsent und berichten täglich von den Klima­verhandlungen.

Autoren:
Andreas Kohn ist Experte im Bereich Analytik und Klimapolitik.
Daniel Scholz ist Experte im Bereich Emissionshandel und Klimaschutzprojekte (CDM/JI/VER).
Matti Nygren ist Experte im Bereich der UNKlimaverhandlungen, der Bali Road Map, weiterer multilateraler Prozesse und nationaler Politikgestaltung, NAMAs und damit verbundene Unterstützungsmechanismen.

Bild: Dieter Schütz / pixelio.de

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