Erst Wald, dann Haus

“Bauen mit Holz” im Architekturmuseum

Schon vor der Tür der Pinakothek der Moderne erkennt man, dass es drinnen in diesen Tagen um den Rohstoff Holz geht. Vom zehnten November bis zum fünften Februar zeigt das Architekturmuseum zusammen mit dem Fachgebiet Holzbau der TU München die Ausstellung „Bauen mit Holz – Wege in die Zukunft“.

Hintergrund ist das „Internationale Jahr der Wälder“, zu dem die Vereinten Nationen das laufende Jahr erklärt haben. Betritt man die Ausstellungsräume im Erdgeschoss, blickt man zunächst auf eine große, knorrige Baumwurzel. Sie gehört einer 84-jährigen Fichte, die bei einem Sturm im Münchner Forst umgefallen war. Auch der fast 40 Meter lange Stamm ist noch dran am Wurzelstock. Er erstreckt sich über die gesamte Länge des ersten Raumes und erinnert die Besucher immer wieder an die Urform des Rohstoffes, um den es hier geht. An den Wänden sind Holztische mit Modellen von Gebäuden aufgestellt. Die Schrifttafeln, die von der Decke hängen sind fichtenfarben. Holz ist hier das dominierende Material. Die Atmosphäre ist freundlich und warm.

Im ersten Teil der Ausstellung wird über die ökologischen Vorteile des Materials informiert. Dazu werden exemplarisch fünf Modelle von Bauwerken gezeigt, deren primäre Tragkonstruktion aus Holz besteht. Darunter ist zum Beispiel eine Miniaturausführung des Finanzamtes in Garmisch-Partenkirchen, das nach einem Beschluss der Landesregierung aus dem Jahr 2008, wonach staatliche Verwaltungsgebäude möglichst aus Holz zu bauen sind, errichtet wurde. Laut den Ausstellungsmachern wurde das Treibhauspotenzial dieses Bauwerks gegenüber einem vergleichbaren Gebäude in Standardbauweise um 50 Prozent reduziert. Als Grund wird unter Anderem genannt, dass Holz in seiner Urform Kohlenstoffdioxid bindet. Auch die relativ einfache Verarbeitung zum Baumaterial spielt eine Rolle.

Im nächsten Teil der Ausstellung wird der Bauprozess, also das Geschehen auf der Baustelle, beleuchtet. Holzhäuser können im Vergleich zu Standardbauten aus Teilen, die in der Werkstatt vorgefertigt wurden, relativ schnell und störungsarm Zusammengesetzt werden. Damit fallen Unwägbarkeiten, die es auf anderen Baustellen gibt, weg. Diese These veranschaulichen die Modelle eines dreistöckigen Wohnhauses, eines Bürogebäudes sowie eines Tagungshotels. Auf den zugehörigen Tafeln zeigen Skizzen, wie die einzelnen Holzteile zum fertigen Gebäude zusammengesetzt wurden.

Während Einfamilienhäuser aus Holz inzwischen eine hohe Akzeptanz genießen, sieht das bei größeren Bauten noch anders aus. Dieser Tatsache widmet sich der nächste Ausstellungsabschnitt, der mit „Neue Dimensionen“ überschrieben ist. Der Themenbereich erstreckt sich vom ersten über den kompletten zweiten Raum. Insgesamt werden mehr als 20 spektakuläre, raffinierte und detaillierte Modelle beeindruckender Holzbauten aus aller Welt gezeigt. Eine Horde Kinder, die die Ausstellung mit ihren Lehrern betritt, ist begeistert. Mit staunenden Gesichtern zeigen sie auf die Miniaturbauten und rufen immer wieder: „Woah, schau mal!“.

Tatsächlich sind Modelle wie das einer japanischem Mehrzweckhalle, die wie eine halbe Kugel aussieht und deren komplexe Dachkonstruktion Spannweiten von knapp 180 Metern erreicht, beeindruckend. Die Ausstellungsmacher betonen, dass die Raumhülle das Wohlbefinden der Menschen beeinflusst. In öffentlichen Gebäuden könnten wir uns demnach häufig wohler fühlen. Zudem ermögliche der Baustoff Holz preisgünstiges, präzises und schnelles Bauen.

Die Bedeutung von Holz als Baumaterial ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Das seit den 70er Jahren wachsende Bewusstsein für eine Schonung der Ressourcen und die Beachtung ökologischer Grundsätze, hat auch das Bauwesen beeinflusst. Die Forschung hat deutliche Verbesserungen beim Brand- und Lärmschutz von Holzbauten bewirkt. Digitale Technik ermöglicht neue Formen der Gestaltung. Museumsleiter Winfried Nerdinger hofft, dass die Ausstellung dazu beiträgt, dass das Bauen mit Holz noch populärer wird.

Christine Schibschid

Kommentieren