Guter Appetit, schlechter Appetit

good-food-bad-food_article_589

„Good food bad food“ – Anleitung für eine bessere Landwirtschaft“, nennt die französische Regisseurin Coline Serreau ihren neuen Dokumentarfilm. Ihr geht es nicht um Katastrophenszenarien, sondern um Anregungen.  Sie porträtiert eindrucksvolle Persönlichkeiten, die  Lösungen für die intelligentere Nutzung unserer begrenzten Ressourcen gefunden haben. Ihr Film schildert konkrete Ansätze zur Verbesserung der desaströsen Situation, in sich die Landwirtschaft weltweit befindet. Die Umwelt-Akademie hat in Kooperation mit der Bürgerstiftung eine Sondervorstellung in den Münchner City-Kinos am Sonntag, 30. Januar 2011, um 11.00 Uhr,  organisiert.

Im Anschluss an den Film steht Anton Daxenbichler zur Diskussion bereit. Er hat zehn Jahre lang den Vorsitz im Biokreis führte und und war Vorsitzender der LVÖ war, ist Sprecher der Biokreis-Milchbauern für die Zusammenarbeit mit einer Molkerei und engagiert sich im „Arbeitskreis Ökologische Fleckviehzucht“. Letztes Jahr wurde er von Staatsminister Helmut Brunner für sein ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet. „Good food bad food“ ist – angesichts des aktuellen Dioxin-Skandals – nicht nur in Frankreich ein Thema, findet er.


Was sagen Sie zum Dioxin-Skandal, von dem auch die Biobranche betroffen ist?

Ja, auch in der Bio-Branche gab es schon Lebensmittelskandale. Im Jahr 2002 zum Beispiel tauchte durch den Giftstoff Nitrofen verseuchtes Bio-Futtergetreide auf. Das Getreide war in Lagerhallen aufbewahrt worden, die Rückstände des Stoffes aufwiesen. Wir haben daraufhin die Kontrollen verschärft. Die Biomilchbauern von der Andechser Molkerei etwa durften ab dann ihr Kraftfutter für die Tiere nur noch von zwei mittelständischen Herstellern beziehen.

Kann man die Dioxinverschmutzung dann vielleicht als „Pech“ bezeichnen?

Das war sicher kein Pech – wahrscheinlich war es kriminell. Wenn eine Tonne Futterfett, sagen wir, 1000 Euro kostet, und eine Tonne Schmierfett nur 500 Euro, dann ist die Versuchung groß, dass man lieber vom Schmierfett kleine Mengen verfüttert, eben genau so viel, dass man gerade noch unter dem erlaubten Grenzwert liegt.

Stehen die Ökolandwirte denn unter Druck?

Ich habe den Eindruck, dass die Mittel für die Forschung in Sachen Ökolandbau zunehmend gekürzt werden. Mittlerweile werden die Gelder umgeschichtet, weil es heißt, dass man auch im konventionellen Landbau klimafreundlich arbeiten kann. Doch der aktuelle Weltagrarbericht beweist für mich: Ökolandbau kann die Welt ernähren. Konventioneller Landbau dagegen ist eine Sackgasse, denn hier ist man von vier Früchten abhängig: Weizen, Reis, Soja und Mais. Und wenn es bei einer Frucht einen Engpass gibt, dann schnellen die Preise weltweit in die Höhe.

Wie sieht es denn zur Zeit bei den Biomilchbauern aus?

Wir hatten vergangene Woche Preisverhandlungen bei der Andechser Molkerei. Zurzeit steigen die Preise für Bioprodukte –  wegen dem Dioxin-Skandal. Die Nachfrage ist da, und die Supermarkt-Regale werden für Bioprodukte frei geräumt. Dieses Phänomen konnten wir über die letzten zehn Jahre beobachten: Kurz nach jedem Lebensmittel-Skandal gibt es einen Bio-Boom. Sobald die Medienberichterstattung abebbt und die Leute den Vorfall wieder  vergessen, geht der Absatz von Bioprodukten wieder zurück – allerdings auf einem höheren Niveau als vorher.

Bei Bioprodukten schreckt viele Verbraucher der Preis ab.

Ich hatte zuletzt eine Gesprächsrunde mit Verbrauchern bei einer fairquer – Veranstaltung (Anm.: Stammtisch zur Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft) in Bruckmühl. Das Argument, Bioprodukte seien zu teuer, kam auch da auf. Doch das stimmt so nicht, denke ich.

Es gibt Studien die zeigen, dass überzeugte Bioproduktekäufer nicht mehr für Essen ausgeben als andere. Wer gedankenlos konsumiert, bezahlt doch für die Fertigpizza mehr als für als die Zutaten, die er zum selbst Kochen bräuchte. Eine weit verbreitete Bio-Supermarktkette zum Beispiel bemüht sich darum, ein Grundsortiment – Nudeln, bestimmte Käsesorten, Kartoffeln – zu einem niedrigen Preis anzubieten.
Meine Familie zum Beispiel hat immer einen Sack Hafer da. Von dem Hafer brauche ich täglich nur eine Handvoll. Die tue ich in die Quetsche, schneide Apfel rein, etwas Honig und fülle das mit Milch auf. Andere brauchen für ein Frühstück Wurst, Schinken und ein Ei, und frühstücken also viel teurer.


Warum steigt der Anteil des Ökolandbaus an der Landwirtschaft dann nicht schneller?

Das Problem ist der Markt – der ist im Moment gesättigt. Der Preisabstand von Biomilch zu konventioneller Milch lag zeitweise bei über 10 Cent pro Liter.  Deshalb haben sich viele Bauern dazu entschlossen, ebenfalls Bio-Milch zu produzieren –  und nun können sie die  nicht verkaufen, weil die Molkereien die Bio-Milch nicht abnehmen. Der Grund: Die Verbraucher kaufen sie zu wenig. Es gibt sogar Wartelisten bei den Molkereien. Aufgrund der gesteigerten Nachfrage werden zurzeit zwar neue Milchbauern aufgenommen. Doch wenn die gesamte derzeit produzierte Bio-Milch auf den Markt käme, würden die Preise vermutlich zusammenbrechen.

Links

„Good food bad food“ – offizielle Webseite

http://www.goodfood-badfood.de/

Die Umwelt-Akademie e.V.

http://www.die-umwelt-akademie.de/

Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V.

http://www.lvoe.de/

Biokreis – Verband für ökologischen Landbau

http://biokreis.de/

fairquer

www.fairquer.info

Weltagrarbericht
http://www.weltagrarbericht.de/

Kommentieren