Mit dem Energieberater unterwegs

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Doppelter Gewinn: Die Wohlfahrtsverbände und die Stadtwerke schicken in München seit einem Jahr Energieberater zu Menschen, die jeden Cent gebrauchen können. Wir sind einmal mitgegangen.

Werner Schink hat einen Auftrag. Mit einem Kühlschrankthermometer, zwei Energiesparlampen und einer Steckerleiste mit Ausschaltknopf zieht er los. Er soll den Menschen in München erklären, wie sie Energie sparen können. Das ist gut fürs Klima, und es ist vor allem gut für den Geldbeutel seiner Klienten. Sie sind nicht Teil einer Ökobewegung, für die es zum Lebensstil gehört, an die Umwelt zu denken. Die Menschen, die der 63-Jährige ehrenamtlich besucht, haben es bitter nötig zu sparen. Sie haben nur ein geringes Einkommen oder sind arbeitslos.

In der Wohnung, die Schink an diesem Tag betritt, wohnt Vera Fischer. Ihren richtigen Namen will die 61-Jährige nicht nennen. Die Leute sollen nicht von ihren Problemen lesen. Ihre Wohnung ist 51 Quadratmeter groß. Nichts ist neu, das könnte sich Fischer gar nicht leisten. Sie lebt von 230 Euro im Monat. Den Kühlschrank hat sie 1995 bei Quelle bestellt. „Die Töne, die der zur Zeit von sich gibt, sind grauenhaft“, erzählt sie. Ihre Waschmaschine stammt aus dem Jahr 1989.

Werner Schink setzt sich an Frau Fischers Schreibtisch. Er braucht Platz, um sich Notizen zu machen. Nach der Beratung muss er bei seiner Koordinatorin einen Bericht abgeben. Sie arbeitet für die Arbeiterwohlfahrt, einen der sechs Wohlfahrtsverbände in München, die mit den Stadtwerken das Projekt „Energieberatung für Haushalte mit geringem Einkommen“ initiiert haben. 2,5 Millionen Euro haben die Stadtwerke investiert. „Sie sind ein Tochterunternehmen der Stadt München und haben daher auch einen sozialen Auftrag“, erklärt Lisa Heidelmeyer vom Wohnforum, die das Projekt leitet.

Seit dem Start des Projekts im Februar 2009 ist Schink als einer von 50 Beratern unterwegs, in fünf bis sechs Haushalten pro Woche. Früher war er Informatiker bei den Stadtwerken, heute will er armen Menschen helfen. „Haben Sie ihre Strom- und Gasrechnung da?“, fragt er, und Fischer beginnt, Ordner aus ihrem Regal zu ziehen und darin zu blättern. Wichtig sei, sich die Verbrauchsspalte anzuschauen, sagt Schink. Hier sehe sie, wie viel sie wirklich gespart hat. Sie reicht dem Berater die Rechnungen. 1245 Kilowatt Strom hat sie vergangenen Monat verbraucht, 1200 ist der Durchschnitt für einen Ein-Personen-Haushalt. 1555 Kubikmeter stehen auf ihrer Gasrechnung, durchschnittlich sollten es 1485 sein. „Das ist alles in Ordnung“, sagt Schink.

Dann greift er zu einer Energiesparlampe. In einem Jahr spare diese den Kaufpreis von sechs bis sieben Euro ein, erklärt Schink. Eine 18-Watt-Energiesparlampe ersetzt eine 100-Watt-Glühbirne. Vera Fischer wird neugierig. Das hat sie nicht gewusst. Dass sie Geräte nicht auf Standby stellen soll, war ihr allerdings vorher klar. „Ich habe schon gesehen, dass sie das sehr gut machen“, sagt der Energieberater und blickt noch einmal prüfend in Richtung der Steckdosen. Die Steckerleiste lässt er trotzdem da. Sie gehört zu einer kostenlosen Energiesparbox, mit Energiesparlampe und Thermometer. Sie bietet Anreiz, sich beraten zu lassen.

Schink kommt zum kniffligsten Punkt der Beratung: Die Haushaltsgeräte. Bei den meisten Teilnehmern sind sie zu alt. Zusammen mit der Mieterin betritt er die Küche. Der Kühlschrank brummt, Schink öffnet ihn. Das Küchenpapier, das Fischer unter die Gemüseschubladen gelegt hat, ist ganz durchnässt. Ihr Kühlschrank schließt nicht mehr richtig, taut ständig ab, das Wasser läuft. Doch sie hat nicht mal genug Geld für einen neuen Wasserkocher. Ihr alter hat vor zwei Wochen den Geist aufgegeben. Eigentlich wäre der energiesparender, als Wasser auf dem Herd zu kochen, sagt der Energieberater.

Nach einer Stunde verabschiedet sich Schink. Er weiß, dass sich nicht viel ändert, wenn das Geld fehlt. Doch da wäre noch der Bericht. Darin notiert Schink, welche Geräte er empfiehlt. Die Stadtwerke und die Wohlfahrtsverbände suchen die dringendsten Fälle heraus, etwa jeder fünfte besuchte Haushalt erhält ein neues Gerät. Die Stadtwerke zahlen. Eigentlich bräuchte Frau Fischer auch eine neue Waschmaschine. Doch Schink muss sich entscheiden. Er wird wohl „Kühlschrank“ notieren.

Artikel von: Lissy Kaufmann (Der Beitrag erschien in der Abschlusszeitung der Deutschen Journalistenschule.)

Foto von: Dieter Schütz, pixelio.de

1 Kommentar zu “Mit dem Energieberater unterwegs”

  1. Robert Zajonz sagt:

    Grüß Gott Herr Schink,

    ich arbeite in der Pfarrei St. Franz Xaver in München Trudering und möchte gerne in Kontakt mit ihnen kommen.

    Mögen sie mich mal anrufen 91 96 33.

    Danke

    Eine gute Zeit

    Robert Zajonz

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