Näher am Menschen – Big Herrmann is watching you

Ins „Offenes Wohnzimmer“ haben heute die Münchner Grünen und die Grüne Jugend am Sendlinger Tor eingeladen. Dafür bauten sie ein Wohnzimmer mit Couch, Wohnzimmertisch, Stehlampe und Bücherregalen zwischen den Passanten auf. Mit der gemeinsamen Aktion wollen sie gegen sogenannten Bayerntrojaner protestieren.

Passanten sollte vor Augen geführt werden, was es heißt, wenn der Staat die Unverletzlichkeit der Wohnung nicht mehr respektiert und den Bürgern buchstäblich ins Wohnzimmer schauen kann. Tatsächlich haben sich aber nur Wenige in das doch recht gemütlich wirkende Wohnzimmer gesellt.

Die in der Kritik stehende Spionage-Software kann laut Chaos Computer Club (CCC) weit mehr, als sie dem Gesetz nach dürfte. Das bayerische Landeskriminalamt ist damit angeblich nicht nur in der Lage, Internet-Telefonate abzuhören und Chat-Protokolle zu erstellen – was mit richterlicher Erlaubnis noch legal wäre – sondern auch zu gesetzeswidrigen Aktionen.

„Das Bundesverfassungsgericht hat dem Einsatz solcher Software enge Grenzen gesetzt: Kein Nachladen von zusätzlicher Software, kein Zugriff auf die Festplatte, keine Möglichkeit, Verdächtigen falsche Beweise unterzuschieben“, erklärt Sarah Wetzel, Vorstandsmitglied der Grünen Jugend München. All das aber könnw die als Bayerntrojaner bekannte Software dennoch. „Man muss sich fragen“, so Wetzel, „wie ernst die CSU die Grundrechte in Bayern nimmt. Wir fordern deshalb, den Einsatz dieser illegalen Spionagesoftware sofort zu stoppen!“

Die Grünen sind sauer darüber, dass viele Spionage-Fälle zunächst verschwiegen blieben. Das bayerische Landeskriminalamt hat mittlerweile eingeräumt, dass sie den “Bayerntrojaner” seit fast drei Jahren insgesamt 22 mal eingesetzt hätten, zwölf mal davon allein in diesem Jahr. Das heißt also, es existieren weit mehr als die fünf Fälle, die die Regierung gegenüber dem Landtag im Juni angegeben hat.

Im Zentrum der Kritik steht aber, wie auch bei der Wohnzimmer-Aktion von den Grünen, Innenminister Herrmann. Er sagte bereits 2008: „Bayern wird als erstes Bundesland die Rechtsgrundlagen für Online-Durchsuchungen schaffen. Damit zeigen wir erneut, wer Marktführer im Bereich innere Sicherheit in Deutschland ist.“

Enthusiasmus erreichte er mit der Spionageaktion schon damals nicht – ebenso wenig wie heute. Thomas Pfeiffer, Vorstandsmitglied der Münchner Grünen, meint: „Mit dem Bayerntrojaner setzt die CSU ihr Motto ‚Näher am Menschen‘ in perfider Weise um: Big Herrmann is watching you.“

Fotos: Grüne München

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