„Es geht um das Gefühl, autark zu sein“

Das Unternehmen Prosol aus Wildpoldsried hat sich innerhalb von zehn Jahren einen Namen als Photovoltaik-Experte gemacht. Jetzt hat man sich das Ziel gesetzt, den von Stromdebatten verunsicherten Bürgern den Weg in das neue Energiezeitalter zu ebnen. Das Problem mit überlasteten Netzen will man mit Autarkie der Verbraucher lösen. Eine Sonnenbatterie soll den tags erzeugten Solarstrom nachts für Warmwasser und Heizung nutzen. Das hat uns neugierig gemacht. Bei der Präsentation der Anlage im Arabella Sheraton haben wir uns mit Prosol Invest-Chef Christoph Ostermann unterhalten.

Sehr geehrter Herr Ostermann, welche Vorteile hat die Sonnenbatterie jetzt genau?

Christoph Ostermann: Sie haben ja möglicherweise gehört, dass man, zum Teil auch zu Recht, die Erneuerbaren immer dafür kritisiert hat, nur dann Strom zu machen, wenn es keiner braucht. Wenn meine Fotovoltaik-Anlage Strom macht, brauche ich ihn vielleicht nicht unbedingt, insbesondere, wenn ich morgens mein Haus verlasse und in die Arbeit gehe, mittags nicht koche und sich mein Stromverbrauch auf die frühen Morgen- und die Abendstunden konzentriert, aber nicht beschränkt, denn selbst nachts hab ich ja meine Heizung, meine Tiefkühltruhe, meinen Kühlschrank laufen. Und das ist ein großes Problem. Dass heißt, das Thema Eigenverbrauch, wie es der Gesetzgeber mit dem EEG jetzt vorgibt bleibt eine theoretische Größe. Die meisten Haushalte erzielen mit ihren Solaranlangen einen Eigenverbrauch von vielleicht 15 Prozent.

Was bedeutet „Eigenverbrauch von 15 Prozent“? Was passiert mit dem Rest?

Eigenverbrauch ist so definiert, dass der Gesetzgeber ja gerne möchte, dass ich den grünen Ökostrom, den ich erzeuge, möglichst vollständig verbrauche. Und die Eigenverbrauchsquote bemisst sich dementsprechend. Wie viel des von mir produzierten Stroms verbrauche ich selbst? Die Frage ist nicht, wie viel von meinem Strombedarf ich mit den Erneuerbaren abdecke, sondern wie viel meines selber produzierten Stroms kann ich selbst verbrauchen. Und um die Netze zu entlasten will natürlich der Gesetzgeber, aber auch der Energieversorger, dass dieser Anteil wirklich hoch ist. Damit ich nicht tagsüber die Netze mit Solarstrom vollknalle, wenn es keiner braucht. Besser ist, wenn ich keinen Strom einspeise, sondern ihn selber verbrauche.

Warum hat der Energieversorger Interesse daran? Dann kann er ja nichts verkaufen.

Der Energieversorger hätte möglicherweise ein Interesse, weil er dann nicht in die Netzkapazitäten investieren muss. Und in der Summe wäre das bestimmt etwas, was das Netz entlasten würde. Das wäre letztendlich für den Konsumenten gut, weil die Investitionen in die Netze würden ja sonst wieder auf de Strompreis umgelegt werden.

Auf jeden Fall ist es so, dass es bei Photovoltaik ohne Hilfsmittel relativ schwierig ist, den Strom zu verbrauchen, den man erzeugt. Eben weil Produktion und Konsum zeitlich auseinanderfallen. Jetzt kann man natürlich sein Nutzungsverhalten ändern und sich massenhaft Zeitschaltuhren kaufen. Das ist aber eine schwierige Angelegenheit.

Die zweite Möglichkeit ist eben, dass man den Strom, den man tagsüber produziert, zwischenspeichert, wie man das bei einer Heizung auch macht. Da geht die Wärme in einen Wassertank. Bei uns fährt der Strom in die Sonnenbatterie und wir stellen ihn punktgenau zur Verfügung, wenn man ihn braucht.

Dass heißt, sie kommen abends nach Hause, schalten ihr Licht an, ihre Frau kocht etwas, die Kinder spielen an der Playstation und das alles passiert netzunabhängig mit dem eigenen Sonnenstrom, den sie tagsüber produziert haben.

Wie viel Energie geht bei der Speicherung verloren?

Der gesamte Wirkungsgrad des Systems liegt in etwa bei 85 Prozent.

Und warum wurde das noch nicht früher eingesetzt?

Weil sich die Spielregeln in den Märkten erst 2009 geändert haben, als der Gesetzgeber beschlossen hat, den Eigenverbrauch zu fördern. Vorher bestand noch kein Anlass, sich darüber Gedanken zu machen. Man muss sehen, dass der Photovoltaik-Markt ja zehn Jahre lang stereotyp – und ehrlich gesagt auch ein bisschen stupide – einfach stur auf Einspeisung gegangen ist. Weil die Anreize des Gesetzgebers ganz klar in diese Richtung gesetzt waren.

Also ist die Einspeisevergütung auch ein Hindernis gewesen, die Speicherkapazitäten weiterzuentwickeln?

Es war ein anderes System. Man hat gesagt, man soll den Strom einspeisen und kriegt dafür Geld – deswegen war das mehr ein Renditemodell. Wenn man heute mit Kunden spricht, die so eine Sonnenbatterie wollen, geht’s natürlich immer ein bisschen um Wirtschaftlichkeit, aber nicht nur um Rendite sondern um das Gefühl: Ich bin autark.

Und ich will mich nicht länger an der Nase herumführen lassen durch die Preisspirale beim Stromkreis, durch Ökostrommogelpackungen und all das, was damit zusammenhängt, sondern ich möchte gerne autark bleiben. Und ich möchte die Energiewende bei mir zu Hause, wo es mich auch wirklich interessiert.

Wie autark kann man denn wirklich sein, wenn man sich so ein Gerät kauft?

Sie können, komplett betrachtet, nicht 100 Prozent autark werden, zumindest dann nicht, wenn sie diese Batterie mit Photovoltaik alleine betreiben. Und zwar weil im Winter die Sonneneinstrahlung nicht so stark ist und sie unter Umständen auch mal ein, zwei oder drei Wochen Schnee auf dem Dach haben und die Anlage einfach keinen Strom macht.

Im Schnitt kommen wir auf 70 Prozent Eigenverbrauch. Es gibt auch Objekte, da kommen wir auf 85 Prozent, das ist aber das absolute Maximum. Wir sehen uns auch nicht als Unternehmen, das nur Richtung Photovoltaik orientiert ist, sondern wir wollen diese Autarkie maximieren und werden deswegen in den nächsten Jahren neue Wege gehen und die Photovoltaik ergänzen.

Im ersten Schritt um eine Kleinwindanlage. Weil sich die Kurven der Energieleistung von Photovoltaik einer Kleinwindanlage sehr gut ergänzen. So kann man, wenn die Photovoltaik im Winter „underperformed“ und nicht so viel Strom produziert, das Ganze kompensieren durch eine Kleinwindanlage, die eben genau dann, im Herbst und im Winter, gut funktioniert.

Wie muss man sich das praktisch vorstellen? Errichten Sie dann ein Windrad in meinem Garten?

Nein, die kann man sich auf den Giebel des Hauses schrauben. Das Thema – oder Problem – hierbei ist nicht eine Genehmigung, das alles ist genehmigungsfrei, sondern es sind die Geräusche. Da geht es um Schallemissionen und um Körperschall. Also ob das Ding vibriert, ob man es im Haus hört. Problem ist, das es in Deutschland niemand gibt, der da flächendeckend Erfahrung hat. Deswegen werden wir Anfang des Jahres 2012 unseren ersten 50 Kunden so eine Windanlage schenken, weil wir das gerne testen würden und die Felderfahrung hätten. Wenn die sagen „Nee, das ist doof und zu laut“, dann nehmen wir es halt wieder mit.

Was kostet denn so ein Gerät?

Die Sonnenbatterie gibt’s in verschiedenen Größen. Das Einstiegs-Modell, dass auf das durchschnittliche Eigenheim ausgerichtet ist, kostet 12.400 Euro.

Die Lebensdauer der Batterie ist ja oft ein Problem, wie lange hält die Sonnenbatterie?

Die Batterie machen wir ja logischerweise nicht selbst. Wir haben die Welt bereist und es gibt zwei Wirtschaftsräume, wo man gucken kann: Und zwar in den USA und in China. Wir haben darauf geachtet, dass die Batterie für unser Einsatzfeld passt, dass heißt keine Sicherheitsrisiken wie bei Lithium-Ionen mit Überladung und Explosionen und keine Bleibatterien, weil die Zyklenfestigkeit (Anzahl der Be-und Entlasungszyklen einer Batterie, entscheidend für die Lebensdauer, Anm. d. Red.) nicht gegeben ist und auch zu viel Platzbedarf da ist.

Sind da andere Länder schon weiter in dieser Technik?

Alle leistungsstarken Batterien, die wir heute kennen, kommen aus der Elektromobilität. Und in anderen Ländern ist Elektromobilität wesentlich weiter verbreitet als hier. Zum Beispiel eben in China oder in Großstädten wie Rom oder Paris, da fahren jede Menge Vespas und Roller rum, aber man hört sie nicht, weil sie alle mit Strom fahren. Auch Busse oder Taxen fahren mit Strom, das ist da alltäglich. Hier sagen alle „Wow!“ gibt’s ja gar nicht. Bei uns ist man damit noch ein totaler Exot. Ich glaube, dass dieses Thema Energiespeicherung viele Batterie-Hersteller noch nicht erkannt haben, weil ja auch hier Deutschland eine exponierte Vorreiterstellung einnimmt.

Wie groß ist die Umweltbelastung durch die Produktion und den Elektroschrott, der dann nach 30 Jahren von Ihrer Sonnenbatterie übrig bleibt?

Die Umweltbelastung durch so eine Batterie ist sicherlich kleiner als bei einer Bleibatterie. Wir haben auch Wert darauf gelegt, dass wir keine Batterien verwenden, in denen seltene Erden drin sind. Am Ende ist es dann aber so, dass die Rohstoffe, die in diesen Batterien verwendet wurden, so werthaltig sind, dass Recycling da Sinn macht. Und deshalb gibt’s bereits Ansätze von Standards in dem Bereich.

Und die Sonnenkollektoren selber? Da hört man ja auch immer wieder Geschichten über die Effizienzprobleme …

Ja, da war ja am Anfang immer die Diskussion um Energie-Input und Energie-Output. Wie viel Energie muss man aufwenden, um Energie zu erzeugen …

Und die Argumente tauchen noch immer auf, wenn man über Solartechnik diskutiert. Wie sieht diese denn heute wirklich aus?

Soweit ich weiß, sind aus 15 Jahren ungefähr fünf geworden. Dann hat man wieder so viel Energie rausgeholt, wie für die Produktion der Anlage reingesteckt wurde. Man muss auch sehen, dass die Förderung dieser total unwirtschaftlich Technologie ganz am Anfang mittlerweile einen Scheidepunkt erreicht hat. Rückblickend kann man sagen: Die Förderung hat sich gelohnt und hat eigentlich dazu geführt, dass man eine Technologie entwickelt und praktisch erprobt hat, die irgendwann selbstständig laufen kann. Und aus meiner Sicht sind wir an diesem Punkt.

Wo sind Ihrer Meinung die wichtigsten Stellschrauben, um die Energiewende so zu schaffen, dass wir einerseits schnell auf Atomkraft verzichten können und andererseits die CO2-Emissionen vermeiden?

Die größte Stellschraube ist es, dem Konsumenten klar zu machen, dass es vernünftige und bezahlbare Lösungen gibt. Wir merken in der Praxis, dass das größte Hindernis ist, das solche Lösungen nicht bekannt sind. Und das auch diejenigen, die Zugang zum Konsumenten in Sachen Energie haben, wenig Interesse haben, das Ganze zu „promoten“.

Es geht gar nicht mal so sehr um Wirtschaftlichkeit, sondern es geht den Kunden um Autonomie und darum, einen persönlichen Beitrag zur Energiewende zu leisten und als Pionier einem neuen Energiezeitalter den Weg zu ebnen.

Das sind Leute, die auch stolz darauf sind, was sie tun, und das zu Recht. Aber man muss erstmal diese Leute erreichen, und das ist schwierig.

Weitere Informationen: www.sonnenbatterie.de

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