„Die Leute würden gern investieren“

Interiew: Susanne Schwarz

Auch grüne Geldanlagen müssen finanziell stimmen, sagt Jörg Weber. Schwer, wenn die Bundesregierung der Energiewende Steine in den Weg legt. Der Veranstalter der Messe „Grünes Geld“ hat den Markt über Jahre beobachtet. Am Wochenende fand die Messe wieder in Freiburg statt. Im Gespräch mit klimaretter.info erklärt Weber, was eine ethische Anlage ist – und wie man am besten einsteigt.

Jörg Weber ist Journalist und Volljurist. Die Messe „Grünes Geld“ organisiert er als Geschäftsführer bei Ecoeffect, einem Dienstleistungsunternehmen im Bereich der nachhaltigen Investments. Beim Portal Ecoreporter beschäftigt er sich zudem publizistisch mit grünen Geldanlagen. Teil 6 unseres Dossiers: So legen Sie Ihr Geld gut grün an. 

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klimaretter.info: Herr Weber, wie ist Ihre Messe „Grünes Geld“diesmal gelaufen – sind Sie zufrieden?

Jörg Weber: Ja, sehr. Wir haben schon Rückmeldung von den Ausstellern, dass das Publikum sehr interessiert war. Die meisten Stände wurden von 10 bis 18 Uhr bestürmt – die hatten alle Probleme, überhaupt einmal eine Pause zu machen.

Die Messe „Grünes Geld“ gibt es in verschiedenen deutschen Städten schon seit 1999. Ist das Thema mittlerweile Mainstream?

Das ist noch eine Nische!

Was hat sich denn in den vergangenen zehn Jahren auf dem „grünen Investmentmarkt“ getan?

Also, es ist schon ein Trend, dass die Menschen die Bank wechseln. Die grünen Banken wachsen sehr stark und auch die Kirchenbanken werden immer nachhaltiger. Auf der anderen Seite muss man sagen, dass der Markt der Geldanlageprodukte nur sehr langsam wächst.

Wir haben Jahre mit großem Wachstum bei erneuerbaren Energien gehabt, und das wurde auch von privaten Anlegern finanziert, aber die Energiewende ist jetzt auch durch die Regierungspolitik ins Stocken geraten. Das merkt man auch bei den grünen Finanzprodukten. Die Anleger sind gewillt im Bereich Klimaschutz anzulegen, aber sie finden da gerade wenig Produkte.

Wer ist der typische „Grünes Geld“-Messebesucher? Und: Was macht man überhaupt auf so einer Messe?

Man kann sich einfach direkt mit den Anbietern unterhalten. Es ist wichtig, persönlichen Kontakt zu haben und Fragen stellen zu können, auch kritische. Der durchschnittliche Besucher ist eher um die 60 und hat auch freies Vermögen.

Also hauptsächlich Privatpersonen?

Ich denke, gut 90 Prozent sind privat hier. Dann haben wir aber auch immer ein paar Profis, die sich zum Beispiel für Projektfinanzierung interessieren.

Hat der Fall Prokon das Vertrauen der Anlieger erschüttert?

Ja, das muss man sagen. Man muss aber auch sagen, dass das die Besucher von „Grünes Geld“ nicht so sehr betrifft. Der typische Besucher ist erfahren und kann einordnen, was bei Prokon los ist. Der Fall hat die Branche erschüttert, aber nicht die Leute, die sich gut informiert haben. Wir haben auch immer wieder gesagt: Prokon darf auf unserer Messe nicht ausstellen.

Immer wieder liest man: Viele Öko-Anlagen sind eher Greenwashing als wirklich nachhaltig. Es gibt keine einheitlichen Standards, die sozial-ökologische Investitionen definieren. Wie unterscheiden Sie zwischen „richtigen“ und „falschen“ Anbietern?

Wir lassen viele nicht zu, auch wenn sie ausstellen wollen. Wenn wir als Veranstalter Bedenken haben, ob ein Produkt finanziell hinhaut, dann wollen wir solche Anbieter nicht als Aussteller. Es nützt der Nachhaltigkeit nichts, wenn die Anleger Geld verlieren. Und dann gibt es auch Anlagen – etwa Palmöl-Investments – wo wir trotz Öko-Siegel sagen: Das ist uns zu unsicher, vielleicht nicht nachhaltig genug. Das wollen wir auch nicht.

Ansonsten wollen wir nicht die Meinungspolizei spielen und sagen: Nur das und das ist ethisch. Das könnten wir auch gar nicht. Ein Beispiel. Es gibt Interessenten, die sagen: „Ich will investieren, ohne Tierversuche zu befördern!“ Das ist natürlich eine berechtigte Position. Andere aber sagen, es gibt Tierversuche für medizinische Forschung, die der Gesundheit von Kindern dient. Da wollen wir uns nicht einmischen. Aber: Wenn ein Anbieter sagt, er hat einen entsprechenden Fonds, dann prüfen wir, ob er sein Versprechen auch einhält.

Haben Sie schon einmal böse Überraschungen nach einer Messe erlebt, also Unternehmen, die im Nachhinein doch „nicht ganz koscher“ waren?

Ja, das letzte Beispiel war Windwärts. Die haben vor längerer Zeit bei uns ausgestellt, das mag drei Jahre her sein. Das Unternehmen ist jetzt insolvent. Ich glaube gar nicht, dass da böse Absicht hinter der Geschäftsidee stand, Windwärts hat einfach nicht so gut gewirtschaftet.

Man muss aber auch sagen: Branchen ändern sich und manche Unternehmen überleben das nicht. Windwärts ist ein sympathisches Unternehmen und ein ganz anderer Fall als Prokon. Als wir Windwärts zugelassen haben, haben wir nicht gesehen, wo das Problem bei denen stecken könnte – damals gab es auch noch gar kein Problem. Und ehrlich gesagt: Ein bisschen lag das Ende von Windwärts auch an der Energiepolitik der Bundesregierung.

Was ist gerade „in“ bei den Ökogeldanlagen?

Es geht immer noch um erneuerbare Energien. Die Leute würden gern in Wasserkraft investieren, wenn es entsprechende Investments gäbe. Einen neuen Trend sehe ich noch nicht.

"Es nützt der Nachhaltigkeit nichts, wenn die Anleger Geld verlieren", findet Jörg Weber. Die Deckelpläne der Bundesregierung übrigens auch nicht. (Foto: Nick Reimer)

„Es nützt der Nachhaltigkeit nichts, wenn die Anleger Geld verlieren“, findet Jörg Weber. Die Deckelpläne der Bundesregierung übrigens auch nicht. (Foto: Nick Reimer)

Was würden Sie dem kleinen Anleger raten, der zu einer ökologischen Geldanlage wechseln möchte – was ist gut für den Start?

Ich würde raten, vielleicht mit Festgeld bei einer grünen Bank anzufangen. Das ist ein sehr sicheres Investment. Natürlich sind die Zinsen niedrig – wie bei konventionellen Banken auch. Aber wer den Schritt zu einer grünen Bank gewagt hat, der findet dann auch meistens den nächsten Schritt.

 

 

 

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