Öko-Geldanlagen: Licht im Dschungel

von Susanne Götze

Gibt es verantwortungsvolle Geldanlagen? Entwicklungsorganisationen haben ethische Kriterien entwickelt, um Investitionen zu bewerten. So sollen die Anleger sicher sein, keine Kinderarbeit, Rüstung oder Kohlekraftwerke mit ihrem Ersparten zu unterstützen – sondern Projekte, die weder Mensch noch Umwelt schaden und auch noch einen Profit erwirtschaften. Teil 5 unseres Dossiers: So legen Sie Ihr Geld gut grün an.

Gibt man heute sein Geld in die Hände konventioneller Banken, Versicherungen oder gar Investmentfonds, kann man nie sicher sein, ob es in der Welt nicht Schaden anrichtet. Denn das sauer verdiente Geld soll ja für einen „arbeiten“ und dabei vor allem eines: Rendite abwerfen. Was es aber dabei anrichtet, wenn es für uns Profit „erwirtschaftet“, wissen viele nicht. Oder wollen es auch gar nicht wissen. Aber das ändert sich gerade.

Geld kann auch in "gute" Projekte investiert werden – bisher gibt es jedoch keine verbindlichen Rechtsnormen, was ethische Fonds genau leisten müssen. (Foto/Montage: Susanne Schwarz/ Adrien Tasic)

Geld kann auch in „gute“ Projekte investiert werden – bisher gibt es jedoch keine verbindlichen Rechtsnormen, was ethische Fonds genau leisten müssen. (Foto/Montage: Susanne Schwarz/ Adrien Tasic)

Weil mehr und mehr Menschen Wert darauf legen, dass ihr Geld keinen Schaden anrichtet, versprechen immer mehr Anlagefonds, ihre Investitionen nach sozialen und ökologischen Kriterien auszuwählen. Das Geld soll „verantwortungsvoll“ angelegt werden, als „ethisches Investment“.

In Europa sind derartige Investments allerdings gemessen am Gesamtmarkt noch Ausnahmen – auch wenn die Nachfrage in den letzten Jahren rasant stieg: Noch im Jahr 2001 lag der Anteil der sogenannten ethisch-ökologischen Fonds bei 0,7 Prozent. Damals gab es deutschlandweit weniger als 50 Fonds, die zusammen rund 2,4 Milliarden Euro investiert hatten. Heute sieht das schon ganz anders aus. 2013 haben laut dem Sustainable Business Institute (SBI) 383 als nachhaltig registrierte Fonds insgesamt rund 40 Milliarden Euro investiert.

Von 400 Fonds sind zehn wirklich „ethisch“

Begibt man sich in den nachhaltigen Anlagedschungel, sieht auf den ersten Blick alles sehr gerecht, sozial und umweltverträglich aus. Doch ist es das auch? Bislang gibt es keinen politischen Rahmen für den Markt mit ethischen Investments. „Ethik in der Geldanlage wird oft als Privatsache abgetan“, bedauert Antje Schneeweiß vom Südwind-Institut für Ökonomie und Ökomene in Siegburg bei Bonn. Von den rund 400 am Markt angebotenen Fonds folgten nur rund zehn wirklich strengen Kriterien, sagt die Finanzexpertin etwas ernüchtert. Bei allen anderen könnten ethisch fragwürdige Praktiken in der Wertschöpfungskette wie Fracking oder Kinderarbeit nicht ausgeschlossen werden. „Die Weltwirtschaft funktioniert nicht nachhaltig – deshalb ist es auch schwer, Geld nachhaltig anzulegen“, so Schneeweiß. Die unglaublichen Mengen an Anlagekapital würden in vorhandene Unternehmen angelegt. „Neue Wirtschaftsstrukturen und nachhaltige Geschäftsideen werden kaum an den Kapitalmärkten geschaffen und umgesetzt, sondern von der Politik und von Unternehmen.“ Ebenso wie bei Bioprodukten und Fairem Handel kann man sich also nicht allein auf gut klingende Namen verlassen. Je nach Angebot kann man ein bisschen oder vollständig ethisch korrekt investieren – oder irgendwo dazwischen.

Aber es gibt Hilfe: Rat kann man etwa bei den Verbraucherzentralen einholen. Neben der Anlageberatung entwickeln die Verbraucherzentralen Marktübersichten und stellen beispielsweise Best-Practice-Listen zusammen. „Bei den Fonds raten wir den Anlegern immer zu schauen, in welche Firmen genau investiert wird – oft gibt es dann ein großes Staunen, wenn plötzlich BMW oder Starbucks in Nachhaltigkeitsfonds auftauchen“, erklärt Ulrike Brendel von der Verbraucherzentrale Bremen. Auch sie meint: „In der Politik tut sich seit Jahren nichts, um dem Wildwuchs bei ethischen Investments zu begegnen.“ Brendel kümmert sich um klimafreundliche Geldanlagen und ist sich sicher, dass nur gesetzlich verbindliche Mindeststandards das Greenwashing in der Branche stoppen könnten.

Mittlerweile ist der Markt für die einstigen Nischenfinanzprodukte auch zunehmend professionell geworden. Es haben sich private Bewertungsagenturen gegründet, die Produkten und Unternehmen ein Zeugnis ausstellen und deren Handeln transparent machen sollen. Beispiele sind Imug Investment Research oder  Oekom Research. Und der Fachverband Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) ist gerade dabei, ein Label für ethische Investments zu entwickeln. Ähnlich wie in der Bio-Branche sollen so eine Mindest-Sicherheitsgarantie für Anleger geschaffen und „schwarze Schafe“ kenntlich gemacht werden.

Best Practice: Was ist wirklich politisch korrekt?

Ein Beispiel für sogenannte Best Practice ist der Fairworldfonds: Die Hilfsorganisation Brot für die Welt hat 2010 zusammen mit dem Südwind-Institut Kriterien für ethische Investments entwickelt und sie an die Gründer eines Fonds weitergereicht. Dabei gründeten mehrere der Nachhaltigkeit verpflichtete Organisationen wie die GLS Bank zusammen mit der Genossenschaftsbank Union Investment den Fairworldfonds.

„Unsere Kriterien für nachhaltige Investments gelten als die strengsten auf dem Markt“, sagt Michael Türk, Unternehmensexperte bei Brot für die Welt. Die im Fairworldfonds angebotenen Aktien und Anleihen durchlaufen ein mehrstufiges Prüfverfahren. Dementsprechend gibt es „Ausschlusskriterien“ und „Positivkriterien“, nach denen eine Anlage oder ein Unternehmen im Fonds bewertet wird. Dennoch schauen die Gutachter auch nach guten Renditemöglichkeiten, damit sich die Anlage für den Kunden auch lohnt. Der Fonds hat ein Investitionsvolumen von rund 160 Millionen Euro. 50 Prozent der Anleger seien meist kirchliche Institutionen, der Rest eine stetig wachsende Zahl von Privatleuten. „Die Rendite liegt mit rund drei bis vier Prozent recht hoch“, erläutert Christian Müller von der KD-Bank für Kirche und Diakonie, die den Fairworldfonds unterstützt. „Gesellschaftliches Engagement heißt deshalb nicht automatisch Renditeverlust – im Gegenteil.“ Mittlerweile gebe es immer größeren Zulauf von „ganz normalen“ Anlegern, da der Fonds auch von herkömmlichen Banken wie der Volksbank angeboten wird. Auf diesem Wege könnten über die instititionellen Anleger hinaus noch mehr Menschen erreicht werden.

Ethische Fonds wie der Fairworldfonds wollen zeigen, dass man auch mit sozial und ökologisch vernünftigen Anlagen Geld verdienen kann. Im Bild ein ländliches Solarprojekt in Surinam. (Foto: GVEP)

Ethische Fonds wie der Fairworldfonds wollen zeigen, dass man auch mit sozial und ökologisch vernünftigen Anlagen Geld verdienen kann. Im Bild ein ländliches Solarprojekt in Surinam. (Foto: GVEP)

Der Fonds ist für die Non-Profit-Organisation Brot für die Welt eine Art Experimentierfeld: „Wir wollen nicht immer nur reden, sondern zeigen, dass es möglich ist, in Finanzprodukte mit hohen ethischen Anforderungen zu investieren,“ sagt Bankvertreter Müller. Organisationen wie Brot für die Welt haben ihr Engagement bisher auf die Beratung im Kriterienausschuss beschränkt – eine politische Forderung mit einer entsprechenden Kampagne zur Festschreibung sozialer und ökologischer Standards bei marktüblichen Anlageformen gibt es nicht. „Die Investoren und Anleger müssten diese Kriterien bei den Unternehmen einfordern“, meint beispielsweise Türk von Brot für die Welt. Dies sei der effizienteste Weg, um im konventionellen Investmentsektor wirklich nachhaltig etwas zu ändern.

 

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