Stadtverbesserer (10) Hege Wiedebusch

Über 1,3 Millionen Menschen leben in München. Im Vergleich zur hohen Einwohnerzahl sind Grünflächen in der Stadt eher rar. Hege Wiedebusch vom Projekt ÖKOLOGISCHE STADTVERWALDUNG will das ändern. Mehr Bäume, weniger Autos! Und weil München nie grün genug werden kann, ist Hege unser neuer Stadtverbesserer.

5 MAL ÖKOLOGISCHE STADTVERWALDUNG

1. Warum tust du das?
Derzeit werden in München täglich etwa 1.500 qm (freie) Stadtfläche neu überbaut – für zusätzliche Wohnungen, Gewerbegebäude und Straßen. Das war auch vor zehn Jahren schon die Größenordnung beim Münchner Flächenverbrauch. München ist heute mit einer Bevölkerungsdichte von mehr als 4.200 Einwohner/innen je qkm die dichtest bebaute bundesdeutsche Großstadt und mit weniger als 30 qm öffentliche Grünfläche je Stadtbewohner/in eh schon die GRÜN-ärmste Kommune.
Da können wir uns als Stadtgesellschaft natürlich fragen: Wie soll das mit der Stadtentwicklung weitergehen?
Da können (und müssen) wir fallweise natürlich auch demonstrieren, jetzt eben >Rettet die Münchner Freiheit!<, um die letzten übriggebliebenen Kultur-Biotope in den alten Stadtquartieren zu schützen. Ich pflanze überwiegend auf Restflächen im Münchner Nordosten seit 10 Jahren Bäumchen, bis daraus kleine Wald-Inseln entstehen – das könnte als eine schleichende subversive Aktion bezeichnet werden.

2. Worum geht es bei deinem Projekt?
Rein statistisch betrachtet geht es bei der ÖKOLOGISCHEN STADTVERWALDUNG um die Erhöhung der Waldfläche von 8,5 qm je Münchner/in auf (?) qm, . . . Aus der gesellschaftlichen und politischen Perspektive gesehen könnte aus der ÖKOLOGISCHEN STADTVERWALDUNG ein wirksamer Beitrag zum Klimaschutz entwickelt werden – zumindest in der unmittelbaren Umgebung der neuen Wald-Inseln verändert sich das sommerliche Kleinklima positiv. Darüber hinaus ist die ÖKOLOGISCHE STADTVERWALDUNG eine (künstlerische?) Gestaltungs-Maßnahme zur Veränderung der Stadt-Landschaft, bzw. eine urbane Landschafts-Gestaltung zur Schaffung von Stadt_Natur_Räumen.

3. Wie lang war der Weg von der Idee bis zur Umsetzung?
In der Anfangszeit der BN-Kindergruppe JOKI gab es die ersten Pflanz-Aktionen 1998 mit den Holz-Resten von Weidenbau-Aktionen und Baumsetzlingen, die im Frühjahr als Sämlinge aus Rasenflächen „gerettet“ wurden, bevor die Stadtgärtner und Hausmeister mit ihren Rasenmähern zum ersten Mal losfuhren. In den Jahren danach kamen so langsam die Erweiterungsflächen dazu und dann wachsen in einem Jahrzehnt die Stecklings-Austriebe der Weiden und die Bäumchen zu richtigen Bäumen heran. Das Wachsen passiert von Natur aus, ich habe hier nur den Bäumen bei der Ortswahl ihrer neuen Standorte geholfen.

4. Woran könnte es scheitern?
Am Arbeitsfleiß der Stadtgärtner vielleicht? Nun, jetzt nach zehn Jahren ist diese Gefahr nicht mehr sehr groß. Daher habe ich in diesem Jahr 2011, dem >Internationalen Jahr des Waldes< damit begonnen, mein kreatives Projekt der ÖKOLOGISCHEN STADTVERWALDUNG mit Führungen im Programm von >BayernTour Natur 2011< öffentlich vorzustellen und mit der Pressearbeit dafür begonnen. Und weil die Münchner Stadtverwaltung Ende 2010 die gut bewachsene Fläche am Salzsenderweg als einen möglichen Standort für einen Dirt-Park entdeckt hat und hier die entsprechende Projekt-Planung so kurz vor der Weihnachtspause noch „unauffällig“ in der Tagesordnung einer Stadtratssitzung durchgeschoben wurde, macht eine offensivere Öffentlichkeitsarbeit jetzt auch besonders viel Sinn.

5. Warum sollte man mitmachen?
A) Weil es Spaß macht – beispielsweise.
B) Weil es selbst in München überall noch kleinere und größere Restflächen gibt, die von Natur aus selbstverständlich auch ganz von alleine zuwachsen würden – solange die Flächen nicht regelmäßig mit Maschineneinsatz „gepflegt werden“ – und wo Maßnahmen der vegetativen Nachverdichtung diesen Verbuschungs- und Verwaldungs-Prozess erfolgreich beschleunigen können.
C) Weil die ÖKOLOGISCHE STADTVERWALDUNG in dicht bebauten Stadtquartieren wertvolle Natur-Erlebnis-Räume für Kinder und Jugendliche schafft.

5 MAL MÜNCHEN

1. Münchens in drei Worten:
Rettet München jetzt!

2. Wo ist in München für Dich die Welt immer in Ordnung?
Das wird immer schwieriger zu beantworten. Vor 15 Jahren konnte ich noch raus aus dem Haus, mich nach fünf Minuten Radeln einfach ins Gras setzen und sah (damals aber auch nur noch in bestimmten Richtungen) in der Ferne nur Wiesen, Felder und Bäume. Jetzt bräuchte ich Scheuklappen zum Schauen, um die vielen Kräne am Horizont des Münchner Umlandes ausblenden zu können.

3. Wochenends: Dein Ausflugstipp im Münchner Umland?
Soll ich mich hier jetzt als gemeiner Egoist outen? Zum Erholen fahre ich nach . . . (muss ich das jetzt wirklich verraten?). Aber ja doch: Zum Aufregen empfehle ich allen Mitmenschen in und um München bei Sonne und Regen noch das Isental zum Wandern – da ist es so wunderschön. Ohne selber dort gewesen zu sein, kann sich das der einbetonierte Mensch in der Großstadt gar nicht wirklich vorstellen. Und eben dort wird vielleicht nun doch noch eine Autobahn mitten hindurch- und drübergebaut. Weil es bei uns noch zu wenige breite Autobahnen nach überall gibt? Oder weil der Mensch als Homo oeconomicus einfach nur dumm ist?

4. Wochentags: Deine drei wichtigsten Nahversorger?
Immer mit dem Rucksack in der Stadt unterwegs kaufe ich unsere Biomarken-Klassiker von Allos, Barnhouse, Byodo, Rapunzel & Scheitz in den Naturkostläden, wo ich gerade vorbeikomme. Obst und Gemüse kaufe ich gerne überall dort, wo es saisonal passend angeboten wird und hier sticht >regional & konventionell< dann auch >öko & hergeflogen<. Milch und Getränke hole ich mit meinem Einkaufs-Trolley in der Nachbarschaft von EDEKA, Tengelmann und ALDI (bei einem normal verdienenden Vierpersonenhaushalt steht Konsum-Dogmatismus unter „Schön wär´s“), für Brot in allen Sorten findet sich immer irgendwo eine Hofpfisterei-Filiale und für den kleinen Fleisch-/Wurst-Bedarf sind die Hermannsdorfer Landwerkstätten und die Landfrau-Metzgerei (in der Hofpfisterei) gute Adressen. Nachdem ich mit meiner Arbeit in Wechselschichten fast nie zeitlich passend zu Hause bin, haben wir leider keine TAGWERK-Abokiste mehr – als die Töchter noch kleiner waren, ist das sehr praktisch gewesen.

5. Kultur-Tipp: Was sollte man sich in München zur Zeit anschauen?
Falte ich die Tageszeitungen auf und schaue, wo es in der Stadt gerade etwas Interessantes zu sehen gibt, bin ich erst einmal erschlagen. Der Tag hat nur 24 Stunden, die Woche sieben Tage, . . . Und was habe ich in der vergangenen Woche verpasst? Weil ich im Spätdienst arbeiten musste, war ich leider am 17. Mai nicht bei der Kultur-Demo-Kundgebung >Rettet die Münchner Freiheit<, habe also weder Konstantin Wecker gehört und konnte dort auch nicht über die Pelzig-Barwasser-Rede zur möglichen Rettung von Schwabing und München lachen. Zum Nach-Lachen habe ich mir dann aber tagsdrauf den Zeitungs-Artikel mit der ganzen Rede aufgehoben.

5 MAL DU

1. Was darf in Deinem Kühlschrank nicht fehlen?
Milch für den Tee, wenn ich um Mitternacht von der Arbeit heimkomme.

2. Welches Buch sollte jeder lesen?
Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams – Das Buch fängt schon mit der besten Beschreibung an, wie Stadtplanung (ohne Bürgerbeteiligung) funktioniert.

3. Welchen Internetlink empfiehlst Du?
A) www.klimaretter.info
B) www.greencity.de
C) www.muenchner-forum.de
D) www.wichtlbaamschui.de
E) www.finanzgarten.net

4. Der beste Song zum Weltverbessern?
Was wollen wir trinken sieben Tage lang

5. Beichte: Welcher Klimasünde verfällst Du gerne?
Mein Verbrauch an bedrucktem Papier ist eindeutig zu hoch.

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