Spezial: Olympia 2018 – 131 Stimmen, 58 Prozent und 5 Ringe

Die Stimmen der Bürger in Garmisch sind ausgezählt. Demnach hat die Pro-Seite eine komfortable Mehrheit. Dennoch haben die Unterlegenen womöglich mehr Grund zur Freude als die eigentlichen Sieger. Einen Grund dafür findet man in der hier gezeigten Grafik.

Das Bild oben zeigt das Balkendiagramm mit dem Ergebnis zum Bürgerentscheid der Olympiagegner. Ihr olympiakritischer Antrag (unter der Überschrift: „Keine Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen! Gegen den Ausverkauf unserer Heimat!“) verfehlte nur knapp die Mehrheit.

Eine deutliche Mehrheit erreichte dagegen der Bürgerentscheid von Seiten der Olympia-Befürworter: „Ja zu Olympia 2018! Ja zu Olympischen Winterspielen und Paralympics in Garmisch-Partenkirchen!“, hieß es da.

Die Olympia-Unterstützer haben 58 Prozent der Stimmen für ihren Bürgerentscheid erhalten. Das steht fest. Fest steht aber auch, dass es kein großer Schritt nach vorne war auf dem steinigen Weg bis zum Entscheidungstag am 6. Juli.

Schriftlich haben wir jetzt, was alle wissen: Olympia ist ein Thema, das Garmisch bewegt. Fast 60 Prozent der rund 20.000 Wahlberechtigten wollten an der Entscheidung teilhaben. Mit 12.000 Bürgern machten sich fast so viele Menschen auf den Weg zur Wahlurne wie bei der letzten Kommunalwahl.

Mit der Mobilisierung ihrer Anhänger können beide Seiten zufrieden sein. Festzuhalten bleibt nach diesem denkwürdigen Abend in Garmisch aber auch, dass sich Pro und Contra mit dem Ausgang der Ergebnisse auch beide zufrieden zeigen. Was auf den ersten Blick verwirrt, ist eigentlich recht einfach.

Jutta Koller, Münchner Stadtratsgrüne und Mitinitiatorin der Seite „olympiJA.de“ sieht in dem Votum „einen klaren Sieg für Olympia“. Auf Anfrage von klimaherbst.de gibt sie ihre Erleichterung zum Ausdruck: „Ich bin super-froh, dass es ein klares Ergebnis gibt und nicht mal die Stichfrage nötig war.“

Das ist eine schlaue Antwort, denn die Stichfrage zeigt eine geringere Zustimmung als die eigentliche Pro- und Contra-Frage. Aber dazu später …

In Gesprächen mit den Olympiagegnern spürt noch das akute Bauchgrimmen. Nur 131 Stimmen fehlten bis zur Sensation. Dann hätte die NOlympia-Bewegung ihren Bürgerentscheid, der eine Überprüfung der Verträge zur folge gehabt hätte, ebenfalls vom Volke positiv bescheinigt bekommen.

Um einen Patt zu vermeiden, hätte dann die Stichfrage gezählt: Und dort waren die Mehrheiten nicht mehr so deutlich Pro-Olympia: Mit 54,91 Prozent zu 45,09 Prozent lagen die Olympia-Freunde nicht so deutlich vorne wie bei der ersten Frage. Warum? Das fragen sich derzeit in Garmisch viele Experten. Vermuten kann man wohl, dass viele Garmischer mit der komplexen Fragestellung des Bürgerentscheids überfordert waren.

Da die Stichfrage nicht nötig war, können die OlympJA-Aktivisten jubeln. Das tun sie auch. Aber eigentlich wohl weniger aus Freude als vielmehr um von den IOC-Funktionären im Fernsehen gesehen zu werden – so mutmaßen zumindest die Olympiagegner.

Nur Missgunst? Wohl kaum: Denn eine Mehrheit von 58 Prozent (oder laut Stichfrage womöglich nur 55 Prozent) in einer Bewerberstadt sind nach den Kriterien des IOC nicht gerade berauschend. Man erwartet dort eigentlich Zweidrittel-Mehrheiten. In Südkorea legen die Bewohner Pyeongchangs sogar 93 Prozent vor. Daher könnte das heutige Ergebnis aus Garmisch die Münchner-Bewerbung an ihrem wundesten Punkt treffen.

Christian Hierneis, Münchens Bund Naturschutz-Chef und NOlympia-Aktivist, ist sich sicher, dass das eine Vorentscheidung war. Für ihn stand schon vorher fest, jedes Ergebnis, das den Olympia-Befürwortern weniger als 60 Prozent Zustimmung bringt, „ist ein klarer Erfolg“.

Gegenüber klimaherbst.de sagte er nach dem Votum in Garmisch: „Das IOC wird sehen, dass es hier keine klare Mehrheit gibt, die die Olympischen Spiele will.“ Das Ergebnis sei sogar noch schlechter gewesen als die vom IOC durchgeführte Umfrage, die eine Zustimmung von 61 Prozent ergeben habe.

3 Kommentare zu “Spezial: Olympia 2018 – 131 Stimmen, 58 Prozent und 5 Ringe”

  1. Ralf Schmid sagt:

    @ Marco Eisenack:

    Möge der Landesvorsitzende entscheiden:

    „Ob die Olympia-Bewerbung unter diesen Voraussetzungen ein gewinnbringendes Projekt sein kann, ist äußerst fragwürdig. Denn fast die Hälfte vor Ort haben dem IOC nur ein Signal geben: Ihr seid hier nicht willkommen! Die Mär von der einhelligen Olympia-Begeisterung der Bevölkerung ist seit heute auf jeden Fall endgültig widerlegt.“
    http://blog.dieter-janecek.de/2011/05/08/burgerentscheid-olympia-2018-spaltet-garmisch-partenkirchen/

    😉

  2. Marco Eisenack sagt:

    Deutungshoheiten:
    Die Landtagsgrünen via Pressemitteilung: „Die Bewerbungsgesellschaft ist noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Aber für das IOC könnte es ein blaues Auge zu viel gewesen sein.“ (Ludwig Hartmann)
    Die Stadtratsgrünen via Pressemitteilung: „Stadträtin Sabine Krieger gratulierte den
    Olympia-Befürwortern zu ihrem Erfolg und wertete das Ergebnis als „klares
    Signal pro Olympia – auch an das IOC.“

  3. Sarah sagt:

    „grüne und Mitinitiatorin der Seite “olympiJA.de” sieht in dem Votum “einen klaren Sieg für Olympia”.“

    Naja. Für München ja, aber für Garmisch?

Kommentieren