Ein Sozialunternehmen, das Akzeptanz schafft: Working Between Cultures

Maria Prahl, Working Between Cultures

Maria Prahl (auf dem Bild links) ist neben Eliza Skowron und Elke Heublein eine der Gründerinnen von Working Between Cultures, einem Sozialunternehmen in München, das versucht, Menschen für ihre Verschiedenheit zu sensibilisieren und neue Perspektiven des Miteinanders zu schaffen. Wir sprachen mit ihr über die Vision und den Kern ihrer Arbeit und darüber, wie Stereotype überwunden werden können.

Wenn du jemandem in der U-Bahn erklären sollst, was du machst, wie drückst du dich aus?

Miteinander voneinander lernen. Wir setzen uns für ein Miteinander in der Gesellschaft ein und tun das mit Workshops, Publikationen und Beratungen.

Wie seid ihr auf die Idee zu „Working Between Cultures“ gekommen?

Wir haben uns vor 15 Jahren in einem Stipendienprogramm der Robert Bosch Stiftung kennen gelernt. Wir hatten die Idee, unsere Kompetenzen in Workshops zu nutzen und Menschen aus verschiedenen Kontexten zusammenzubringen, um verschiedene Perspektiven mit ihnen zu entwickeln. Wir möchten zeigen, dass Unterschiede etwas Tolles sind, man miteinander lernen kann und dadurch zusammenkommt. Das ist der Kern unserer Arbeit.

Was ist euer Ziel? Was möchtet ihr der Gesellschaft mitgeben?

Das große Ziel ist es, in einer Gesellschaft zu leben, an der alle Menschen, die teilhaben wollen, teilhaben können. In der alle in Akzeptanz zueinander leben, jede und jeder sein kann, wer er oder sie ist und sein will und anerkannt wird als Teil der Gesellschaft. Dann waren wir erfolgreich und werden nicht mehr gebraucht.

Was ist euch ganz wichtig im Team und in eurer Arbeit?

Unsere Werte und unsere Haltung: Ich bin ok – Du bist ok. Das wollen wir vermitteln. Uns ist auch wichtig, nicht zu versuchen, andere zu erziehen. Denn: Ich bringe was mit und lerne auch von dir. Das Miteinander ist ganz wichtig.

Unser Leitsatz lautet „Have a mision but don’t be a misionary“: Wir wollen nicht missionarisch auftreten und mit erhobenem Zeigefinger arbeiten, sondern gemeinsam an einen Punkt kommen, wo es für allen Sinn macht zusammen zu arbeiten.

Working Between Cultures

Working Between Cultures

Etwas allgemeiner: Wie kann gesellschaftliche Veränderung angestrebt werden?

Wenn man gesellschaftliche Veränderung bewirken will, sollte man immer dort anfangen, wo man steht. Da hat man viel Erfahrung und Kompetenz und kann leicht anfangen, was Gutes zu machen.

Wieso haben wir überhaupt Vorurteile, brauchen wir die? Ist das ein Schutzmechanismus?

Man muss erstmal Stereotype und Vorurteile unterscheiden: Vorurteile sind immer emotional aufgeladen, Stereotype sind Denkabkürzungen.

Wir brauchen Stereotype, um die Komplexität der Welt zu verstehen. Wenn ich eine Vorstellung darüber habe, wie etwas abläuft, geht es mir besser und dann reduziert sich mein Stress. Schwierig wird es, wenn ich nicht mehr bereit bin, diese Stereotype zu überprüfen. Dann kommt es zu Vorurteilen und „Unbewussten Bias“, das sind ganz tiefe Vorannahmen, wie zum Beispiel, dass die Mutter das bessere Elternteil sei. Bias sitzen sehr tief, die müssen reflektiert und verlernt werden.

Stereotype können uns aber oft auch helfen. Wichtig ist, bereit zu sein, sie permanent zu reflektieren und zu hinterfragen. Und offen zu bleiben. Das offen bleiben fällt vielen sehr schwer.

Wie arbeitet ihr an Stereotypen?

Wir verwenden gerne die Metapher des Gartens: Es hilft nichts, sich nur um die Pflanzen im Garten zu kümmern. Man muss auch den Boden nähren: Wenn der Boden ganz hart ist, kann man die Pflanzen noch so gut umsorgen, das wird nichts nützen. Wir kommen nicht mit der Spitzhake und brechen die Erde auf. Wir setzen Impulse um Stück für Stück die Strukturen aufzulockern. Das dauert manchmal ganz schön lange, dafür sind die Erfolgsgeschichten hinterher umso schöner.

Wie lernt man „Offen sein“?

Es gibt keine Do’s und Don’ts für die Offenheit: Man muss die Kompetenz dazu erwerben und keine Regeln auswendig lernen. Versuch, in Perspektiven zu denken: Was ist drinnen an persönlichen und situativen Aspekten, Machtverhältnis? Macht ist ein weiter Begriff: Wenn ich die Muttersprache Deutsch spreche und jemand anderes nicht, dann befinden wir uns schnell in einem Machtbias. Versuch, dein Gegenüber zu verstehen.

Was ist Kultur für dich?

Für uns sind Kultur Werte, Normen und Verhaltenserwartungen, die Rituale einer Gruppe. Es kann sein, dass in einer Organisation die IT-Abteilung Schwierigkeiten mit der Personalabteilung hat. Neulich hatten wir in einer Organisation Probleme zwischen denen, die Soziale Arbeit leisten und denen, die intern Projektanträge machen. Ein andermal gab es in einem Hort „Kulturstress“ zwischen den HorterzieherInnen und den GrundschullehrerInnen. Hier ist auch ein Perspektivenwechsel wichtig: Ihr habt diese Kompetenz, die anderen haben jene. Wie bringen wir das zusammen?

Kulturunterschiede sehen wir in Ländern, Hintergrund, Ausbildung, Elternhaus, Alter. Auch intro- und extrovertiert zu sein sind verschiedene Kulturen.

Das Ziel ist es, dass in einer Gruppe jeder Mensch seine Stärken einbringen und ganz er oder sie selbst sein kann. Daran arbeiten wir.


Mehr Infos über Working between Cultures findest du hier. 

Kommentieren