Autos macht die Biege!

Vogelzwitschern, Stimmengewisper, Windböen und Wasserrauschen- so hörte sich das Westboulevard der Isar zuletzt vor ziemlich genau einhundert Jahren an, bevor wir begannen mit unseren Blechkarossen die schöne Uferpromenade blitzschnell und gedankenlos entlangzurauschen. Am kommende Wochenende holen sich die Münchner Fußgänger ihr „Isarboulevard“ für 48 Stunden zurück.

Vom Freitag dem 14.06 um 20 Uhr bis Sonntag 23.06 um 20 Uhr bekleiden Studenten der Akademie der Bildenden Künste das Westufer der Isar zwischen der St. Maximilian Kirche, Isarvorstadt und dem Fluss selbst mit einem überdimensionalen Zebrastreifen. Mit Hilfe einer Streifenmaschine wird der gesamte Uferabschnitt, die Straße, das Ufergrün und die angrenzende Häuserfassade, in dem Streifenmuster markiert, um einen Raum des Verweilens, der Begegnung, Toleranz und Respekts zu kreieren. Zudem wird an den beiden kommenden Wochenenden die parallel zur Isar verlaufende Wittelsbacherstraße für den PKW Verkehr gesperrt, sodass die Passanten picknicken, flanieren oder einfach nur das Rahmenprogramm genießen können. Konzerte, Performances, Führungen, Gottesdienste und Diskussionen erwecken das Westufer zu neuem Leben und Flair.

Offene Gemeinde am Fluss

Enstanden ist das Projekt „Öffnungszeiten“ aus einem Gedankenspiel von Pfarrer Rainer Schießler. Er und seine St. Maximilian Gemeinde leben, allem Autoverkehr zum trotz, schon seit Jahren eine offene Kirche am Fluß. Ein Zebrastreifen war für Schießler der logisch geschlussfolgerte Wunsch. Dass dieser nun Wirklichkeit wird, verdankt die Gemeinde vor allem dem Arbeitskreis Isarlust. Bereits seit zwei Jahren inziieren das Münchner Forum und die Vögelgezwitscher, Stimmengewirr, Fahrradklingeln, Wasserrauschen- so hörte sich das urbanauten unter diesem Synonym Diskussionen um die gesellschaftliche und kuturelle Wiederbelebung des Isarufers. Mit Unterstützung von Münchner Politikern wie Sabine Nallinger, Josef Schmid, Dieter Reiter und Wolfgang Heubisch konnte das Projekt „Notre Dame sur l’Isar“ jetzt durchgesetzt werden. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde St. Maximillian und gefördert von der Erzdiözese München und Freising sollen Kunst- und Kulturprojekte die Münchner zum Gedankenaustausch über ein interaktives Boulevard vor der Maximiliankirche und im angrenzenden Isarraum anregen. Die Installation „Öffnungszeiten“ ist der erste Teil der Projektreihe, zwei weitere im Herbst und Winter sollen noch folgen.
Während Autos am Wochenende bei der Isar die Biege machen müssen und auf die Alternativstrecke über den neuen Richard-Strauß-Tunnel bzw. den Mittleren Ring ausweichen müssen, dürfen Anwohner und Busse das Boulevard weiter passieren.

Bushaltestelle Notre Dame sur l’Isar

Deswegen haben sich auch die Mitarbeiter der Münchner Verkehrsgesellschaft von den künstlerischen Ideen beflügeln lassen und ihr eigenes Projekt gestartet: eine temporäre Bushaltstelle „Notre Dame sur l’Isar direkt vor der St. Maximiliankirche. So droht dann hoffentlich auch kein Verkehrschaos vor dem abgesperrten Fußgängerbereich.
Wenn Ihr Lust bekommen habt die „Blechkapseln“ und die Isar mal ganz neu zu erleben:
Los geht’s am Samstag, 15.06. um 17 Uhr in und um St. Maximilian mit einem Eröffnungspicknick und Vernissage der Großinstallation „Öffnungszeiten“ und mehrer Einzelwerke der Studenten der Kunstakademie.

Foto: urbanauten.org

Kommentieren