Die Mietrechtsänderung: das heitere Mieterhöhungsspiel

In Investoren- und Vermieterkreisen wurde bislang gebetsmühlenartig über das „übertriebene“ Mietrecht geklagt. Es sei zu mieterfreundlich und zudem unrentabel für den Vermieter bzw. den Bauherren. Schließlich habe man als Vermieter ja quasi einen natürlichen Rechtsanspruch auf Refinanzierung seiner Unkosten durch den Mieter. – Jetzt scheint sich das Blatt gewendet zu haben, denn nun hört man von dieser Klientel nur lobende Worte über das Mietrechtsänderungsgesetz seit 01. Mai 2013.Was hat zur Stimmungsaufheiterung denn so beigetragen?

Zunächst ist der „überarbeitete“ § 559 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB: „Mieterhöhung nach Modernierungsmaßnahmen“) zu betrachten, der die Umlage der Investitionskosten der wohnwertverbes- sernden und energetischen Modernisierungsmaßnahmen neu regelt.

Unverändert können demnach 11 Prozent der Investitionen jährlich auf die Miete- rinnen und Mieter umgelegt werden. Nur zur Klar- heit: Manche Politiker meinen daher, die Modernisierungsmiete steige eben nur mal um die genannten 11 Prozent. Ein fataler Irrtum, wie sich in der Realität immer wieder zeigt. Nach unseren erhobenen Daten resultieren daraus Modernisierungszuschläge in Höhe von 50 bis 130 Prozent auf die bisherige Miete. Solche exorbitanten Mieterhöhungen sind für die meisten Miethaushalte nicht zu verkraften. Hinzu kommt, dass mit der Modernisierungsumlage die Investitionskosten innerhalb von zehn Jahren durch die Mieter aufgebracht und damit abbezahlt sind, die erhöhte Miete darf aber dennoch weiterhin verlangt werden. Das Ergebnis? Die Entmietung über den Geldbeutel setzt ein!

Richtig freuen sich die Investoren über die Neuerung, dass die Mieter die Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 555 d Abs. 2 BGB (neue Fassung)zukünftig auch dann dulden müssen, wenn die zu erwartende Mieterhöhung für sie eine „wirtschaftliche Härte“ darstellt. Nach der alten Gesetzeslage konnten Mieter eine Modernisierung verhindern, wenn diese für sie eine Härte bedeutet.

Wer die Miete nicht zahlen kann, dem droht die Räumung

Aber jetzt wird noch eins draufgesattelt! Mit der Änderung des Mietrechts hat man gleich mal auch die Zivilprozessordnung „angepasst“. Sollten jetzt die Mieter diese hohen Mieten nicht mehr zahlen können und keinen adäquaten (Ersatz-)Wohnraum finden – man fragt sich: wo denn in München? –,kann er dann in der bisherigen Wohnung bleiben? Da hat nun der Gesetzgeber den Vermietern das Werzeug des Räumungsprozesses an die Hand gegeben, und zwar im Turbogang (das sogenannte Beschleu- nigungsgebot). Künftig müssen die Gerichte Räumungssachen also vorrangig und beschleunigt bearbeiten. Kommt es nach der Kündigung auch noch zum Zahlungsrückstand, darf der betroffene Mieter auf Anordnung des Gerichts auch noch Sicherheiten wie Geld oder Wertpapiere hinterlegen. Begründet wird dies mit dem „Kampf gegen die Mietnomaden“. Es muss hier die Frage erlaubt sein, ob denn die Mieter, die sich die Mieten einfach nicht mehr leisten können, damit auch zu dieser Spezies zählen?

Fragliche Vorteile für die Mieter

Aber, so sagt man, auch die Mieter haben doch Vorteile durch die Mietrechtsänderung erfahren.
Ja, natürlich. Da hat man zum Beispiel die Länder ermächtigt, die bisherige Kappungsgrenze, damit ist gemeint, dass die Miete (Kaltmiete) innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als 20 Prozent steigen darf, für ausgewählte Städte auf 15 Prozent zu reduzieren. Dass die Herabsetzung der Kappungsgrenze allerdings nur für maximal fünf Jahre gelten soll, wird einfach nicht erwähnt.

Oft wird auch „vergessen“ zu sagen, dass die Kappungsgrenze nur bestehende Mietverhältnisse und nicht die Modernisierungsmieten betrifft.

Ja, und dann hat man den Kündigungsschutz bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verbessert. Damit wurde die Umgehung des Kündigungsschutzes, in München etwa beim Haus- oder Wohnungserwerb durch Gesellschaften oder Miteigentümer nach dem so genannten „Münchner [Entmietungs-] Modell“ gern praktiziert, erschwert.

Auch hier nichts ohne Ausnahme: Ausgenommen ist der Erwerb durch Familienmitglieder oder Angehörige desselben Haushaltes, die die Wohnung selbst nutzen wollen!

Fazit
Die Freude auf Investoren und Vermieterseite besteht zu Recht. Modernisierungsmaßnahmen sind jetzt wesentlich leichter durchzusetzen. Bei energetischen Modernisierungen darf die Miete drei Monate lang nicht gemindert werden. Die erhöhten Mieten dürfen ohne Befristung eingefordert werden. Die Entmietungsmöglichkeiten und das Tempo der Maßnahmen hierzu wurden erhöht. Die temporäre Reduzierung der Kappungsgrenze ist in München in den galoppierenden Mieten ohnehin faktisch schon eingepreist.

Die eingangs angesprochene heitere Stimmungslage bei Investoren und Vermietern ist daher durchaus verständlich.

Autor: Friedhelm Puhlmann,
SprecHer deS Bündnisses Bezahlbares Wohnen

Foto: S. Geissler/ pixelio.de

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