Die Stadt stellt ihr neues Konzeptgutachten vor: Freiraum 2030

Eine freie Fläche in München bleibt nicht lange eine freie Fläche in München. Sehr schnell riecht jemand eine wirtschaftliche Einnahmequelle und schon wird an der Stelle ein Supermarkt oder ein Parkhaus aus dem Boden gestampft. Dem will die Stadt jetzt entgegenwirken. Bis zum 3. März 2016 präsentiert das Referat für Stadtplanung und Bauordnung in der Rathausgalerie das Konzeptgutachten „Freiraum 2030“ und lädt zu Bürgerbeteiligung und Diskussion über die Freiraumentwicklung in München ein. Die Ausstellung ist täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.

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„Freiraum 2030“ ist also kein Meditationsstudio, sondern das neue Stadtentwicklungskonzept für München. Und da geht es ganz konkret um freie Räume, also um offene Flächen im Stadtgebiet. Dazu gehören Gärten, Parks, Wälder, Felder, Gewässer und Grünstreifen. Freiräume sind aber nicht nur Flächen in der Stadt, in denen die Natur erhalten oder nachempfunden wurde. Sie müssen auch nicht zwingend grün sein. Viel mehr betont die Ausstellung eine Erweiterung des Begriffs Freiraum in der Stadt, sodass auch gepflasterte Plätze, Hausdächer und Brachflächen als Freiraum beschrieben werden. Es geht um jene Flächen in der Stadt, die für die vielbeschriebene Lebensqualität verantwortlich sind – für Erholung und Entspannung, Müßiggang und Lustwandel im hektischen Stadtleben.

Die Situation ist bekannt: Münchens Einwohnerzahl wächst rasant, die Mieten steigen in luftige Höhen und es besteht die Sorge, dass dem immer enger werdenden München bald der Platz ausgeht. Die Ausstellung unterfüttert diese Lage mit einigen konkreten Statistiken und Fakten:

Im Vergleich der fünf größten deutschen Städte leben in München die meisten Menschen pro Fläche (47 Einwohner pro Hektar).

Auch die Freiraumdichte (gemessen an Erholungs-, Landwirtschafts-, Wald- und Wasserfläche) ist im deutschen Vergleich in München klein: die Waldfäche beispielsweise liegt in München bei nur 9 qm pro Einwohner (in Köln sind es 63 qm).

Etwa jeder zweite Haushalt in München ist ein Einpersonenhaushalt, in der Innenstadt sind es sogar zwei Drittel. Trotz steigender Mieten nimmt die qm-Anzahl pro Einwohner zu.

Diesen Gegebenheiten versucht die Stadt mit zukunftsweisenden Ansätzen zu begegnen. Um die vorhandenen Freiräume bestmöglich auszunutzen, wird vor allem von einer „Überlagerung der Nutzung“ gesprochen: Eine Art von Freiraum soll mehrere Funktionen erfüllen. Bevor zum Beispiel auf einem Grundstück gebaut wird, könnte die Brachfläche saisonal als Acker für Urban Gardening genutzt werden. Haus- oder Tiefgaragendächer könnten begrünt zu Oasen in der Großstadtwüste werden – und in einer Ecke würden Bienenstöcke oder Tomatenpflanzen stehen.

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Was dem Konzeptgutachten völlig fehlt, ist die Verbindung zum Thema Mobilität in der Stadt. Denn ein sehr großer Teil der freien Flächen in den Straßen der (Innen-)Stadt ist nach wie vor von Autos zugestellt. Dabei steht ein privater PKW im Schnitt 23 Stunden am Tag ungenutzt herum. Mit weniger Autos gäbe es endlich Platz für breitere Bürgersteige und grünere Grünstreifen! Oder ganz ohne Autos? Das würde wirklich viel Freiraum schaffen! Wie entspannt könnte man auf den Straßen oder mit dem Fahrrad unterwegs sein! Aber ein autofreies Konzept ist München bis 2030 vielleicht doch zu zukunftsweisend. Es würde viel Mut und Durchsetzungsvermögen erfordern.

Totzdem soll man bei dem Thema seinen Gedanken freien Lauf lassen. Die Ausstellung ist offizieller Teil der Bürgerbeteiligung. Münchner sind also ausdrücklich dazu aufgefordert, selbst Anregungen zu geben und über das Thema Freiraum zu diskutieren.

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Termine der Veranstaltungen:

  • Montag, 25. Januar, 19 Uhr: Freiraum und Dichte: Strategien, Potenziale, Positionen
    Stadtbaurätin Elisabeth Merk, Politik, Fachleute und Gäste beziehen Position: Diskutiert wird über die Freiräume in einer verdichteten Stadt. Ein offener Dialog mit Workshop-Charakter.
  • Montag, 1. Februar, 19 Uhr: Kostbares Gut: Ressource Stadt
    Klimaanpassung, Ressourcenschutz und biologische Vielfalt. Wie kann Freiraumplanung den schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen und Kreisläufen der Stadt befördern?
  • Donnerstag, 18. Februar, 19 Uhr: Isar für alle: Zwischen Naturerlebnis und Grillparty
    Die Aufwertung des öffentlichen Raums an der innerstädtischen Isar – ein Balanceakt zwischen diversen Nutzergruppen und Ansprüchen.
  • Donnerstag, 25. Februar, 19 Uhr: Standpunkt Freiraum: Urban Slam
    Der Freiraum und seine urbane Nutzung bekommen eine Bühne: Akteure und Initiativen präsentieren kurz und kreativ ihre Standpunkte. Eine Veranstaltung im Rahmen der Munich Creative Business Week.
  • Montag, 29. Februar, 19 Uhr: Günther Grzimek: Demokratisches Grün
    Anlässlich des 100. Geburtstags des namhaften Landschaftsarchitekten sprechen Stadtbaurätin Elisabeth Merk und weitere Protagonisten über den Olympiapark. In Kooperation mit dem Deutschen Werkbund Bayern e.V.
  • Donnerstag 3. März, 19 Uhr: Stadt und Umland: Gemeinsam für den Freiraum
    Stadtbaurätin Elisabeth Merk und Vertreterinnen und Vertreter aus Stadt und Umland werfen einen Blick in die Zukunft: Was sind die nächsten gemeinsamen Schritte? Welche interkommunalen Landschaftsallianzen sind möglich und sinnvoll?

 

Freiraumtouren (Anmeldung zu den Touren über plantreff@muenchen.de oder unter  233-22942):

  • Freitag, 29. Januar, 15 Uhr: Innovativ und identitätsstiftend: Freiraum und Landmarken im Münchner Norden
    Geplante Stationen: Parkdeck Fröttmaning, Blick auf Esplanade Allianz Arena, Blick auf Windrad, Blick auf Kläranlage und Fröttmaninger Heide, HeideHaus (Nordheide), U-Bahn-Haltestelle Fröttmaning (Endpunkt)
    Treffpunkt: U-Bahn-Haltestelle Fröttmaning (U6), Bahnsteigmitte
  • Freitag, 5. Februar, 15 Uhr: Kompakt, urban, grün: Freiraum- und Wohntypologien am Ackermannbogen
    Geplante Stationen: Dachgarten Wagnis 4, Erdhügel Solarspeicher, große Wiese und Wald, Café Rigoletto (Endpunkt)
    Treffpunkt: Speisecafé Rigoletto, Rosa-Aschenbrenner-Bogen 9
  • Freitag, 19. Februar, 15 Uhr: Weit, entspannt, grün: Freiraum und Landschaft in der Messestadt Riem
    Geplante Stationen: Rodelhügel, Riemer See, Dachgarten Wagnis 3, Platz der Menschenrechte, Dachterrasse Kulturetage Messestadt (Endpunkt)
    Treffpunkt: U-Bahn-Haltestelle Messestadt Ost (U2), Bahnsteigmitte
  • Freitag, 26. Februar 15 Uhr: Dicht, offen, gestapelt: Freiraum-Tour durch das Westend
    Geplante Stationen: Platz vor Deutschem Museum und Kongresshalle, Bavariapark, Bahndeckel Theresienhöhe, Jugendspielplatz, Esplanade Ganghofer Straße, Georg-Freundorfer-Platz, U-Bahn-Haltestelle Schwanthaler Höhe (Endpunkt)
    Treffpunkt U-Bahn-Haltestelle Schwanthaler Höhe (U4/U5), Bahnsteigmitte

Fotocredits: Jörg Koopmann, LHM

1 Kommentar zu “Die Stadt stellt ihr neues Konzeptgutachten vor: Freiraum 2030”

  1. Alka Celic sagt:

    Diese Chance sollten wir wirklich nutzen, damit nicht wieder solche unsinnigen Lösungen wie im Virginia Depot entstehen: Dort wurde das ehemalige Militärgelände als Ausgleichsfläche für die Erweiterung des FIZ von BMW zu einem Naturschutzgebiet mit Magerwiesen umgebaut. Dabei wurde massiv in das Biotop, das sich von ganz alleine entwickelt hatte, eingegriffen. Hinzu kommt – und das ärgert die Nachbarn am meisten – das Gelände wurde vor einigen Wochen mit einem massiven Zaun verschlossen. Die Anwohner haben jetzt also gar nichts von diesem wunderschönen Gelände. Wo soll der Städter sich denn seinem Grün nähern, wenn es eingezäunt und zur verbotenen Zone wird?

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