Nach der Pleite von Prokon gewinnen grüne Geldanlagen ein immer schlechteres Image. Zeit, mal genauer hinzuschauen. Deshalb erklärt unser Mutterschiff klimaretter.info in der Serie “grünes Geld” worauf es bei einer grünen Geldanlage ankommt.
Georg Schürmann (Jahrgang 1962) hat nach einer Banklehre bei der Deutschen Bank Wirtschaftswissenschaften in Wuppertal und Köln studiert. Nach dem Studium kehrte er zu der Bank zurück und war dort 20 Jahre in verschiedenen Funktionen tätig, in der Anlageberatung und zuletzt in der Frankfurter Zentrale der Deutschen Bank als leitender Manager im Privatkundenbereich.
2009 wechselte er zur Triodos-Bank, wo er für den Privatkundenbereich zuständig ist. Ein Gespräch über Banken, die mitentscheiden, wie sich gesellschaftliches Zusammenleben entwickelt. Teil 3 unseres Dossiers: So legen Sie Ihr Geld gut grün an.
klimaretter.info: Herr Schürmann, was ist „gutes Geld“?
Georg Schürmann: Gutes Geld ist solches, das positiv für den Menschen arbeitet. Geld ist Teil des Wirtschaftens und der Wirtschaft. Wirtschaft sollte die Menschen eigentlich voran bringt. Geld sollte also dem Gemeinwohl dienen. Gutes Geld ist beispielsweise jenes, das soziale Organisationen einsetzen, um die Welt ein bisschen besser zu machen.
Soziale Organisationen sind in der Regel arm. Wie viel Prozent des Geldes sind „gut“?
Auf jeden Fall zu wenig! Viel Geld wird nur zur Gewinnmaximierung eingesetzt, zur Spekulation Befriedigung partikularer Interessen. Ich nenne als Stichwort nur die 25 Prozent Rendite, die der Vorstand der Deutschen Bank als Ziel ausgegeben hatte: So was ist gesellschaftsfeindlich – schlechtes Geld eben.
Besonders gut illustrieren das die Spekulations-Geschäfte mit Lebensmitteln. Es gibt Banken, die wetten an den Rohstoffbörsen auf steigende Getreidepreise. Dass Menschen dieses Getreide zum Leben brauchen, ist sekundär, nur der eigene Preisvorteil interessiert die Banken bei diesen Spekulationen. Und vor allem: Durch solche Spekulationen wird ja kein Mehrwert erwirtschaftet. Zwar steigt der Gewinn der Bank, aber das Finanzsystem hat nichts hergestellt.
Seit wann gibt es dieses „schlechte Geld“?
Das hat es schon immer gegeben, sogar schon lange bevor überhaupt das erste Geld existierte – wenn sie an die Geschichte vom „Goldenen Kalb“ im Alten Testament denken. Jedem Menschen wohnt Gutes und Schlechtes inne und die Frage ist, was schließlich obsiegt. Insofern ist das Bild vom „schlechten“ oder „guten“ Geld“ falsch: Geld ist ein Werkzeug, die Frage ist also, was mit ihm angestellt wird.
Richtig ist aber, dass sich in den letzen zwanzig, dreißig Jahren ein Finanzkapitalismus ausgebildet hat, der nur noch den Shareholder Value im Blick hat. Diesem Wirtschaften ist das Gemeinwohl egal.
Es gibt die These, dass erst der Wegfall des Sozialismus den Kapitalismus so marktradikal gemacht hat.
Nein, das glaube ich nicht: Die soziale Marktwirtschaft hat eine sehr starke Einbettung in die europäische Kultur. Ich glaube, der Sozialismus ist als Gegengewicht nicht zwingend. Richtig ist aber, dass seit seinem Wegfall die eine oder andere Kraft des Kapitalismus zügellos überbordet. Das bedroht das Soziale an der Marktwirtschaft.
Zurück zum „guten“ oder „schlechten“ Geld, das es nicht gibt. Es gibt aber „gute“ und „schlechte“ Banken?
Davon bin ich überzeugt! Gute Banken haben das Wohl der Gesellschaft zum Ziel.
Wie viel Prozent der Banken in Deutschland sind gut?
Ich tue mich schwer, zu verallgemeinern: Man müsste die Banken einzeln durchgehen, um zu einem Urteil zu gelangen. Viele Sparkassen oder Volksbanken, die nah an den Kunden dran sind, arbeiten sehr im Dienste der Gesellschaft. Und es gibt die Nachhaltigkeitsbanken, zu denen auch mein Haus – die Triodos-Bank – gehört.
Würden Sie aber zustimmen, dass Sie von einer „bösen Bank“ zu einer guten gewechselt sind?
Ich war in der Frankfurter Zentrale der Deutschen Bank in leitender Positionen im Privatkundenbereich tätig, bevor ich 2009 zur Triodos-Bank wechselte. Ich bin diesen Schritt gern gegangen, weil ich bei der Triodos-Bank mein Verständnis von nachhaltigem Wirtschaften umsetzen kann. Banken haben eine gesellschaftliche Verantwortung, die eben mehr ist, als den eigenen Gewinn in die Höhe zu treiben. Banken finanzieren die Gesellschaft und entscheiden so mit, wie sich das Zusammenleben entwickelt.
Wie funktioniert das im Detail bei der Triodos-Bank?
Wir haben klare Regeln, nach denen wir Kredite vergeben: Das Geld, das uns der Kunde anvertraut, muss einen ökologischen, sozialen oder kulturellen Nutzen produzieren. Deshalb veröffentlichen wir auch unsere Kreditnehmer. Transparenz ist uns genau so wichtig wie der Arbeitsauftrag der Kunden: das Gemeinwohl zu finanzieren.
Sie müssen also jedesmal erst prüfen, ob das als „gut“ dargestellte auch wirklich gut ist! Wie groß ist der Mehraufwand ihres Geschäftes im Vergleich zu dem einer anderen Bank?
Nicht wesentlich, denn die Regeln sind klar. Beispielsweise bekamen wir die Kreditanfrage eines Bauern, der eine Solaranlage auf seine Ställe bauen wollte. Solaranlagen finanzieren wir als „gut für die Gesellschaft“. Allerdings nicht automatisch: Der Bauer betreibt einen konventionellen Betrieb mit Massentierhaltung.
Massentierhaltung ist nach unseren Statuten aber nicht förderlich – schlecht für den Tierschutz und die Gesellschaft. Damit fiel die Antwort auf die Anfrage negativ aus. Natürlich machen wir uns immer auch vor Ort ein Bild! Das und unsere Statuten sind der Maßstab.
Haben Sie sich schon einmal geirrt?
Seit ich dabei bin, „Gott sei Dank“ noch nicht.
Schade eigentlich! „Seht her, wir lernen aus unseren Fehlern“, wäre das nicht auch eine Botschaft?
Natürlich lernen auch wir: Früher haben wir beispielsweise Biogas-Anlagen finanziert, die auf Maisbasis arbeiten. Das sehen wir heute differenzierter: Unser Geld soll nicht die Vermaisung der Landschaften vorantreiben.
Gutes zu finanzieren führt aber nicht automatisch zu guten Geschäftszahlen. In Deutschland schreibt die Triodos-Bank rote Zahlen. Wie viele Kunden haben Sie hier?
Derzeit etwa 8.000, nicht viel, wenn man bedenkt, dass die Triodosgruppe mittlerweile 517.000 Kunden europaweit hat. Wir sehen in Deutschland aber einen großen Markt für nachhaltige Banken: Das Thema Nachhaltigkeit ist breit in der Gesellschaft angekommen, viele Menschen interessieren es.
Richtig ist aber, dass wir uns die Anlaufphase kürzer vorgestellt hatten. Wir sind seit Ende 2009 hierzulande auf dem Markt, noch muss unser Mutterhaus in den Niederlanden die Anfangsverluste übernehmen. Ich bin aber optimistisch, weil sich viele Menschen in Deutschland zunehmend auch für nachhaltiges Wirtschaften und nachhaltiges Banking interessieren.
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