Isar1 – der Erste macht das Licht aus

P1090877

Viele werden dieser Tage ihren Ohren nicht trauen. Da verkündet die Bundeskanzlerin den vorrübergehenden Ausstieg vom Ausstieg, führende Atomlobbyisten erklären vor laufenden Kameras kleinlaut, ihre neugewonnene Skepsis gegenüber alten Atomkraftwerken und Bayerns Umweltminister Söder distanziert sich von Söder. Der CSU-Minister will dem so lange von ihm verteidigten Isar1 den Saft abdrehen. Die Atomkritiker in Bayern warnen seit Jahren vor den Gefahren, die der 1979 ans Netz gegangene UraltRraktor bei Landshut darstellt. Interessiert hat es bisher kaum jemanden. Wir haben uns im Rückblick einmal die Mühe gemacht und ein paar Pressemitteilungen der Landtagsfraktion der Grünen zusammengestellt. Da liest man von Mängeln am AKW, von einem unveröffentlichten Gutachtenund der scharfen Kritik aus Österreich. Söder war es wurscht. Österreich beziehe selbst Kernenergie aus anderen Ländern. „Da sollte man Deutschland keine Ratschläge erteilen“, frotzelte der genervte Atomschutz-Minister.

Söders heutige Ankündigung, Isar1 wohl bald abzuschalten, ist umso erstaunlicher, wenn man seine bisherige Hardliner-Haltung kennt: So machte er sich im August noch für den unbegrenzten Betrieb von Isar1 stark. Es komme nicht darauf an wie alt ein Atomkraftwerk sei, sondern wie sicher es ist, sagte der bayerische Minister im Spiegel-Interview. Auf die Frage, ob das bayerische Atomkraftwerk Isar 1 noch sicher sei, antwortete Söder: „Ja. Ein bayerisches Kernkraftwerk wird pro Tag dreimal überprüft, jeder Reaktor rund tausendmal im Jahr.“

Hier eine Chronik der Pressemitteilungen, die vor dem 12.3.11 wenig Beachtung fanden:

Isar 1: Österreicher müssen Gutachten geheim halten

Deutsche Behörden wollen Informationen über den Sicherheitszustand des Atomkraftwerks nicht frei geben

München (25.2.2011/sip). Die Staatsregierung verhindert offenbar mit allen Mitteln, dass eine Studie der österreichischen Bundesregierung über die Sicherheit des umstrittenen Atomkraftwerks Isar 1 veröffentlicht wird. Die Untersuchung liegt in Österreich seit Sommer 2010 vor, wird aber auf Drängen der deutschen Behörden als Verschlusssache behandelt – angeblich, weil durch eine Veröffentlichung Betriebsgeheimnisse gefährdet seien. Doch auch eine um derartige Betriebsgeheimnisse bereinigte Kurzfassung der Studie wird von der deutschen Seite nicht frei gegeben: Wie der österreichische Umweltminister Berlakovich in einem Schreiben an seinen oberösterreichischen Amtskollegen Rudi Anschober mitteilte, bestehen die deutschen Behörden nach wie vor auf Geheimhaltung: „Nach langwierigen Konsultationen haben sich die zuständigen deutschen Stellen letztlich entschieden, diese Freigabe zur Veröffentlichung nicht zu erteilen“, so der Wortlaut des Schreibens aus Wien.

„Diese Geheimniskrämerei ist völlig inakzeptabel“, sagte der energiepolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion Ludwig Hartmann. „Der Verdacht liegt nahe, dass die bayerische Atomaufsicht und der Betreiber E.on damit den Sicherheitszustand von Isar 1 bewusst verschleiern wollen.“ Eine von den Grünen in Auftrag gegebene Sicherheitsstudie aus dem Jahr 2010 hatte gravierende Sicherheitsrisiken am dienstältesten bayerischen AKW herausgearbeitet. So ist das Atomkraftwerk aufgrund seiner Bauweise nicht gegen den Absturz von Verkehrsflugzeugen geschützt und zeigt zunehmend Verschleißerscheinungen. „Doch anstatt sich endlich mit den Sicherheitsproblemen von Isar 1 zu befassen, verhindern Staats- und Bundesregierung jetzt auch noch eine transparente Informationspolitik im Nachbarland.“ Ludwig Hartmann forderte Umweltminister Söder auf, umgehend für eine Freigabe der Sicherheitsinformationen über Isar 1 zu sorgen: „Nach dem rot-grünen Atomgesetz müsste das niederbayerische AKW in wenigen Monaten vom Netz – doch stattdessen haben Union und FDP beschlossen, auch für alte Anlagen wie Isar 1 die Laufzeiten zu verlängern. Die Öffentlichkeit in Bayern wie in Österreich hat deshalb ein Recht darauf, dass alle Informationen über den Sicherheitsstand von Isar 1 offen gelegt werden. Diese unsägliche Vertuschungspolitik zeigt letztlich nur, dass Betreiber wie Atomaufsicht allen Grund haben, eine Sicherheitsdebatte um Isar 1 zu fürchten wie der Teufel das Weihwasser.“

Söder setzt die Sicherheit der Bevölkerung aufs Spiel

Österreichisches Gutachten belegt massive Schwachstellen am Atomkraftwerk Isar 1

München (29.10.2010/sip). Die Landesregierung von Oberösterreich hat heute die vertieften Ergebnisse eines wissenschaftlichen Sicherheitsgutachtens zum niederbayerischen Atomkraftwerk Isar 1 vorgestellt und dabei alarmierende Schwachstellen beim dienstältesten Reaktor Bayerns nachgewiesen. Die Landtagsgrünen haben Umweltministers Söder davor gewarnt, die Ergebnisse der Studie weiter herunterzuspielen: „Es ist schon ein starkes Stück, wenn die bayerische Atomaufsicht ein wissenschaftliches Gutachten, das renommierte Wissenschaftler im Auftrag von zwei österreichischen Landesregierungen erstellt haben, einfach ignoriert und seine Aussagekraft in Zweifel zieht,“ sagte der energiepolitische Sprecher Ludwig Hartmann. „Hier wird von der Bayerischen Staatsregierung völlig verantwortungslos mit der Sicherheit der Bevölkerung gespielt.“

Das Umweltministerium müsse endlich dezidiert zu den Sicherheitsmängeln des niederbayerischen Atommeilers Stellung nehmen, fordert Ludwig Hartmann. Isar 1 sei bekanntlich als Siedewasserreaktor der so genannten Baureihe 69 nur unzureichend gegen Flugzeugabstürze geschützt und könne nicht denselben Sicherheitsstandard vorweisen wie modernere Atomkraftwerke. Das heute in Linz vorgestellte Gutachten des Wiener Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften habe darüber hinaus eine weitere Schwachstelle des Reaktors offen gelegt: So könne die Stabilität einer Schweißnaht im unteren Bereich des Reaktordruckbehälters nicht garantiert werden. Diese Schwachstelle war seinerzeit maßgeblicher Grund dafür, dass das baugleiche AKW Zwentendorf, der geplante „Zwilling“ von Isar 1 in Österreich, nie ans Netz gegangen ist.

Ludwig Hartmann. „Wir fordern Umweltminister Söder dringend auf, endlich umfassend zu den massiven Sicherheitsrisiken bei Isar 1 Stellung zu nehmen. Dann wird sich zeigen, dass es mit ein paar Millionen Alibi-Nachrüstung lange nicht getan ist.“

Atomkraft – jetzt noch sichererer???

Nachrüstprogramm für bayerische AKWs kann grundlegende Sicherheitsprobleme nicht lösen

München (28.10.2010/sip). Die Landtagsgrünen haben Söders Nachrüstungsprogramm für die bayerischen Atomkraftwerke als Augenwischerei zurückgewiesen: „Die großen Atomkonzerne können sich durch den schwarz-gelben Atomdeal über Zusatzprofite von 15 bis 20 Milliarden Euro allein aus den fünf bayerischen Standorten freuen“, sagte der energiepolitische Sprecher Ludwig Hartmann. „Da sind 1,2 Milliarden für die Sicherheit leicht bezahlt.“

Insbesondere beim dienstältesten bayerischen Atomkraftwerk Isar 1 lasse sich durch eine technische Nachrüstung nichts an den wesentlichen Sicherheitsrisiken beheben, warnt Ludwig Hartmann: „Isar 1 ist als Siedewasserreaktor der Baureihe 69 von seiner ganzen Bauart her hoffnungslos veraltet.“ So könne der Reaktor durch seine spezifische Konstruktion keinen Schutz vor dem Absturz einer Passagiermaschine bieten. Schwachstellen seien darüber hinaus das geringe Volumen des Sicherheitsbehälters und die stählerne Betonwanne, die im Störfall besonders schnell zu schmelzen droht. Wie ein Gutachten der Landesregierungen von Ober- und Niederösterreich belegt, krankt der Reaktortyp von Isar 1 darüber hinaus an der mangelnden Stabilität einer Schweißnaht im unteren Bereich des Reaktordruckbehälters. „Das sind grundlegende Konstruktionsmängel, die einfach nicht nachgerüstet werden können. Es ist daher völlig unverantwortlich, ein Dauer-Risiko wie Isar 1 noch acht weitere Jahre am Netz zu lassen. Deshalb werden wir Grüne weiter alle Hebel in Bewegung setzen, dass der schwarz-gelbe Atomdeal durchkreuzt wird.“

Schwarz-gelb spielt mit der Sicherheit der Bevölkerung

Isar 1 soll trotz massiver Sicherheitsprobleme weitere fünf Jahre am Netz bleiben

München (2.9.2010/sip). Die Landtagsgrünen haben die Pläne der Bundesregierung, gegen ältere Atomkraftwerke Auflagen zur Nachrüstung gegen Terroranschläge zu verhängen, als dreiste Mogelpackung bezeichnet: „Gerade das niederbayerische Atomkraftwerk Isar 1 liegt in der Einflugschneise des Münchner Großflughafens und gilt wegen seiner veralteten Bauart seit langem als enormes Sicherheitsrisiko“, sagte die Fraktionsvorsitzende Margarete Bause. Deshalb dränge mittlerweile neben den Grünen nicht nur die örtliche CSU, sondern auch der Koalitionspartner FDP darauf, Isar 1 vom Netz zu nehmen. Doch allen Sicherheitsproblemen zum Trotz wolle die schwarz-gelbe Bundesregierung dem AKW offenbar eine Nachrüstungsfrist von fünf Jahren einräumen. „Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Anwohnerinnen und Anwohner, die bisher damit rechnen durften, dass das umstrittene Atomkraftwerk spätestens im kommenden Frühjahr endlich abgeschaltet wird“, sagte Margarete Bause. „Es ist doch grotesk, wenn die Bundesregierung Isar 1 zwar bescheinigt, ein potenzielles Ziel für Terroranschläge zu sein, diese Zielscheibe aber weiterhin fünf Jahre lang ohne Schutz für die Bevölkerung laufen lassen will.“ Darüber hinaus sei zu befürchten, dass die Nachrüstungsklausel den Betreibern Tür und Tor dafür öffne, nicht ausgeschöpfte Restlaufzeiten für ältere AKW auf neuere Meiler zu übertragen. „Erst lässt man sich für Isar 1 zehn Jahre Verlängerung geben, dann schöpft man fünf Jahre davon aus, spart sich die Nachrüstung und überträgt die übrigen fünf Jahre einfach auf den neueren Nachbarreaktor Isar 2.“

Mit diesen Plänen spiele schwarz-gelb aufs übelste mit der Sicherheit der Bevölkerung, kritisierte Margarete Bause und kündigte scharfen Widerstand der Grünen an: „Die Menschen merken immer mehr, dass sie die großen Verlierer in diesem Geschacher um längere Laufzeiten sein werden. Es geht Union und FDP weder um eine zukunftsfähige Energieversorgung noch um billigere Strompreise, sondern allein darum, den Energieriesen weiterhin die Profite zu sichern. Damit legen sich Merkel, Seehofer und Westerwelle gerade selbst die Lunte für einen heißen Herbst.“

In genau 365 Tagen muss das AKW Isar 1 vom Netz

Grüne schalten Restlaufzeiten-Countdown für Bayerns dienstältesten Reaktor

München (10.6.2010/sip). In genau 365 Tagen muss nach den Vorgaben des Atomgesetzes Bayerns dienstältestes Atomkraftwerk Isar 1 bei Landshut vom Netz. „Spätestens am 10. Juni 2011 ist die Reststrommenge, die Isar 1 im Atomausstiegsgesetz zugestanden wurde, ausgeschöpft“, sagte der energiepolitische Sprecher Ludwig Hartmann. „Spätestens dann muss Isar 1 endgültig abgeschaltet werden.“ Gerade Isar 1 sei seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 1977 immer wieder durch technische Probleme in die Schlagzeilen geraten. Die so genannte Baulinie 69, zu der der Landshuter Siedewasserreaktor zählt, gilt deutschlandweit als besonders störanfällig und ist darüber hinaus nur unzureichend gegen Flugzeugabstürze gesichert. Ein Gutachten im Auftrag der grünen Landtagsfraktion hat darüber hinaus auch steigende Sicherheitsrisiken durch Verschleiß und Materialermüdung zu Tage gefördert. „Es ist deshalb völlig unverantwortlich, wenn Union und FDP nun das Atomgesetz kippen und Reaktoren wie Isar 1 noch Jahre hinaus am Netz lassen wollen.“

Die grüne Landtagsfraktion hat deshalb auf ihrer Homepage einen Restlaufzeiten-Countdown geschaltet, der ab heute jede Sekunde bis zum Abschalttermin von Isar 1 herunter zählt. „Wir werden uns mit aller Vehemenz dafür einsetzen, dass der Ausstieg aus der Atomkraft von schwarz-gelb nicht hintertrieben werden kann“, sagte der niederbayerische Landtagsabgeordnete Eike Hallitzky. „Isar 1 sollte besser heute als morgen vom Netz.“

Bei einem öffentlichen Fachgespräch in Landshut wollen die Grünen morgen vor Ort ihr Sicherheitsgutachten vorstellen. Die Experten werden dabei insbesondere ihre alarmierenden Ergebnisse zur Alterungsproblematik und der Gefährdung von Isar 1 durch Terroranschläge vorstellen.

Foto: (c) Bündnis 90 / Die Grünen im Bayerischen Landtag

Kommentieren