Karla 51 vor dem Aus?

Frei nach dem Motto „die Geister, die ich rief“ wird die Stadt München nun selbst zum Gentrifizierungs-Opfer. Seit 15 Jahren hat die Landeshauptstadt das Anwesen in der Karlstraße 51 angemietet und es dem Frauenobdach „Karla 51“, unter der Trägerschaft des Evangelischen Hilfswerks, zur Verfügung gestellt. Nun die böse Überraschung: Der Eigentümer des Anwesens hat das Mietverhältnis zum 15. November 2011 gekündigt und das Anwesen verkauft. Im Klartext: Ab Mitte November kann der neue Eigentümer die Räumung des Anwesens verlangen.

Sozialreferentin Brigitte Meier ist ob der neuen Entwicklungen besorgt: „Es zeigt sich, dass der Investitionsdruck auf dem Immobilienmarkt immer größer wird. Jetzt trifft es mit Karla 51 eine Einrichtung, die für unser System der Wohnungslosenhilfe systemrelevant, d.h. unverzichtbar ist. Wir brauchen für das Frauenobdach die zentrale Lage. Dieser Standort ist nicht einfach zu ersetzen.“ Derzeit sind rund 2.300 Menschen in München akut wohnungslos. Und die Zahl steigt. Rudolf Stummvoll, Leiter des Amtes für Wohnen und Migration, ist entsetzt: „Das Verhalten des ehemaligen Besitzers ist unglaublich. Die Kündigung ist zwar fristgerecht und damit formal nicht zu beanstanden. Aber ohne jede Vorankündigung einen seit 1996 laufenden Mietvertrag mit einer derart wichtigen sozialen Einrichtung einfach kurzfristig zum 15. November zu kündigen, ist nicht anständig. Es ist angesichts der Situation auf dem Immobilienmarkt für uns fast aussichtslos, in der kurzen Zeit einen geeigneten Ersatzstandort zu finden.“ Auch Meier findet das Verhalten des Inhabers nicht korrekt: „Unverständlich ist, dass der ehemalige Eigentümer mit seinen Verkaufsabsichten nicht zunächst an uns herangetreten ist.“ Desweiteren verweist die Sozialreferentin auf Artikel 14 im Grundgesetz: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Die Immobilie befindet sich in einem Gebiet, das nicht von der Erhaltungssatzung betroffen ist. Somit entfällt das Vorkaufsrecht der Stadt. Laut Bernd Plank, Pressesprecher des Kommunalreferates, hätte nur die Post ein Vorkaufrecht gehabt, diese hat aber bereits verzichtet.

Der Stadt bleibt nun nichts anderes übrig, als mit dem neuen Eigentümer in Kontakt treten und zu versuchen mit ihm eine Vereinbarung zu treffen, die den Fortbestand von Karla 51 am bisherigen Standort ermöglicht. Eine denkbare Lösung wäre ein neuer Mietvertrag oder der Kauf des Anwesens „durch ein Angebot, das keiner ausschlagen könnte“, so Blank. Bleibt nur zu hoffen, dass der neue Eigentümer der Karlstraße 51 den Artikel 14 des Grundgesetzes kennt.

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