KINDER, KUNST UND KORN

Die Bio-Branche blüht – doch der Boom hat auch seine Schattenseiten. Immer mehr national ausgerichtete Bio-Marktketten wollen ein Stück vom verlockend großen Münchner Bio-Kundenkuchen. Viele traditionelle Stadtteil-Läden geraten unter Druck: Nicht „schmatz. Naturkost am Glockenbach“ – der Exot unter den Münchner Biosupermärkten hat sein ganz eigenes Erfolgsrezept.

Kürzlich waren Sabine Pfaff und Nicola Scholz wieder auf einer dieser Biomessen, wo sich immer alle Branchengrößen treffen. Auf solchen Veranstaltungen sind die beiden Frauen, Geschäftsführerinnen des Naturkostladens mit dem klangvollen Namen „schmatz“, Ausnahmeerscheinungen. Denn auch die Bio-Branche wird von Männern und außerdem zunehmend von größeren Supermarktketten dominiert. Nun ist das „schmatz.“ zwar auch ein moderner Bio- Supermarkt mit großem Sortiment, in seiner Art aber einzigartig und wohl auch einmalig erfolgreich. „Engel fliegen eben zu Engeln“, hat dann ein Kollege auf dieser Messe zu Sabine Pfaff gesagt. Sie erzählt diese Geschichte vielleicht, um klarzumachen, dass hinter dem Erfolg von „schmatz.“ nicht nur viel Erfahrung, harte Arbeit und ein motiviertes Team stecken, sondern eben auch Glück.

Die beiden Frauen waren zur rechten Zeit am rechten Ort, als ihnen vor drei Jahren die Räume des ehemaligen Fitnessgeräte-Ladens gleich neben dem Spielplatz am Glockenbach angetragen wurde. Eine bewusste Entscheidung der Eigentümerin, die für ihr Ladenlokal die passenden Mieter suchte und schon lange das Wirken von Scholz und Pfaff beobachtete, die seinerzeit noch einen „Vollcorner“ nicht weit entfernt in der Holzstraße führten. Der Kundenandrang war schon in dem kleineren Laden enorm. Mit dem Umzug in die Holzstraße 49 und einem optischen Tapetenwechsel konnten sie den Erfolg ausbauen. „Ein Schmuckstück“, bezeichnet Scholz den Bio-Supermarkt in bester Lage. „Hier sind wir in einem Viertel, wo die Bewohner zu uns passen, weil sie ein Bewusstsein für Zusammenhänge zwischen guten, biologisch produzierten Nahrungsmitteln, Lebensstil und Ökologie haben.


Sabine Pfaff

Sabine Pfaff und Nicola Scholz verbindet neben der geschäftlichen Partnerschaft auch eine langjährige Freundschaft. Den Dreiklang ihrer Gemeinsamkeit fassen sie mit dem Slogan „Kinder, Kunst und Korn“ zusammen. Denn beide sind schon seit Jahren gemeinsam im Bio- Einzelhandel tätig, beide haben ein mittlerweile schon fast erwachsenes Kind und beide haben Kunst studiert. Pfaff ist Fotografin und Scholz Goldschmiedin. „Das heißt aber nicht, dass hier Künstler Kaufladen spielen“, betont Pfaff, die zu den Münchner Bio-Pionieren gehört und seit 1988 im Bio-Geschäft aktiv ist. Auf den Gedanken würde auch keiner kommen, der ihren apfelgrün-brombeerfarbenen Biomarkt betritt. Zwischen den mit bunten Nostalgie-Tapeten verkleideten Säulen gibt es alles, was man zum Leben braucht: frisches Obst und Gemüse aus der Region, Fleisch, Fisch, Milchprodukte aller Art, eine Brot- und Käsetheke, Süßes und Salziges, Getränke aller Art und hochwertige Naturkosmetik. Weil sie eben keine Filiale einer großen Kette sind, können die beiden Inhaberinnen frei und unbürokratisch entscheiden, welche Produkte sie in ihr Sortiment aufnehmen – seien es spezielle Bio-Dressings von der Neuhauser Kochwerkstatt oder Bio-Speiseeis aus Gauting.

Zu den Erfolgsrezepten gehört auch, davon sind Pfaff und Scholz überzeugt, dass sie großen Wert auf ein gutes Betriebsklima unter ihren 30 Mitarbeitern legen. „Unser Team ist kreativ und inspiriert. Das schätzen auch unsere Kunden“, erklärt Scholz. So hat das schmatz. längst einen großen Stamm an Kundschaft und sogar aus anderen Stadtvierteln kommen Kunden, um wegen der besonderen Mischung aus Stil & Bio einzukaufen. Doch Erfolg soll nicht Stillstand heißen. So gibt es seit Kurzem eine Truhe für frischen Fisch und an der Kasse werden demnächst keine Plastiktüten, sondern nur noch Papier- oder Stofftüten verteilt. Das bedeute aber nicht, dass man immer größer werden müsste. Trotz des Erfolges und ihres bei den Kunden so beliebten Konzeptes steht für Sabine Pfaff fest, dass Expansion für sie keine Option ist. Viel zu gerne ist Pfaff im Laden dabei: „Ich liebe es, das was ich mir ausdenke, dann auch selber in der Praxis umzusetzen.“

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