Heute Abend findet um 19 Uhr der Vortrag „Haben wir es nicht gewusst?“ im Rahmen des Münchner Klimaherbstes statt. In der orange bar bewegen sich die beiden Referenten auf zwei Gebieten, die sie miteinander verknüpfen: Klimawandel und mediale Berichterstattung.
Dr. Fritz Vorholz, langjähriger Mitarbeiter bei der ZEIT, referiert die These: „Die Herausforderung des Klimawandels wird drängender. Lösungen sind nur zu erwarten, sofern die „Wende“ ein Gemeinschaftswerk wird, die Zahl der Akteure zunimmt. Kommunikation verbindet Akteure. Doch das Interesse der Massenmedien nimmt dramatisch ab.“
Der Klimawandel nimmt keine Rücksicht auf Regierungspläne und Verhandlungen. Manchem Beobachter erscheinen daher die Anstrengungen verspätet und kaum zielführend. Jeder Tag des Zögerns oder jeder Abschluss mit Kompromissen verstärkt die Wahrnehmung, dass die Bemühungen ins Leere laufen.
Umso wichtiger ist beziehungsweise wird die Rolle der Massenmedien, um Aufmerksamkeit für die Probleme herzustellen. Allerdings fallen Klima-Themen abseits von Katastrophen und prestigeträchtigen Konferenzen oft durch das Selektionsraster der Tagespresse – in Deutschland spüren wir die Auswirkungen (noch) kaum.
Unternimmt die Berichterstattung genug, um die Dringlichkeit des Klimawandels ausreichend abzubilden? Die Hürde liegt in der Beschaffenheit des Ereignisses: langsam voranschreitend, erfahrbar erst in der fernen Zukunft. Aber die Behandlung des Klimawandels muss unmittelbar vollzogen werden – nicht erst, wenn die Evakuierung Sylts bevorsteht. Medien balancieren auf einem schmalen Grad, der Relevanz eines Themas gerecht zu werden und dabei nicht als politische Akteure zu handeln. Feststeht: Wenn wir jetzt nicht darüber reden, werden Lösungsansätze kaum über Notfallpläne hinausgehen.
Die zweite These vertritt Dr. Wolfgang Zängl, Publizist und Mitglied in der Gesellschaft für ökologische Forschung: „Das gegenwärtige Industriesystem ruiniert mit unerreichter Effizienz und Geschwindigkeit den Lebensraum. Hat das System des Homo Industrialis so wenig verstanden oder stellt es sich nur dumm? Und was berichten die Medien über den Zustand des Blauen Planeten?“
Mittlerweile gibt es genug Industriekatastrophen, eine Aufzählung wäre immer lückenhaft. Sie passieren in Entwicklungsländern und in Industriestaaten, Leidtragende sind die Natur und die Menschen vor Ort. Es geht aber nicht nur um die großen Katastrophen, die uns unsere Rücksichtslosigkeit in erschreckendem Maße vor Augen führen, sondern auch die strukturelle Unterdrückung von Menschen und Ausbeutung der Natur. Unterdrückung und Ausbeutung gehen beide mit unserem täglichen Konsum einher. Am Anfang der Wertschöpfungskette stehen oft ungerechte Verhältnisse und Menschen in Armut, dank derer uns ein wenig mehr Wohlstand bleibt.
Reicht die Berichterstattung aus, um alle verdeckten Strukturen, die uns in der Gewohnheit des Alltags begegnen, bewusst zu machen? Auch hier befinden sich Medien in der Pflicht, abseits der aktuellen Themen Augen und Diskussionen zu öffnen. Sie sollten uns über die Konsequenzen unseres Verhaltens aufklären und damit Anreize setzen, es für ein gerechtes Zusammenleben zu ändern. Überall, wo der Mensch sich bewegt, hinterlässt er Spuren – wer nichts von seiner Fährte weiß, tut sich schwer, sie für die Natur erträglich zu halten.
Frauke Liesenborghs moderiert den Abend, der von Green City e.V., dem gemeinnützigen Verein für eine grünere und lebenswertere Stadt mitveranstaltet wird.
Anmeldung ist erwünscht, entweder telefonisch unter 0160 90 661 663 oder per E-Mail an info@gcn.de.
Fotocredit: Deniz Ispaylar
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