Olympiakandidat – freuen oder fürchten?

Verkündung der Candidate Cities der Olympischen Winterspiele 201

Und nun? München ist offizieller Kandidat für die Olympischen Winterspiele 2018. Das IOC hat die Landeshauptstadt am 22. Juni offiziell in den Rang einer „Candidate City“ gehoben. Das heißt noch nicht viel. Erst am 6. Juli 2011 wird in Durban entschieden, ob München sich gegen die Mitbewerber Pyeongchang (Südkorea) und Annecy (Frankreich) durchsetzt. Unterdessen wird die Frage immer lauter: Sollen wir uns nun überhaupt freuen oder fürchten?

Schön oder schrecklich? – das wissen die Mitglieder der Grünen jetzt bald nicht mehr so genau. Olympia polarisiert. Die Stadt-Grünen sind einstimmig für die Spiele, was auch an ihrer Regierungsverantwortung liegen mag. Die Land-Grünen lehnen die Spiele mit Vehemenz ab. Böse Zungen sagen, im Landtag sei man es eben gewöhnt, „nein“ zu sagen.

Inzwischen nimmt der Streit groteske Züge an. Statt zum Telefonhörer zu greifen, strafen die Rathaus-Grünen die Fraktion im Maximilianeum in einer Pressemitteilung ab. Darin wirft Grünen Stadträtin Sabine Krieger den Parteifreunden „Unsportlichkeit“ und „billige Panikmache“ vor.

Zuvor hatten die Landtags-Grünen mit der Presseeinladung zu einer Anti-Olympia-Veranstaltungen die Nerven der Parteikollegen strapaziert: „Wer sich genauer mit den Realitäten, den Vorgaben und Planungen der Münchner Bewerbung beschäftigt, erkennt, dass die Spiele 2018 vor allem für die Bewerbergemeinden in den Bergen, also für Garmisch-Partenkirchen, Berchtesgaden und Oberammergau zum unkalkulierbaren ökologischen und ökonomischen Risiko werden“, hieß es darin. Die Landtagsgrünen warnten vor dem Verlust wertvoller „Kulturlandschaft“ und mahnten, es werde Kapital für den Tourismus verspielt.

„Aus diesen Gründen“, heißt es in der Pressemitteilung weiter“, haben sich die Grünen im Bayerischen Landtag gegen die Bewerbung ausgesprochen und unterstützen das Netzwerk „NOlympia 2018“. Vor allem Ludwig Hartmann (Grüne) macht sich derzeit als Anti-Olympionike stark. „In Zeiten des Klimawandels, wo verantwortungsvolles Handeln zur Vermeidung des CO2-Ausstoßes gefragt ist, sind Olympische Winterspiele in ihrer heutigen Dimension, die alle vier Jahre in einem neuen Gebirgsort riesige Eingriffe erfordern, geradezu ein Anachronismus“, heißt es in einem Positionspapier der Kampagne Nolympia.

Hartmann findet die öffentliche Schelte „unverschämt“ und nicht nachvollziehbar. Er hätte sich mehr Sachlichkeit gewünscht. „Es sind noch so viele Fragen offen“, so der Abegeordnete. Nicht nur beim Umweltschutz auch bei den Finanzen. Die Stadt habe noch immer nicht realisiert, dass sie eine Bürgschaft für Garmisch übernehmen müsse, erklärt Hartmann gegenüber klimaherbst.de. Der Olympiaskeptiker wolle jetzt das Gespräch mit den Münchnern suchen.

Sabine Krieger bestätigt, dass es auch im Stadtrat viele offene Fragen gibt. Insbesondere „ein Ersatzkonzept für das gescheiterte Biosphärenreservat“ wünscht man sich im Rathaus, so Krieger zu klimaherbst.de. Und auch zur Finanzierung gebe es in der Fraktion noch viel Aufklärungsbedarf.

Die Grünen sehen sich in der Pflicht: Schon bei den Kommunalwahlen 2008 hatten sie mit ökologischen Spielen geworben.
Mit diesem Werbespot:

Die neuen Zahlen sollen im Juli dem Stadtrat präsentiert werden. Im Oktober müsste der Stadtrat man dann dem so genannten Bid Book (der ausführlichen Bewerbungsmappe) zustimmen, um den Zeitplan einzuhalten. „Wenn wir konkrete Zahlen haben werden wir diskutieren, ob wir dabei bleiben oder nicht“, so Krieger. Einen Freifahrtschein für Olympia haben die Initiatoren also nicht.

Rund 3 Milliarden Euro Gesamtkosten werden für die Austragung der Spiele kalkuliert. Rund 1 Milliarde davon geht in die Kosten für das operative Geschäft. Die restlichen 2 Milliarden werden für Infrastruktur und Bauwerke ausgegeben. Der Topf für operative Budget speist sich aus Sponsorengeldern, Verwertungsrechten und Eintrittskarten. Für die Baukosten müssen wohl vor allem Land und Bund aufkommen.

Jürgen Bühl, Prokurist der Bewerbungsgesellschaft, sieht keine Gefahr, das die Stadt am Ende auf Schulden sitzen bleibt. „Wir haben das großzügig kalkuliert“, erklärte der frühere SPD-Öffentlichkeitsarbeiter aus dem Ude-Büro vor einigen Tagen auf der Vollversammlung des Kreisjugendrings.

Auch die bisher so spärlich tröpfelnden Sponsorengelder machen der Geschäftsleitung kein Kopfzerbrechen. heißt es. Von den für die Bewerbungsphase notwendigen 30 Millionen Euro sind erst Zweidrittel eingeworben. Zehn Millionen fehlen noch. Kein Problem, man benötige das Geld ja nicht sofort. Und schon in Kürze werde man einen neuen Großsponsor präsentieren, kündigt Bühl an.

Sein Kollege Boris Schwartz, Stadtrat der Grünen und Umweltbeauftragter der Bewerbungsgesellschaft, versucht die Gegner mit den Hinweisen auf das Plusenergiedorf zu überzeugen. Seiner Meinung nach seien die Spiele die einmalige Möglichkeit in München ein Ökoquartier zu schaffen, das regenerative Energie produziert und zugleich dringend notwendigen Wohnraum schafft. Zusammen mit dem Mediendorf sollen insgesamt mehr als 1000 Wohneinheiten entstehen.

Für viele Umweltschützer ist das Ökodorf nur ein Feigenblatt. Auch dass die Spiele komplett klimaneutral gestellt werden sollen, überzeugt die Kritiker nicht.

„Greenwashing und Alpen-Disneyland in Zeiten des Klimawandels, null Transparenz und fehlende demokratische Kontrolle, sittenwidrige Knebelungsverträge für die austragenden Orte, explodierende Kosten und größenwahnsinnige Straßenbauprojekte – für all dies steht die Bewerbung von „München+2“ für die Olympischen Winterspiele 2018“, heißt es auf der Website www.nolympia.de

Der Sportreporter und Blogger Jens Weinreich nennt das, was hier in München gemacht wird übrignes „ein PR-Gegacker erster Güte“. Bei ihm gibt es auch noch ein paar weiterführende Links und Kritik an der Bewerbung.

Zumindest sind unsere Fußballer für Olympia 2018 in München – auch wenn das in dem Video der Bundesliga als offizieller Unterstützer der Pläne nicht bei allen Spielern soüberzeugend wirkt wie bei Willy Bogner.

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