Risiko Radfahren: Kapuzinerstraße wird sicherer – Unglück in Haidhausen

Radfahren in München wird sicherer – zumindest an der Kapuzinerstraße. Der Stadtrat hat heute den Auftrag erteilt, die Kapuzinerstraße mit einem Markierungsstreifen fahrradgerecht zu gestalten. Der Beschluss wird von einem Unfall an der Rosenheimer Straße überschattet. Der ADFC fordert Tempo-30 in der Innenstadt.

Die Stadtratsfraktion der Grünen musste mehrere Jahre dafür kämpfen – nun ist es geschafft: Den Radfahrern wird auf der Kapuzinerstraße mit der Markierung eines Fahrradstreifen der lang geforderte Schutzraum geschaffen.

Stadtrat Paul Bickelbacher und Stadträtin Sabine Nallinger begrüßen den Beschluss als „wichtigen und notwendigen Beitrag zu größerer Attraktivität und Sicherheit des Radverkehrs in München.“

Überschattet wird der Beschluss durch die Nachricht über den Unfalltod einer jungen Frau in der Rosenheimerstraße. Der Unfall ereignete sich an einer Einmündung, die seit langem als Gefahrenstelle bekannt ist, da der Radweg in die sehr dicht befahrene Straße einmündet. Eine 23-Jährige wurde am Montagmorgen um 9.15 Uhr stadtauswärts fahrend, nahe der Einmündung Balanstraße, vom rechten Hinterrad des Lkw erfasst. Die Radlerin wurde mitgeschleift und war sofort tot.

Hierzu erklärt Sabine Nallinger: „Dieser schreckliche Unfall zeigt einmal mehr, dass Radfahrer in München an manchen
Stellen erheblichen Risiken ausgesetzt sind. Diese Risiken zu beseitigen oder wenigstens zu entschärfen ist eine verkehrspolitische Aufgabe von hoher Priorität – dies werden wir Grüne immer wieder einfordern.“

Weil Stellplätze oder eine Fahrspur wegfallen müssten, konnten sich die Grünen mit ihrer Forderung nach einem durchgängigen Radweg bisher nicht durchsetzen. Nachdem das so ähnlich heute auch in der SZ steht, könnte sich die Situation vor Ort bald ändern: „Die Stelle gilt als gefährlich – und die Verantwortlichen im Rathaus arbeiten seit längerem an einer Lösung. Bislang konnten sie sich nicht einigen, wie man eine Verlängerung des Radwegs in der Rosenheimer Straße anlegen könnte. Denn dafür müssten Kfz-Spuren oder -Stellplätze weichen.“, so die SZ.

Der ADFC forderte heute erneut die flächendeckende Geschwindigkeitsbegrenzung, um die Sicherheit der Radler zu gewährleisten. Der Interessensverband unterstützt den Vorschlag des Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle, Tempo-30 in München zur Regelgeschwindigkeit zu machen.

Für den ADFC hätte die Maßnahme auch eine psychologische Komponente: Das Prinzip würde zu einer „Bewusstseinsveränderung beim Thema Geschwindigkeit“ führen, die zu mehr Sicherheit im gesamten Straßenverkehr, besonders jedoch für den Rad- und Fußverkehr führen würde, heißt es.

Laut ADFC ist das Risiko eines tödlichen Ausgangs für einen Zusammenstoß zwischen Kfz und Fußgänger bei 50 km/h mehr als fünfmal größer als bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 30 km/h. Tempo-30 verbessere zudem die Aufenthaltsqualität in den Innenstädten und mache unsere Städte lebenswerter.

Seine langjährige Forderung einer Regelgeschwindigkeit von 30 km/h hat der ADFC jüngst auf der Bundeshauptversammlung im November in Regensburg bekräftigt. Der Verband liegt mit dieser Forderung auf einer Linie mit dem Europäischen Parlament und der European Cyclists‘ Federation.

Auch wenn die politische Mehrheit im Stadtrat bisher fehlt, hat der ADFC in der Verwaltung mehrere Verbündete: Umweltreferent Joachim Lorenz hat eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h sogar in Abschnitten von Hauptverkehrsstraßen gefordert, um die von der EU geforderten Ziele zur Reduzierung des Verkehrslärms zu erreichen.

Nebeneffekt: Radverkehrspflicht fällt weg

Speziell für den Radverkehr bringt Tempo 30 einen weiteren Vorteil: Bei dieser Höchstgeschwindigkeit können Radfahrerinnen und Radfahrer immer ohne eigene Radverkehrsanlage sicher auf der Fahrbahn fahren.

Mit der Zunahme des Radverkehrs in München auf einen Anteil von derzeit bereits 17,4 Prozent an allen zurückgelegten Wegen, sind die vorhandenen Radwege laut ADFC häufig nicht mehr in der Lage, die Radler aufzunehmen. „Oft genügen sie auch längst nicht mehr den aktuellen planerischen Standards“, kritisiert der Verband. Eine teuere, eigene Infrastruktur lehnen die Radprofis jedoch ab: Nur wenn der Radverkehr auf der Fahrbahn geführt wird, könne er in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen.

Altstadt: Tempo 30 ist schon Realität

Unabhängig von der Frage einer etwaigen Änderung der Regelgeschwindigkeit ist der Anteil an Tempo-30-Straßen in München 2011 weiter gewachsen. Die nahezu flächendeckende Einführung dieser Geschwindigkeit in der Münchner Altstadt im Sommer 2011 begrüßt der ADFC München sehr und sieht damit eine Forderung realisiert, die er in seinem Altstadtkonzept erhoben hatte.

Die Maßnahme habe deutliche Verbesserungen bei den Durchquerungsmöglichkeiten der Altstadt per Fahrrad gebracht. Das war vor allem bei der Öffnung der Einbahnstraßen spürbar, die nur in Tempo-30-Zonen möglich ist. Denn Einbahnstraßen, die im wesentlichen zur Lenkung des Kfz-Verkehrs dienen, konnten in der Folge für den Radverkehr in beide Richtungen durchlässig gemacht werden.

Handeln wird sichtbar

Generell zieht der ADFC eine positive Bilanz für das Jahr 2011. Mit der Marketingkampagne „Radlhauptstadt München“ zeige die Landeshauptstadt, dass sie den Radverkehr als wichtigen Teil eines modernen Nahmobilitätskonzepts sieht.

„Das schlägt sich auch immer deutlicher in ihrem Handeln nieder“, so der ADFC. Das Kreisverwaltungsreferat hat im vergangenen Jahr die Öffnung von Einbahnstraßen in
erheblichem Umfang vorangetrieben. Besonders lobenswert wird auch der heute gefasste Beschluss zur Umgestaltung der Kapuzinerstraße gewertet. Auch der Verkehrsversuch am Rotkreuzplatz wird positiv erwähnt, ebenso wie die Sanierung des Isarradwegs zwischen Reichenbachbrücke und Marienklausensteg. Erfreulich findet der ADFC auch, dass die Marketingkampagne bis 2014 fortgesetzt wird.

Forderungen des ADFC für 2012

Für das kommende Jahr hofft der ADFC auf eine Lösung für die Lindwurmstraße in ihrer Gesamtheit, die eine wichtige und von Radlerinnen und Radlern stark frequentierte Verbindungsachse darstellt.

Dringenden Bedarf an Radverkehrsstellplätzen sieht der ADFC in der City. Die Stadt habe im letzten Jahr zwar schon viele neue, moderne Abstellanlagen geschaffen. „Diese reichen aber immer noch nicht aus“, so der Radverband.

Der ADFC wünscht sich nicht zuletzt endlich die Umsetzung einer einheitlichen Gestaltung der Nord-Süd-Querung der Altstadt. Schon 2008 hatte der Verband hierfür konkrete Vorschläge unterbreitet.

Die Passage Rindermarkt – Marienplatz – Dienerstraße – Residenzstraße soll demnach für den Radverkehr durchlässig bleiben. Minimallösung wäre eine Duldung von Radfahrern
als „Gäste“ im Fußgängerbereich. Eine alternative Route über die
Sparkassenstraße muss schnellen Radlern ein zügiges Durchkommen ermöglichen.

Foto: Corinna Dumat / pixelio.de

4 Kommentare zu “Risiko Radfahren: Kapuzinerstraße wird sicherer – Unglück in Haidhausen”

  1. Claudia M. sagt:

    Ich kann Tietje nur zustimmen! „Das Bewusstsein, wie gefährlich Autos und LKWs sind, ist gar nicht vorhanden.“ Wenn man sich klar macht, wie gefährlich Autofahren für alle nichtbeblechten Verkehrsteilnehmer ist und dass man regelmäßig das Leben von Kindern aufs Spiel setzt, dann würde man in kein Auto mehr steigen.

  2. Tietje sagt:

    Das Bewusstsein, wie gefährlich Autos und LKWs sind, ist gar nicht vorhanden. Autofahrern fällt es wohl meist nicht mal auf, wenn sie uns Radler und Fußgänger schneiden, eng überholen oder anderweitig gefährden.
    Zack – sind sie weg – und wir bleiben mit unserem Schrecken in den Abgasen ihrer tonnenschweren, schnellen Autos stehen. Manchmal auch liegen.

  3. jojo sagt:

    Ich unterstütze diese Initiativen, die das Leben von Radfahrern und Fußgängern schützt. Es werden stillschweigend viel zu viel vermeidbare Verkehrsunfälle in Kauf genommen, um den Autofahrern den Spaß am Fahren nicht einzuschränken. Radfahrer und Fußgänger müssen als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer wahrgenommen werden – nicht als Störfaktoren im Autoverkehr. Die ewige Rücksicht auf auf den motorisierten Verkehr ist gestrig und gefährlich, wie man leider immer wieder erleben muss.
    Das kann nicht nur äußerst tragisch für Nicht-Autofahrer enden, sondern verringert den Lebensraum einer Stadt und ihrer Menschen – sowie die Selbstverständlichkeit und Freude sich dort frei bewegen zu können.
    Ein Thema von großer Brisanz!!

  4. Christoph sagt:

    Meine Gedanken sind bei der Familie der jungen Frau. Das ist so furchtbar. Der Platz in dieser Stadt ist so kostbar, aber jede Straße ist beidseitig mit Autos komplett zugestellt. Fussgänger werden an den Rand gedrängt, Radfahrer haben 90cm breite lebensgefährliche Holperpisten, versteckt hinter Bäumen, und direkt neben sich jederzeit sich öffnende Kfz-Türen.
    Jeden 10. Parkplatz stadtweit zu Radlabstellplätzen unwidmen! Jetzt.

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