Scholl & Co. renovieren für die Stadt

Auf den Klingelschildern stehen Namen wie Mehmet Scholl, Dieter Hildebrandt, Bastian Schweinsteiger, Marcus H. Rosenmüller, Luise Kinseher, Paul Breitner und die Sportfreunde Stiller. Eine illustre und recht prominente Gesellschaft aus Sport, Film, Musik und Kabarett, die scheinbar im Herzen von München ein gemeinsames Domizil gefunden hat – zwischen Viktualienmarkt und Gärtnerplatz. Genauer gesagt in der Müllerstraße 6 – wo ein hohes, kantiges Gebäude aus den 1950er Jahren in den blauen Himmel ragt.

Doch in diesem Gebäude wohnen keine Prominenten, keine Stars. Scholl und Co. haben dort jedoch tatkräftig mitangepackt. In der obersten Etage des fünfstöckigen Hauses haben sie alte Möbel rausgeschmissen, Eichenparkett verlegt und Wände gestrichen – und damit ein Projekt der „Goldgrund Immobilien Organisation“ unterstützt.

„Das Haus in der Müllerstrasse 6 stand fünfzehn Jahre lang leer“, sagt Georg Benecke von Goldgrund, „und wir haben nun der Stadt München geholfen und eine Wohnung des angeblich abbruchreifen Hauses renoviert.“ Hilfe, um die die Stadt München zwar nicht gebeten hat – die in diesem Fall allerdings als Protest verstanden werden muss. Denn wie schon zuvor beim Kampf um den Erhalt des Bolzplatzes der angrenzenden Glockenbachwerkstatt, will Goldgrund auch hier Flagge zeigen und kämpfen – für sozialen Wohnraum. „Die Goldgrund-Familie ist groß und wird immer größer“, sagt Benecke und betont: „Und wir sind natürlich froh, dass wir auch prominente Unterstützer in unseren Reihen haben.“

Neben Benecke steht Till Hofmann, der unter anderem Chef des Lustspielhauses sowie der Lach- und Schießgesellschaft in München ist und zu den Mitbegründern von Goldgrund zählt. „Vor einem Jahr hat aus einem Spaß heraus alles angefangen“, erzählt er. „Da hatten wir Flyer in Schwabing für ein Traumobjekt für sogenannte finanzielle Highperformer verteilt, das es so natürlich nicht gab. Und wir wollten einfach sehen, was passiert.“

Es passierte einiges: Neben einigen Kaufinteressenten, sorgte die Aktion für viel Protest bei Anwohnern und viel Verwirrung bei der Stadt München.

„Die Wohnung hier in der Müllerstraße ist allerdings kein Spaß“, sagt Hofmann. „Wir wollen der Stadt München zeigen, was wirklich möglich ist. Das keine Millionen ausgegeben werden müssen, um sozialen Wohnungsbau zu betreiben.“

Momentan sind in dem Gebäude jugendliche Flüchtlinge aus Somalia, Afghanistan und dem Irak untergebracht, um die sich der Jugendhilfeverbund „Just M“ kümmert, die wiederum die Wohnungen von der Stadt München vereinzelt nutzen dürfen.

Die Wohnung in der obersten Etage, bestehend aus Küche, Bad, Wohnzimmer und Balkon, umfasst 35 Quadratmeter  und wurde von Goldgrund innerhalb einer Woche komplett renoviert – für 2500 Euro Materialkosten und viel unbezahlter Arbeitszeit.  „Um die sieben Millionen Euro würden Abriss und Neubau verschlingen“, weiß Benecke. Und laut Kommunalreferat sei eine Erhaltung des Gebäudes nur mit „ganz erheblichem Kostenmehraufwand“ möglich.  Da schüttelt der Architekt den Kopf: „Für einen Bruchteil der Kosten kann man ganz schnell ebenso sozialen Wohnraum schaffen. Wohnraum, der den Wohnungssuchenden jetzt nützt und hilft, nicht erst in zwei, drei Jahren.“ So viel Zeit würde das städtische Projekt wohl noch brauchen bis zu seiner Fertigstellung.

Dann schaut Benecke vom Balkon rüber zu dem millionenschweren Bauprojekt „The Seven“, bei dem ein altes Heizkraftwerk zu luxuriösen Eigentumswohnungen umgebaut wird. „Da soll die Dachgeschosswohnung über zwei Etagen um die 17 Millionen Euro kosten. Aber wir wissen, wie wir unser Geld besser anlegen können.“

Ein Video zu der Aktion gibt es auch zu sehen:

Fotos: Sebastian Schulke 

2 Kommentare zu “Scholl & Co. renovieren für die Stadt”

  1. Ein super Beispiel dafür, dass Schicki-Micki bei Sanierungen nicht zwigend erforderlich ist. Und das in München! Chapeau!

  2. Marlene sagt:

    SUPER SUPER, auch wenn wir Wahlkampf haben, aber es hat wohl etwas bewegt, das sollte uns Alle aktivieren, diese Misstände nicht hinzunehmen!

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