„Sie san so a Öko – oder?“ – Hindernisse im Gespräch abbauen

Für grüne Belange zu streiten ist mühsam, denn hier stehen sich meistens abstrakte Gemeinwerte und persönliche Interessen gegenüber. Außerdem fällt es manchen Mitbürger*innen schwer, sich auf Neues einzulassen. Sie sprechen schnell von „Öko-Faschismus“ und führen Gespräche mit der Behauptung, gerade umweltsensible Bürger*innen würden nur an sich, nicht aber an die unmittelbar Betroffenen denken. Auch in der Debatte um die Sendlinger Straße werden wohl Gemüter hochkochen, wichtig aber bleibt, das Gespräch zu führen. Ein Gastkommentar von Herbert Gerhard Schön.

In München gehört der bürgerschaftliche Widerstand gegen Neuerungen und Veränderungen wie das Salz zum Radi einfach dazu. Auf dem Foto zum tz-Artikel zähle ich immerhin 12 aufständische AnwohnerInnen, die hoffentlich alle bei den kommenden Bürgerbeteiligungs-Veranstaltungen der Stadtverwaltung und des Bezirksausschusses aktiv mit dabei sein werden. Denn solange wir auf dieser Welt noch das Glück haben, uns zumindest im bayerischen Vorgarten vom Paradies fühlen zu dürfen, sollte die jetzt anstehende menschenfreundliche Umgestaltung von einem Stück Straße in der Münchner Innenstadt auch mit denjenigen Menschen in entspannter Ruhe besprochen werden können, die vom Oberbürgermeister-Wahlkampf-Versprechen in 2013/2014 – „Die ganze Sendlinger Straße wird Fußgängerzone.“ – überhaupt nicht begeistert sind.

Als früherer Außendienstmitarbeiter der kommunalen Verkehrsüberwachung der LH München (von 2009 bis 2013) habe ich mir natürlich eine sehr einseitig geprägte Perspektive auf die Sendlinger Straße als eine meiner früheren liebsten Dienst-Gebiete angeeignet: Da gab es den Stammgast im STARBUCKS, der für seinen FORD MUSTANG vorm Cafe grundsätzlich nie Kleingeld für den Parkscheinautomaten verfügbar hatte, . . . , ebenso die ganz und gar nicht farbenblinden AutofahrerInnen, die sich den Unterschied zwischen dem „erlaubtem Parken auf blau markierten Flächen“ und der orange abgegrenzten Ladezone aber trotzdem nicht erklären lassen wollten. Besonders in Erinnerung ist mir auch ein Samstags-Gespräch mit einem Anwohner geblieben, den ich beim Beladen seines Autos mit Camping-Möbel antraf. Sein relativ großes Auto war mir schon öfters aufgefallen, weil es unter der Woche immer am gleichen Platz stand. Jedenfalls erklärte mir dann dieser Anwohner im Gespräch, dass er unter der Woche eigentlich nie wegfahren täte, weil er nur am Sonntagabend „seinen Parkplatz am Haus“ wieder frei vorfinden würde. Auch dieser Anwohner sollte zu den Bürgerbeteiligungs-Veranstaltungen „Die ganze Sendlinger Straße soll Fußgängerzone werden.“ hingehen – vielleicht erkennt er mich dann wieder. Bei unserem vergangenen Gespräch konnte er mir jedenfalls gar nicht glauben, dass ich am Münchner Stadtrand lebe und seit 1995 kein eigenes Auto mehr habe. Natürlich würde ich ihm gerne noch einmal von meinen langjährigen STATTAUTO-Erfahrungen erzählen, weil er mich damals schon recht groß angeschaut hatte: „Sie san so a Öko – oder?“

Wenn das dann mit der Fußgängerzone in der Sendlinger Straße gut geklappt hat, könnten wir uns ja anschließend alle frisch beschwingt mit der wunderschönen Idee eines Boulevards an der Sonnenstraße beschäftigen. Dabei dürfte es uns miteinander sicher nicht langweilig werden.

 

Fotocredit: Flickr/Ben Garrett

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