SPD: Münchner noch nicht reif für 25% Radlquote.

„Wenn man das Ziel zu hoch steckt, wird man enttäuscht!“ Aus diesem Grunde lehnt Ingo Mittermaier, verkehrspolitischer Sprecher der SPD im Rathaus, die ambitionierten Radlstadt-Pläne der Grünen ab. Das Stadtratsmitglied befürwortet, dass der Radverkehrsanteil noch über die 17 Prozent ansteigt, hält es aber für „unrealistisch“, wenn die Münchner bis 2020 sogar ein Viertel ihrer Wege mit dem Drahtesel bewältigen sollen.

Mittermaier betonte im Interview mit Grün&Gloria, dass die Stadt mit der „Radlstadt Kampange“ bereits viel unternehme, um den Radverkehr zu fördern. München sei anderen Großstädten in Sachen Fahrradpolitik um einiges voraus. Bevor die Stadt weitere Maßnahmen ergreift, sei zuerst einmal die Initiative der Bürger gefragt. Insgensamt sieht Mittermaier München auf einem guten Weg, aber für neue einschneidende Maßnahmen in der Radlpolitik, müsse erst eine Bewusstseinsveränderung in der Bevölkerung stattfinden. „Was bringen mehr Fördergelder, wenn der fehlende Platz im Straßenraum das Hauptproblem beim Radwegebau ist. Außerdem setzten wir in Zukunft mehr auf Radfahrstreifen als auf Radwege, weil diese besser von Radfahrern angenommen werden.“

Grüne fordern mehr Fördergelder

Die Grünen wollen 21 Millionen Euro für den Radverkehr ausgeben. Die SPD hält die aktuelle Nahverkehrspauschale von 4,5 Millionen für ausrreichend. Bereits 2009 nach der Erhöhung von 1,5 auf den jetzigen Stand, habe man die Radwegspauschale in Nahverkehrspauschale umbenannt, um die Möglichkeit zu nutzen, aus dem großzügigen Etat noch Projekte anderer Sparten zu finanzieren – wie die im September stattfindende Fußgängermesse „Walk 21“, betonte Mittermaier.

Mittermaier ist der Meinung, dass künftig für den Ausbau von Radwegen sogar weniger Geld nötig ist: Der Ausbau koste immer weniger Geld, da die Leute keine gesonderten Radwege wollten, sondern viel lieber die Straßen mitnutzen, so Mittermaier. „Es liegt also nicht daran, dass kein Geld da wäre!“

Kritikpunkte am Vorschlag der Grünen

Mittermaier sieht die Platznot als das größte Konfliktfeld. „Es sind kaum freie Flächen für Radstrecken oder – Stellplätze vorhanden“, so Mittermaier. Die Umstrukturierung von Autostellplätzen und Straßen hin zu einem „mehr zweirad-dominierten Verkehr“, hält Mittermaier nur an Orten für sinnvoll, an denen der PKW-Verkehr ohnehin zurückgeht. „Ansonsten sind Konflikte mit Autofahrern und Anwohnern zu befürchten“, mahnt Mittermaier.

Mittermaier ist der Überzeugung: “ Die Grünen können sich einen so drastischen Vorschlag erlauben, die SPD, als Volkspartei, wolle aber nicht nur den Radverkehr, sondern den Umweltverbund insgesamt fördern – also auch den Öffentlichen Personennahverkehr“, so der SPD-Verkehrsexperte. „Wir wollen ein breites Spektrum zufriedenstellen und brauchen auch Lösungen für den Wirtschaftsverkehr.“

Die SPD will weiterhin vor allem auf den Ausbau der U- und S-Bahn- sowie Tram- und Busnetze setzen. Dies sei das „momentan ganzheitlichste Modell“, argumentiert Mittermaier. Der öffentliche Nahverkehr sei jederzeit und für jedermann nutzbar. Fahrradfahrer hätten ja gerade im Winter allzu oft Probleme.

SPD fordert Realismus beim Ausbau der Radwege

Auch die SPD wolle den Ausbau des Radverkehrs vorantreiben, „aber in einem realistischen Rahmen“, so Mittermaier. Zur Zeit prüfe man in vielen Straßenzügen, ob Radwege markiert werden können ohne den Autoverkehr groß einzuschränken. Paradebeispiel für den gelungenen Ausbau einer Radspur sei die Rosenheimer Straße vor dem Motorama Einkaufszentrum. Hier hat die Stadt nach dem Tod einer Radfahrerin den Autofahrern eine Spur weggenommen, um den Radverkehr sicherer zu machen.

Dort, wo die Verkehrssituation es zulasse, werde man darüber nachdenken, weitere Straßen zurückzubauen. Aber der Trend ist laut Mittermaier eindeutig: „Es stimmt gar nicht, dass die jungen Leute kein Auto mehr fahren würden. Im Gegenteil die Zulassungszahlen für Autos steigen.“

Die SPD hat sich das Ziel gesetzt, den vorhandenen Autofluss zentral auf den Hauptverkehrsachsen – wie dem Mittleren Ring – zu bündeln. In den Wohngebieten gäbe es dann in Tempo 30 Zonen auch sichere Straßen für Radler. Auch hier sei München bereits auf einem guten Weg, denn 80 Prozent der Straßen im Stadgebiet sind Tempo 30 Zonen, sagt Mittermaier.

PKW-Stellplätze sollen erhalten bleiben

Ein heikler Punkt ist die Stellplatzfrage. Die SPD lehnt den Umbau von PKW-Stellplätzen zu Radparkzonen ab. Man habe allerdings auch in diesem Bereich neue Maßnahmen auf den Weg gebracht. Etwa den Fahrradabstellerlass für Neubauten. Jedes neu errichtete Wohngebäude muss 1,5 m² Abstellfläche für das Zweirad ein jedes Bewohners zur Verfügung stellen.

Grüne wollen in sieben Jahren acht Prozent mehr Radler auf den Straße sehen

In der vergangenen Woche hatte die Grüne Stadtratsfraktion den Antrag gestellt, die Anstregungen zur Radverkehrsförderung in der Landeshauptstadt zu verdoppeln. Neben einer Erhöhung des Radverkehrsanteils von 17 auf 25 Prozent bis zum Jahr 2020, ist unter anderem auch vorgesehen, die Fördermittel auf 21 Millionen Euro im Jahr zu erhöhen. Mit diesem Geld sollen vor allem das Radverkehrsnetz und die Abstellmöglichkeiten ausgebaut werden – auch durch die Umwandlung von Auto-Parkplätzen in Stellflächen für Radler.

Foto: David Süß/Radlhauptstadt

1 Kommentar zu “SPD: Münchner noch nicht reif für 25% Radlquote.”

  1. Lieber Herr Mittermaier,

    seien Sie doch nicht so pessimistisch. 25 % sind ein gutes Zwischenziel.

    Der Radlverkehr verdient Förderung und nicht erst dann, wenn eine Radfahrerin totgefahren ist.
    Radverkehr ist leise, flexibel, energiesparend, macht fit, bringt einen an die (frische) Luft. Alles wunderbar. Nicht umsonst rufen auch die Krankenkassen zu Aktionen auf wie „Mit dem Rad zur Arbeit“.

    Als RadlfahrerIn wird einem sehr schnell klar, dass die wirklichen Verkehrshindernisse die Autos sind (logisch, die sind ja viel länger und breiter), die überall da rumstehen, wo man eigentlich durchfahren dürfte, die einen in Straßenbahnschienen drängeln, einem zwischen Parkstreifen und Fahrbahn in die Zange nehmen.

    Eine der ersten Aktionen zur Radlhauptstadt war eine Schrift für Radfahrer, was sie alles beachten müssen. Ich fände das Geld gut angelegt, wenn auch die Autofahrer darüber informiert werden, wie sie sich gegenüber schwächeren Verkehrsteilnehmern zu verhalten haben.

    Eine super Aktion schlug der VCÖ vor. Wer den Autoführerschein erwirbt, soll auch Fahrradstunden nehmen. Da kann man Geld gut und lebensrettend anlegen. Das ist natürlich nicht in der Entscheidung der Stadt München. Aber Fahrradschnupperkurse für Autofahrer, mit Zertifikat und Blaskapelle zum bestandenen und überlebten Kurs, warum nicht?

    Also nur Mut
    wünscht Ihnen Gunhild Preuß-Bayer von „Wohnen ohne Auto“

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