Seit fast 30 Jahren engagieren sich Mensch&Natur für den ökologischen Landbau, die Erhaltung ländlicher Lebensräume und die Verbreitung von handwerklich hergestellten Lebensmitteln. Sie haben sich zur Aufgabe gemacht, Lebensmittel von Kleinerzeugern zurück in den Handel zu bringen. Mit Mensch & Natur schufen sie einen Online-Marktplatz, der genau das bezweckt. Somit fördert Mensch & Natur eine Landwirtschaft von regionalen Kleinerzeugern, ohne Monokulturen und Massenproduktion. Oliver Germek, Vorstand von Mensch & Natur, hat sich unseren Stadtverbesserer-Fragen gestellt.
5 MAL SUSTAINABLE
1. Worum geht es bei euerm Projekt?
Wir möchten die Regeln des Lebensmittelmarktes verändern und eine nachhaltige, wertvolle Lebensmittelversorgung entwickeln – mit unserem einzigartigen „Marktplatz für Bio-Lebensmittel von Kleinerzeugern“.
Kunden lassen sich bequem frische, natürliche Bio-Lebensmittel nach Hause liefern – zu Preisen wie im Bioladen. Die Produkte stammen von Kleinerzeuger, wo immer möglich aus der Region, und erhalten so eine neue Absatzmöglichkeit. Sie verkaufen ohne den üblichen Verfügbarkeitsdruck im Handel, ohne Wachstumszwang und erhalten bis zu 75% des Verkaufspreises.
2. Warum tut ihr das?
Es gibt eine ganze Reihe von Gründen. Wesentlich ist, dass sich der Lebensmittelmarkt hierzulande in eine Richtung entwickelt, die wir als Sackgasse sehen: uniforme Lebensmittel aus Massentierhaltung, Monokulturen und Agrarindustrie dominieren heute die Regale im Supermarkt. Eine Richtung, die immer mehr Bürgern missfällt und ganz einfach nicht nachhaltig ist.
Wir wollen hingegen unseren Kunden natürliche Lebensmittel in höchster Bioqualität bieten. Lebensmittel, sondern von Bauern und Familienbetrieben, innovativ, mit handwerklicher Kompetenz und im Gleichgewicht der Natur hergestellt wurden. Zudem soll der Kunde die Möglichkeit haben, genau nachverfolgen zu können woher seine Lebensmittel stammen – eben Bio-Produkte ‚mit Gesicht‘.
Gleichzeitig möchten wir kleinen Betrieben durch diesen neuen Absatzweg eine neue Perspektive schaffen. Denn so erhalten wir nicht nur direkt handwerkliche Arbeitsplätze in den kleinen Betrieben, sondern wirken gegen Landflucht, gegen den Verlust unseres einzigartigen ländlichen Kulturraum und alle damit zusammenhängenden Folgen.
3. Wie lang war der Weg von der Idee bis zur Umsetzung?
Wir sind seit 1985 Anbieter und Versandhändler von Biotee und –kaffee. In 30 Jahren erlernt man intensiv die Regeln eines Marktes und kennt Viele. Immer konkreter wurde es, als wir uns bis 2011 intensiv mit der Zulassung von Stevia als natürlicher Zuckerersatz beschäftigt haben. U.a. haben wir in einem 10jährigen Rechtsstreit gegen den Freistaat Bayern die Verwendung von Steviablättern in Tee vor dem EuGH durchgesetzt. Beim Thema Zucker und Süßen kommt man der Nahrungsmittelindustrie und den Handelskonzernen sehr, sehr nahe, das können Sie glauben. Die Erkenntnis wuchs, dass Kleinbetriebe im Agrarbereich sehr wichtig sind, sie aber immer schneller verschwinden, weil es keine nachhaltigen, fairen Absatzkanäle für sie gibt. Die Folge: sie sterben aus und es bleiben immer öde, wenig nachhaltige Agrarfabriken.
So entstand seit Mitte 2012 die Idee des Marktplatzes der Kleinerzeuger für überregionale Bio-Lebensmittel. Und seit Sommer 2014 ergänzen wir unser Angebot um frische Produkte aus der Region zum Münchner Online-Bioladen.
4. Woran könnte es scheitern?
Die Umsetzung stellt und immer wieder vor logistische Herausforderungen, aus denen wir aber im Laufe der ersten Monate viel gelernt haben. Hinzu kommt natürlich die Tatsache, dass wir mit vielen kleinen Produzenten arbeiten, die nicht immer alles liefern können. Da kann es schon mal vorkommen, dass wir unseren Kunden über mehrere Wochen keine Ziegenmilch liefern, da die Tiere Nachwuchs bekommen haben und die Milch für ihre Babys brauchen.
Diese Umstände müssen die Kunden erst wieder neu kennen und akzeptieren lernen, denn bisher waren wir es gewohnt, dass alles zu jeder Zeit verfügbar ist.
5. Warum sollte man gerade euer Projekt unterstützen?
Das Thema Essen geht uns alle etwas an. Und eine bessere Lebensmittelversorgung ist nicht nur möglich, sondern auch notwendig!
Der gesichtslosen, umweltzerstörenden Agrarindustrie, Massentierhaltung und Monokulturen – auch im Bio-Anbau – wollen wir eine nachhaltige Alternative entgegen stellen.
Wenn wir eine echte Veränderung wollen, so funktioniert dies aber nur gemeinsam. Durch unsere Idee kann jeder dazu beitragen Kleinerzeuger zu unterstützen, die Umwelt zu schützen und ländliche Räume zu bewahren.
Die heutige monoindustrielle Ausrichtung in der Lebensmittelbranche ist ganz offensichtlich falsch. Also lasst uns robuste, attraktive Alternativen schaffen.
Oder sollen unsere Kinder und Enkel uns in 30 oder 40 Jahren wirklich vorwerfen, dass wir Ihnen nichts als Agrar-Brachen und verseuchte Masttier-Regionen hinterlassen?
5 MAL MÜNCHEN
1. München in drei Worten.
Grün, Engagiert, Unterschätzt
2. Wo ist in München für Dich die Welt immer in Ordnung?
An vielen Orten, das zeichnet unsere Stadt aus. Besonders aber im Innenhof unseres Büros. Hier im Sommer auf der Bierbank zu sitzen, durch das Vorderhaus vom Straßenlärm geschützt, und den Geräuschen aus den Nachbarhöfen zu lauschen und die Welt könnte nicht schöner sein.
3. Wochenends: Dein Ausflugstipp im Münchner Umland?
Nehmt eure Fahrräder mit in die S-Bahn und dann ab zum Ammersee. Hier könnt ihr gemütlich um den See radeln und immer wieder zum Baden anhalten.
4. Wochentags: Deine drei wichtigsten Nahversorger?
Ganz klar, unsere vielen Bauern und Familienbetriebe, die uns ihre tollen Lebensmittel für den Lieferservice bringen. Da fällt es schwer sich auf 3 festzulegen.
5. Kultur-Tipp: Was sollte man sich in München zurzeit anschauen?
Nicht nur zurzeit, sondern eigentlich immer, können wir euch den verlassenen S-Bahnbahnhof im Olympiapark empfehlen. Er wurde zu den Olympischen Spielen 1972 gebaut, aber mittlerweile nicht mehr benutzt. Es ist total spannen zu sehen, wie sich hier die Natur langsam ihren Raum zurückerobert.
5 MAL DU
1. Was darf in deinem Kühlschrank nicht fehlen?
Ein köstlicher Joghurt vom Milchbauern Zierer aus Freising. Ich hatte vergessen wie gut Joghurt schmecken kann.
2. Welches Buch sollte jeder lesen?
Aktuell lese ich Thomas Piketty’s Buch ‚Das Kapital‘. Es motiviert und inspiriert mich, weil es in jedem Satz um Verbesserungen ringt.
3. Welchen Internetlink empfiehlst du?
greencity.de Hier gibt es einfach immer spannende Projekt zu entdecken.
4. Der beste Song zum Weltverbessern?
Rio Reiser’s „König von Deutschland“. Grenzenlos optimistisch. 🙂
5. Beichte: Welcher Klimasünde verfällst du?
Skifahren, denn das ist meist nur noch, auf beschneiten Pistenautobahnen möglich.
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