Tausch dich glücklich

Kleidung, im Überfluss, aufgetürmt zu Bergen von Jacken, Hosen, T-Shirts und Röcken, aus denen man sich das Beste herauspicken kann und behalten darf. Dazu Schuhen in allen Größen und Modellen, Kleiderstangen voller Handtaschen – ebenfalls zur freien Wahl. Klingt nach Sommerschlussverkauf und Wühltisch, nach Shoppingrausch und Konsumwahn. Doch nichts dergleichen. Dieser Anblick bietet sich so auf den Kleidertauschpartys von GreenCity und die haben nichts mit exzessivem Geldausgeben zu tun. Vielmehr steht hier der Gedanke der Wieder- und Weiterverwendung von Kleidung im Vordergrund, frei nach dem Motto „One man’s trash is another man’s treasure“. Denn hier kann jeder kommen und seine alten, ungeliebten Klamotten gegen andere tauschen.
Gerade warten etwa sechzig Frauen schwerbepackt mit Tüten und Rucksäcken auf den Einlass in dieses alternative Konsumparadies. Bis auf die Goethestraße zum ImportExport zieht sich die Schlange bereits, man sieht, dass das Konzept ankommt, die Kleidertauschpartys werden von Mal zu Mal beliebter.
Es ist bereits die vierte Party, die GreenCity in diesem Jahr organisiert. Der gemeinnützige Verein, der seit 1990 besteht, will mit Veranstaltungen wie dem Carrotmob oder der Wanderbaumallee das grüne Bewusstsein der Münchner wecken und die Stadt für Themen wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz und alternative Energien sensibilisieren.
Seit 2009, seit dem Beginn der Kleidertauschpartys sei der Andrang stetig größer geworden, wie Margit Steiner, die Leiterin des Bereichs Kommunikation bei GreenCity bestätigt. „Das Interesse an grünen Themen wächst“, so Steiner.
Ebenso gewachsen ist auch die Schlange vor dem Eingang, denn immer mehr Frauen warten darauf, endlich hinein zu können. An der Tür hat sich bereits ein kleiner Stau gebildet. Drei Euro Eintritt kostet der Tausch-Spaß, dafür bekommt man einen Getränkegutschein, den man an der Bar gegen Helles und Öko-Brause einlösen kann. Die Veranstaltung soll eindeutig Partycharakter haben, aus den Boxen tönt leiser Elektro im Stil Fritz Kalkbrenners und auch das Publikum ist dem, das man auf einer Off-Location Party antreffen könnte gar nicht so unähnlich. Die Frauen tragen Brille und wenig Makeup, die Männer in der einen Hand ein Helles und auf dem Gesicht einen eher überforderten Ausdruck.
Verständlich, denn momentan gleicht das Geschehen doch eher den letzten Tage eines Räumungsverkaufs oder dem Launch der neuesten H&M Design-Kooperation. Immer mehr Menschen strömen ins GreenCity Büro. Hipster und Ökos, sie alle stürzen sich gleichsam auf die Tische, auf denen die Röcke, T-Shirts, Hosen und Kleider liegen, fieberhaft auf der Suche nach den besten Stücken. Jeder kann nehmen was ihm gefällt, es gibt kein spezielles Punktesystem, nachdem die Kleider bewertet werden und das für Gerechtigkeit beim Tauschen sorgen soll, so wie es auf anderen Veranstaltungen üblich ist.
„Uns geht es in erster Linie darum, dass Kleidung möglichst lange getragen werden kann, um dadurch Ressourcen zu schonen“, erklärt Margit Steiner. „Wir hatte bis jetzt auch nicht das Gefühl, das dies jemand ausnützt – manch einer kommt vielleicht ohne etwas und nimmt sich trotzdem ein T-Shirt, andere bringen dafür ganz viel und nehmen nichts – es gleicht sich doch meistens wieder aus.“ Und trotz des großen Andrangs bleibe am Ende immer einiges übrig, so Steiner. Dies wird von den Verantwortlichen dann der Diakonie übergeben, die die Kleidung weiterverwerten.
Am Rand stehen Alexandra, 20 und Marie, 19 und probieren bereits ihre ersten Täusche an: ein T-Shirt mit Eulenmotiv und einen Wollpulli haben sie gefunden, Alexandra noch eine schwarze Handtasche aus Leder. Die beiden sind begeisterte Kleider-Tauscherinnen erzählt Marie, sie kommen zu fast jeder Party. „Ich finde die Idee des Kleidertauschens super. Jeder hat doch einen Haufen Dinge im Schrank, die er nicht mehr trägt. Dann ist es doch besser sie jemandem zu geben, dem sie wirklich gefallen.“ Doch auch der Gedanke dahinter, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ist für die beiden Umweltingenieurinnen ein Thema: „Ich versuche eigentlich, außer bei Jeans und Unterwäsche, komplett auf Einkaufen zu verzichten – möglichst nur Second Hand, durch Kleidertausch oder die alten Sachen meiner Mutter zu tragen“, erklärt Marie.
Ebenfalls etwas abseits des Trubels, auf der Fensterbank hat es sich Student Gabriel, 21 bequem gemacht und spielt mit seinem iPhone. Er ist einer der wenigen Männer im Raum und wurde – natürlich – von seiner Freundin mitgebracht. Die sei noch eifrig am Tauschen, erzählt er und auch er habe eine Hose ergattern können. „Es ist meine erste Kleidertauschparty und ich bin von der Idee begeistert. Allerdings ist mir hier fast schon zu viel los.“
Doch allmählich, es ist bereits halb Zehn, scheint der Andrang etwas abzuflachen. Immer mehr Besucher packen ihre Tüten, viele gehen mit mehr als dass sie gekommen sind. Nach über zwei Stunden nähert sich die Tauschparty langsam ihrem Ende, bei der hoffentlich jedes ehemalige Lieblingsteil einen neuen Besitzer gefunden hat.

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