Wenn die Bäume Bänder tragen

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Haidhausens Widerstand gegen den geplanten S-Bahntunnel ist seit heute Nacht im Herzen der Stadt angekommen. Die Bürgerinitiative aus dem Osten der Stadt umwickelte um kurz nach 5 Uhr die Bäume am Marienhof mit Bandarolen. „Der Baum bleibt hier!“, prangt an den Stämmen. Man will damit die Verpflanzung der Bäume verhindern, die der Stadtrat am morgigen Mittwoch beschließen will. Die Bahn möchte beginnen,  die Bauarbeiten für die umstrittene zweite Stammstrecke vorzubereiten. „Wir wollen damit an die Stadträte appellieren, ihr Entscheidung zu überdenken“, erklärt Walter Heldmann, Sprecher der Bürgerinitiative S-Bahn-Tunnel Haidhausen.

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„Wir sind keine Wutbürger, sondern Vernunftbürger. Noch!“, sagt Ingeborg Michelfeit, Mitbegründerin des 2005 entstandenen Bürgerbündnisses. Seit Jahren kämpfen die Haidhauser gegen die Pläne, die zweite Stammstrecke in einem teuren Tunnel zu vergraben. Die Bürger im Münchner Osten fürchten die jahrelangen Baustellen und haben sich intensiv mit den Planung beschäftigt – zum Teil sogar eigene Studien in Auftrag gegeben.

Das Ergebnis ist für die Bürger eindeutig: Der Tunnel sei zu teuer, der Bau dauere zu lange und die Strecke bringe den Bahnkunden durch die Ausrichtung auf die Mitte Münchens kaum Vorteile.

Der Stadtrat will morgen darüber entscheiden, ob die Bahn auf dem Marienhof mit Vorarbeiten beginnen darf, obwohl die Baugenehmigung noch nicht da ist. Neben der Verpflanzung der Bäume in eine Münchner Baumschule soll bereits ein Bauzaun aufgestellt werden.

Während die SPD-Fraktion offenbar weiter zu dem Tunnelprojekt steht, bröckelt bei der Grünen Stadtratsfraktion offenbar wieder der Rückhalt für die Millarden-Strecke. Auch die Münchner CSU ist der Meinung, dass ein Südring die bessere Lösung sein könnte.

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Der Bürger und die Bäume: Die Bilder erinnern an Stuttgart. Wie im Schlossgarten nutzen die Gegner des S-Bahntunnels die Symbolkraft für ihre Öffentlichkeitsarbeit. Dass die Münchner Bäume nicht gefällt, sondern einen neuen Standort bekommen sollen, halten die Protestler für eine Farce: Die Überlebenschancen der Bäume sieht man bei null.

„Mit der Baumumsetzung sollen Fakten geschaffen werden“, fürchtet Aktivist Heldmann. Die Bürgerinitiative pflegt seit ihrer Gründung enge Kontakte zu den Rathausfraktionen. Bisher ist es ihnen nicht gelungen die SPD zu überzeugen. „Wenn wieder ein Order des Obermufti von oben kommt, stehen sie wieder zum Tunnel“, spielt der Haidhauser Bürger auf die Macht des Oberbürgermeisters im Münchner Rathaus an. Auch Ude habe den Südring bis 2001 für die bessere Variante gehalten, behauptet Heldmann, „bevor ihn die Bahn katholisch gemacht hat“.

Nach der öffentlichen Anhörung und dem Ablauf der Frist für Einwände liegen die Unterlagen für den Bau der zweiten Stammstrecke derzeit bei der Regierung von Oberbayern. Sobald es dort grünes Licht gibt, kann das Eisenbahnbundesamt über den Beginn der Baumaßnahmen entscheiden. Die Tunnelgegner rechnen nicht vor 2012 damit. „Und dann gehen wir vor Gericht“, kündigt Heldmann an.

Rund 1.400 Einwände wurden alleine im Abschnitt Haidhausen im Rahmen des Verfahrens gestellt.

Fotos: Sebastian Gabriel

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