Westend kämpft um sein Grün – Lindengarten soll überbaut werden

Die Schwanthalerhöhe ist im Vergleich zu anderen Vierteln besonders dicht bebaut. Für die Bewohner ist deshalb jeder grüne Fleck wichtig. Der so genannte Lindengarten ist so ein Fleck – ein von alten Linden bewachsenes Grundstück in der Kazmairstraße an dem Fußweg zur Heimeranstraße gelegen. Wohl nicht mehr lange. Der Mini-Park soll der Nachverdichtung zum Opfer fallen – entgegen den bisherigen Ankündigungen aus der Verwaltung will man das Baurecht voll „ausschöpfen“. 

Eine Bauvoranfrage für ein fünfstöckiges Gebäude in zwei Varianten liegt mittlerweile vor. Die neuesten Pläne des Kommunalreferats, den Linden-Park für den kommunalen Wohnungsbau zu nutzen stießen daher auf helle Empörung im Bezirksausschuss. BA-Chef Wörner kündigte unerbittlichen Widerstand an. 
Schon seit einigen Jahren setzen sich der örtliche Bezirksausschuss und eine Bürgerinitiative für den Erhalt dieses Lindengartens ein, in dem nicht nur die alten Bäume, sondern auch seltene Tierarten ihr Refugium haben sollen.

Die Zusammenarbeit mit der Stadt, der das Grundstück gehört war bislang sehr konstruktiv. Die ursprünglichen Pläne dort ein soziales Wohnungsprojekt zu errichten, wurden in Zusammenarbeit mit der Bezirkspolitikern und Bürgern abgewendet, indem man gemeinsam ein ebenfalls passendes Grundstück fand.

Die von BA gewünschte Kindertagesstätte an der Stelle konnte ebenfalls nicht realisiert sei, weil der Boden dort angeblich mit „Kampfstoffen“ aus dem Zweiten Weltkrieg verseucht sein. Folglich hatte der BA beantragt, dass der Lindengarten eigentumsrechtlich dem Gartenbauamt übertragen und als Grünfläche erhalten und gestaltet werden soll.

Die Stellungnahme des Kommunalreferats zu dem Antrag auf der Sitzung des Bezirksausschusses am vergangenen Dienstag ließ nach dieser Vorgeschichte den Bezirkspolitikern die Ohren klingeln. Man sei gehalten, so das Referat, mit „städtischem Vermögen wirtschaftlich umzugehen und das Baurecht auszuschöpfen“. Eine Grünfläche sei zwar wünschenswert, aber aus wirtschaftlichen Gründen könne die Stadt auf ihr Baurecht nicht verzichten. Das Referat hat auch bereits ein Architekturbüro beauftragt, den Umfang dieses Baurechts zu prüfen und Möglichkeiten einer Bebauung aufzuzeigen, die sich in die Umgebung einfügt.

Die Linden seien dabei „unter bestimmten Bedingungen erhaltenswert“, sagte der Architekt auf der Sitzung. Aus Sicht des BA und der Bürgerinitiative – für die es bisher geltender Konsens war, den Lindengarten zu erhalten – war diese Aussage ein Affront. Stephan Reichel von der BI zeigte sich „leicht irritiert“ darüber, dass die Planung so angegangen würde, als ob nie etwas passiert sei. „Der Stadtteil fühlt sich hinters Licht geführt“, beschrieb BA-Chef Ludwig Wörner (SPD) die Stimmung.

Schließlich habe man dafür gesorgt, dass das üblicherweise umstrittene soziale Wohnungsprojekt der Stadt ohne Widerstand andernorts gebaut werden könne. Eine Bebauung des Lindengartens sei nach dem Hinweis auf die Kampfstoffe im Boden für den BA vom Tisch gewesen.
Die neue Bewertung der Sachlage durch die Stadtverwaltung warf vor diesem Hintergrund aus Sicht der Bezirkspolitiker einige Fragen auf, die die Vertreter der Stadtverwaltung nicht zur Zufriedenheit des BA beantworten konnten.

Welche Art von „Kampfstoffen“ verseucht den Boden, nachdem auf dem Grundstück im Zweiten Weltkrieg offensichtlich keine Bombe eingeschlagen hatte? Sind diese für Mieter weniger giftig als für Kindergartenkinder? Wenn der Boden ohnehin abgetragen werden muss, warum kann man dann nicht doch eine Kindertagesstätte dort errichten? Wie wirkt sich der Eintrag des Grundstück ins Biotopkataster und der geltende Denkmalschutz der umliegenden Gebäude auf die Pläne aus?  Der BA möchte jetzt alle vorliegenden Gutachten einsehen und schriftliche Antworten auf alle Fragen. „Sie ziehen sich einen Widerstand zu, der sich gewaschen hat“, sagte Wörner.

3 Kommentare zu “Westend kämpft um sein Grün – Lindengarten soll überbaut werden”

  1. Es „gefällt mir“ immer weniger, je länger ich darüber nachdenke. Der in München wohnende statistische Durchschnitts-Mensch hat etwa 30 qm öffentliches GRÜN (nicht wirklich viel Platz) zur Erholung verfügbar, ein privater Hausbesitz-Mensch kann sich im Glücksfall in Pasing, Freimann, Trudering oder Solln auf mehreren hundert Quadratmetern Hausgarten des Lebens freuen. Den Menschen im Westend / Schwanthalerhöhe / Theresienhöhe stehen je Kopf gerade einmal 8 (acht!) qm öffentliche Grünfläche zur Verfügung: Bavariapark, Georg-Freundorfer-Platz, Gollierplatz, der kleine Lindengarten, . . . und (?) = hier ist jeder Quadratmeter lebendiges GRÜN mehr wert als jedes Baurecht – selbst der Stadt.

  2. Noch zum Facebook-Button:
    Mir „gefällt es“ natürlich überhaupt nicht, dass die LH München in einem der GRÜN-ärmsten Stadtviertel einen der attraktivsten Taschen-Parks dem wirtschaftlichen Verwertungs-Interesse des Kommunalreferats zu opfern bereit ist.
    Aber so gibt es jetzt einen entsprechenden Mitteilungs-Block auf meinen Facebook-Seiten und jetzt braucht es noch ganz viele MünchnerInnen, die ihrem Oberbürgermeister echte Briefe und E-Post schreiben, . . .
    Vielleicht hat Bernhard Fricke auch noch Zeit frei, einen Advents-Workshop „Wie kette ich mich schmerzfrei an einen Baum?“ anzubieten – das Ideen sammeln beginnt jetzt.

  3. Bisher schrieb ich als böse Kommentare zu den Alltags-Praktiken der Münchner Wischiwaschi-Politik in Sachen Klimaschutz, dass die Stadtverwaltung ihre vielen schönen bunten Broschüren zum Klima- und Umweltschutz eigentlich gleich wieder dem Direkt-Recycling zur Klopapier-Herstellung zuführen könnte – um dann beispielsweise die Toiletten im Münchner Flughafen zu beliefern.

    Jetzt kann sich die Münchner Stadtverwaltung den unsinnigen Umweg über das Druckpapier gleich ganz sparen. Klopapier aus Münchner Lindenholz im Rathaus-Shop ist der angesagteste „Wir gönnen uns ja sonst schon nichts“-Präsent-Artikel im ausgehenden >Internationalen Jahr des Waldes 2011<. Gibt es eigentlich schon einen Städtewettbewerb "dumm, dümmer, . . . " mit Preispokal?

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