Wie GRÜN ist München? Zahlen zum Nachdenken

München ist im Erbe der Stadtentwicklung des 19. Jahrhunderts, einer Zeit ungebremster privater Investitionen in den Städten Europas, auch heute noch die am dichtesten bewohnte Stadt Deutschlands.

Mit einer Einwohnerdichte von 4.275 Einwohnern/qkm hat sie die höchste Dichte der insgesamt 3.103 deutschen Städte, noch vor Berlin mit 3.851 E/qkm, das damit auf Platz 2 steht. (Einwohnerdichte bezogen auf die gesamte Stadtfläche für 2008, amtliche Angaben nach INKAR 2010 / BBSR)

Die Siedlungsdichte beträgt nach gleicher Quelle 5.721 E/qkm für München, bezogen auf die Siedlungsfläche, die alle bebauten Grundstücken umfasst. Auch hier nimmt Berlin mit 5.506 E/qkm den zweiten Platz ein.

Wie bekannt resultiert die hohe Einwohner- und Siedlungsdichte Münchens aus kompakten Bauweisen auf relativ kleinen Grundstücken, aber auch aus dem im Vergleich zu anderen Städten besonders kleinen Stadtgebiet. Daher ist es notwendig über die Stadtgrenze hinauszublicken. Dabei fällt auf, dass auch eine Reihe von unmittelbar benachbarten Gemeinden, die zum Siedlungskontinuum Münchens gehören, ganz vorn auf der Dichteskala der 3.103 deutschen Städte rangieren: Ottobrunn nimmt mit 3.603 E/Qkm Einwohnerdichte Platz 3 ein, Gröbenzell mit 3.044 E/qkm Platz 5, Neubiberg mit 2.464 E/qkm Platz 17 und Unterhaching mit 2.192 E/qkm Platz 28. Auch das größere München zeigt sich also als überdurchschnittlich dicht bewohnt.

Nimmt man für das Jahr 2020 einen Zuwachs auf 1,5 mio. Einwohner an, so wird die Einwohnerdichte dann bei gut 4.800 E/qkm liegen, die Siedlungsdichte bei etwa 6.300 E/qkm; aufgrund des stärkeren Einwohnerwachstums München nimmt der Abstand zu allen anderen Städten beträchtlich zu.

INKAR 2010 macht für 2008 auch Angaben zur Freiflächenentwicklung der Städte (Freifläche= unbebaute Fläche inkl. Hausgärten, Spielplätze, Hofflächen und Grünflächen). Danach hält München hier nur 87 qm/Einwohner bereit, Ottobrunn zeigt den Tiefstwert von 51 qm/E, Gröbenzell 90 qm/E. Alle anderen Großstädte weisen zumeist zwischen 160 und 300 qm/E. auf.

München hat aber früh aus der Not eine besondere Tugend gemacht. Es rangiert mit 15,6% Erholungsfläche an der gesamten Stadtfläche im Jahr 2011 vor Köln, Leipzig, Bremen, Frankfurt, Stuttgart, Dresden, die in gleicher Reihenfolge nur 10,4, 9,0, 8,2 , 6,7, 5,5, 4,5 qm/E. aufweisen können ( Die Kategorie Erholungsfläche umfasst Grünanlagen, Spielplätze, Sportanlagen und Kleingärten. Angaben aus München Statistik, 1.Quartalsheft 2011). Dabei hat München gegenüber 2001 sogar um 6,5 % zugelegt. Es hat der Münchner Tradition großzügiger und wohlgestalteter Stadtparks folgend neue Parkanlagen geschaffen, die bei der hohen Dichte Zugang zu allgemeinem, öffentlichen Grün sichern. Die Kleingartenflächen haben sich gegenüber 2001 nahezu verdoppelt auf 2,9 % an der Stadtfläche; das dürfte insbesondere durch die neuen Krautgärten erreicht worden sein, ist aber im Vergleich zu anderen Städten und angesichts der wachsenden Nachfrage nach Flächen für urbanes Gärtnern eher gering. Die Sportflächen haben hingegen deutlich abgenommen.

Die Münchner wissen die Vielzahl, die hohe gestalterische Qualität und den Nutzen ihrer Parks zu schätzen. Das belegen die 2006/7 durchgeführten Umfragen der Städtegemeinschaft Urban Audit zur subjektiven Wahrnehmung der Lebensqualität in europäischen Städten sowie des Verbandes Deutscher Städtestatistiker VDSt für deutsche Städte (VDSt, Urban AuditD (Hg.), Lebensqualität aus Bürgersicht, Frankfurt a.M. 2008). Danach sind die Münchner mit ihren öffentlichen Parks und Gärten mit Abstand am zufriedensten, bei den Sportanlagen liegen sie nach Freiburg auf Platz 2. Beides trägt dazu bei, dass München gleichauf mit Hamburg die höchsten Anteile an Bürgern aufweist, die mit ihrer Stadt zufrieden sind. Allerdings zeigen die Münchner 2006 eine nur geringe Zustimmung, dass es in den nächsten fünf Jahren angenehmer sein wird, in ihrer Stadt zu wohnen. Da dürften vor allem weiter steigende Mietpreise in München antizipiert worden sein, wie es sich ja auch eingestellt hat.

Erwähnen möchte ich noch, wie ebenfalls von mir bei der Podiumsdiskussion „Ohne Grün kaputt?“ in der VHS herausgestellt in Ergänzung von Prof. Pauleit, dass schon längst die Klimafolgen der Dichte Münchens ein erhebliches Problem darstellen. Das zeigte schon die umfassende Thermalkartierung Münchens im Jahr 1982 im Auftrage des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen (Baumgartner,A., Mayer,H. Noack, E.-M., Abschlussbericht Stadtklima Bayern München1985). Die Messungen zu unterschiedlichen Jahres- und Tageszeiten weisen in den Thermalkartierungen für das gesamte Münchner Stadtgebiet große Teile der Münchner Innenstadt
Als zur Sommerzeit langfristig überhitzt aus. Die Strahlungshitze kann über Nacht kaum bis gar nicht abgebaut werden, die kleineren Parks und Grünanlagen tragen nur bis in die zweite Reihe der Randbebauung zum Hitzeabbau bei. Durchlüftung aus dem Umland über Frischluftschneisen erreicht nur Teile des Innenstadtgebiets.

Die Stadt München bemühte sich seither um eine konsequente Stadtentwicklung der verstärkten Begrünung von Höfen, Blockinnenbereichen, Baumpflanzungen im Straßenraum und der Begrünung von Hausfassaden und Flachdächern. Diese Vorgaben könnten in letzter Zeit in Kollision geraten mit den verstärkten Bemühungen um Nachverdichtungen. Angesichts der Zunahme der Temperaturen auch in München scheint es angezeigt, bei den Neubauprojekten die Auswirkungen auf das lokale Mikroklima und auf das Stadtklima wieder deutlicher zu bedenken und soweit es geschieht auch öffentlich zu kommunizieren.

Foto: Wolfgang Dirscherl/ pixelio

2 Kommentare zu “Wie GRÜN ist München? Zahlen zum Nachdenken”

  1. Besonders in den letzten 30 Jahren hat München einen Bauboom sondergleichen erlebt. Die Veränderungen der Stadtlandschaft haben München gravierend im urbanen Stadtleben im Sinne von „Betonieren“ zubetoniert. Die Sanierungen und Veredelungen der einzelnen Stadtviertel, es begann in den 60er-Jahren in Schwabing, haben die Stadtbevölkerung nachhaltig verändert. Das „Entwohnen“ hat alte Münchner aus den angestammten Vierteln vertrieben und wechselnden Mietern, die oft auch wegen der zu hohen Mieten wieder ganz von München wegzogen, verfremdet. So leben heute sehr viele Bürger ohne jeden Bezug zu ihrer Stadt hier in München. Auf meiner Webseite http://www.karl-schillinger.de zeige ich München in einer Gesamtansicht von 1977, da können Vergleiche zu heute gezogen werden.

  2. Zugegeben: Die Stadt München bemühte sich . . .
    Aber das reicht noch lange nicht. Deshalb werbe ich für eine deutliche Steigerung der ÖKOLOGISCHEN STADTVERWALDUNG auf allen freien und befreiten Flächen der Stadt und des Umlands.
    Ebenso hilfreich für eine wirksame Stadtklima-Verbesserung sind aktive Maßnahmen einer (naturnahen) STADTVERWILDERUNG auf geeigneten Flächen: Auf Brachflächen geschieht dies meist eh von ganz alleine, in privaten Gärten sowie in den Außenflächen von Wohnanlagen und Gewerbegebäuden kann durch gezieltes Nichts-Tun die Stadtnatur erfolgreich gefördert werden.
    Wer wissen möchte, wie beispielsweise Bäumchen wichteln und andere Tätigkeiten der Stadtlandschafts-Pflege gut zu bewerkstelligen sind, kann sich gerne zu jeder Tages- und Nachtzeit an stadtverwilderung@wichtlbaamschui.de wenden.

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