Wo steht München?

Der German Green City Index, eine Analyse der Leistungen zwölf deutscher Großstädte im Bereich Umwelt- und Klimaschutz, wurde gestern veröffentlicht. Was gibt es über München zu sagen? Wo steht unsere Stadt im landesweiten und europäischen Vergleich?

München wird vom Forschungsinstitut Economist Intelligence Unit (EIU) wie die meisten deutschen Städte im Vergleich zum Durchschnitt gut bewertet. Untersucht wurden insgesamt acht Umweltkategorien. Zehn von zwölf deutschen Städten erreichten dabei mit „überdurchschnittlich gut“ die zweithöchste von fünf Bewertungsstufen. Damit schneiden sie besser ab als der Großteil der 29 europäischen Metropolen, die bereits 2009 im European Green City Index untersucht wurden.

Das detaillierte Urteil über München dokumentieren wir hier im Wortlaut:

Mit rund 1,4 Millionen Einwohnern ist München nach Berlin und Hamburg die drittgrößte Stadt Deutschlands. München hat eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten des Landes und gehört zu den wohlhabenderen Städten im German Green City Index. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf liegt bei 49.100 Euro; nur Frankfurt und Stuttgart kön nen ein höheres reales BIP vorweisen. Als das wirtschaftliche Zentrum Süddeutschlands verfügt München über eine gemischte Wirtschaftsstruktur. Hier sind mehrere große Industrieunternehmen ansässig, unter anderem in den Bereichen Maschinenbau, Automobil und Technologie. Die Industrie erzeugt allein rund 28% der Brutto wertschöpfung. Darüber hinaus gilt die Stadt als Zentrum für Biotechnologie, Mikroelektronik, IT, Medien und Dienstleistungen. Außerdem haben hier Banken und Versicherungsgesellschaften ihren Firmensitz. Nur Frankfurt rangiert als Finanzzentrum noch vor München.

Im Vergleich der zwölf untersuchten deutschen Städte erreicht München eine „überdurchschnittliche“ Gesamtwertung. Im Detail schneidet die Stadt in fünf von acht Einzelkategorien „über Durchschnitt“ ab. Besonders gut ist die Stadt beispielsweise bei der CO2-Intensität, also dem Verhältnis von CO2-Emissionen zum Wirtschaftsergebnis, wo sie im deutschen Vergleich den Spitzenplatz einnimmt. Auch bei der Energieintensität, dem Energieverbrauch pro realer BIP-Einheit, schneidet München gut ab und erreicht im deutschen Vergleich das zweitbeste Ergebnis hinter Stuttgart. Hervorzuheben sind zudem die Leistungen in der Kategorie Verkehr: München hat das bundesweit am besten ausgebaute Radwegenetz und den höchsten Anteil an Bürgern, die mit Bus und Bahn zur Arbeit pendeln.

CO2-Emissionen: In der Kategorie CO2- Emissionen liegt München im Ergebnisband „Durchschnitt“. Der jährliche Pro-Kopf-Ausstoßliegt bei 7,3 Tonnen und damit zwar über dem europäischen Durchschnitt (6,5 Tonnen), aber noch deutlich unter dem deutschen Mittelwert (9,8 Tonnen). Betrachtet man die Wirtschaftsleistung der Stadt, erreicht München im deutschen Vergleich das beste Ergebnis: Pro Euro BIP werden in München nur 147 Gramm CO2 ausgestoßen – der europäische Durchschnittswert ist mit 326 Gramm mehr als doppelt so hoch. Im Jahr 2008 hat die Stadt München beschlossen, die CO2-Emissionen schrittweise zu reduzieren. Ziel ist, den Ausstoß alle fünf Jahre um 10% zu drosseln. Bis zum Jahr 2030 will man so die CO2- Werte von 1990 um 50% reduzieren.

Grüne Initiativen: Im Mai 2010 wurde das Münchner „Klimaschutzprogramm 2010“ veröffentlicht. Demzufolge sollen zwischen 2010 und 2012 insgesamt 55 Maßnahmen umgesetzt werden, um eine 10%ige Reduktion der CO2- Emissionen alle fünf Jahre zu erreichen. Das erste Maßnahmenpaket befasst sich mit den Handlungsfeldern Gebäude, Stadtentwicklung, Mobilität und Verkehr, Energieeffizienz in der Industrie, Energieerzeugung und -verteilung so – wie Energienutzung in städtischen Gebäuden. Das Klimaschutzprogramm soll künftig alle zwei Jahre fortgeschrieben werden.

Energie: In der Kategorie Energie erreicht die Stadt ein „überdurchschnittliches“ Ergebnis. Ausschlaggebend ist unter anderem der mit 65 Gigajoule pro Einwohner und Jahr vergleichsweise niedrige Energieverbrauch. Der europäische Durchschnitt liegt bei 85 Gigajoule. Noch besser sind die Resultate, wenn man die Wirtschaftsleistung in Betracht zieht. Pro Euro BIP verbrauchen die Münchner 1,3 Megajoule. Im deutschen Vergleich schneidet nur Stuttgart noch besser ab. Im Europa-Schnitt ist der Wert mehr als dreimal so hoch (4,5 Megajoule). Vergleichsweise niedrig ist der Anteil erneuerbarer Energien; mit 2,1% liegt er unter dem europäischen Mittel von 6,3%. Dieses Thema steht jedoch bereits auf der Agenda im Rahmen des Klimaschutzprogramms; die Stadt hat sich hier ehrgeizige Ziele gesetzt.

Grüne Initiativen: Die Stadtwerke München wollen den Energiebedarf Münchens bis zum Jahr 2025 ausschließlich durch erneuerbare Energien decken. Durch eine Reihe von Umweltprojekten konnte die Produktion erneuerbarer Energien bereits gesteigert werden, etwa durch das neue Wasserkraftwerk an der Praterinsel, das seit Juni 2010 4.000 Haushalte mit Öko-Strom versorgt. Noch in diesem Jahr wollen die Stadtwerke ein neues Geothermiekraftwerk in der Gemeinde Sauerlach südlich von München in Betrieb nehmen. Dieses wird Erdwärme zur Strom- und Wärmeerzeugung nutzen. Der Strom wird ausreichen, um 16.000 Haushalte zu versorgen. Und auch über die Stadtgrenzen hinaus beteiligen sich die Stadtwerke München am Bau eines Offshore-Windparks in der Nordsee, der im Jahr 2013 in Betrieb gehen wird.

Um weitere Anreize für die Nutzung regenerativer Energien zu schaffen, gewährt die Stadtverwaltung München seit geraumer Zeit Wohnungseigentümern, die auf erneuerbare Energiequellen umsteigen möchten, finanzielle Unterstützung. Als einer der sonnigsten Standorte Deutschlands prüft die Stadt außerdem, in welchem Maße Solarenergie genutzt werden kann. Ein Beispiel ist der Ackermannbogen, ein Wohngebiet mit 319 Haushalten, deren Heizwärme zu 50% aus Solarenergie erzeugt wird. Im Sommer eingespeiste Solarenergie wird einer Speicheranlage zugeführt, sodass sie zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden kann.

Gebäude: Ein „überdurchschnittliches“ Ergebnis erreicht München auch in der Kategorie Gebäude. In einem durchschnittlichen Münchner Wohngebäude werden rund 783 Megajoule Energie pro Quadratmeter verbraucht. Dieser Wert liegt unter dem europäischen Mittel von 857 Megajoule. Positiv bewertet wird zudem, dass die Stadt Anreize zur Steigerung der Energieeffizienz bietet: Sie gewährt finanzielle Unterstützung und Darlehen für Bauherren, die ihre Fenster erneuern, ihr Gebäude isolieren, Fernwärme nutzen, Solarkollektoren installieren oder ihr Bauvorhaben durch sonstige Maßnahmen umweltverträglicher gestalten möchten.

Grüne Initiativen: Seit 1. Juli 2009 muss in München für Nichtwohngebäude ein Energieverbrauchsausweis vorliegen, der Angaben über die Energienutzung enthält; öffentliche Einrichtungen müssen diese Informationen im Internet verfügbar machen. Für Wohngebäude, die nach 1965 gebaut wurden, gilt diese Vorschrift bereits seit 1. Januar 2009, und für Wohngebäude, die vor 1965 entstanden sind, seit Juli 2008. Fehlt der Energieverbrauchsausweis beim Verkauf oder bei der Vermietungeines Objekts, wird dies mit einem Bußgeld geahndet. Gemeinsam mit der Nichtregierungsorganisation co2online hat München den „Heizspiegel München 2010“ herausgegeben, anhand des sen die Einwohner ihren Energie- und Wärme verbrauch kostenlos analysieren lassen können. Die Teilnehmer müssen dafür lediglich ihre letzte Heizkostenabrechnung einreichen. Auf dieser Basis erstellt co2online einen Bericht darüber, wie sich die Energieeffizienz des Gebäudes verbessern lässt. Der Teilnehmer erfährt auch, ob seine Heizkosten unter oder über dem Stadtdurchschnitt liegen. Darüber hinaus wird der Verbraucher über Förderprogramme für eine umweltgerechte Gebäudemodernisierung informiert.

Verkehr: München erreicht in der Kategorie Verkehr ein „überdurchschnittliches“ Ergebnis. 41% der Münchner fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit. Dieser Wert liegt über dem Schnitt der 41 europäischen Städte von 37%, und deutschlandweit ist er sogar das beste Ergebnis. Die Stadt verfügt über ein vergleichsweise dichtes Radwegenetz. Immerhin stehen den Münchnern pro Quadratkilometer Stadtfläche 3,9 km Radwege zur Verfügung, mehr als in jeder anderen deutschen Stadt und fast dreimal so viel wie im europäischen Durchschnitt (1,4 km). Dennoch ist der Anteil der Bürger, die den Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurücklegen, mit 17% recht gering und liegt unter dem Europa-Durchschnitt (22%). Das öffent liche Verkehrsnetz ist mit 2,0 km pro Quadratkilometer in etwa so groß wie das der anderen europäischen Städte (Durchschnitt 2,4 km).

Grüne Initiativen: Die Stadt München hat 2007 eine Initiative zur Förderung der autofreien Mobilität in bestimmten Bevölkerungsgruppen gestartet. Das Projekt mit dem Titel „München – Gscheid mobil“ richtet sich an Neubürger und -bürgerinnen, Kinder und Jugendliche, Unternehmen und Senioren und informiert über Alternativen zum eigenen Auto. Mit den Programmen und Workshops soll der Autoverkehr in der Stadt um circa 80 Millionen km pro Jahr reduziert werden. Das Projekt „Mobi-Race“ hat das Ziel, Kinder für ein umweltbewusstes und sicheres Mobilitätsverhalten zu sensibilisieren – das Projekt wird gemeinsam von der Münchner Verkehrsgesellschaft und dem Kreisverwaltungsreferat der Stadt München durchgeführt. Es soll Kinder zur eigenständigen Nutzung der öffentlichen Ver kehrs – mittel in München befähigen und sie für klima – freundliche Mobilität mit Bussen und Bahnen begeistern. 4.500 Schüler aus 181 Schulklassen haben seit 2005 daran teilgenommen. „Mobi-Race“ richtet sich an Schulkinder der vierten und fünften Jahrgangsstufe. Die Kinder lernen, sich im städtischen Raum zu orientieren und sich schließlich selbstständig und sicher mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen. Es werden Schlüsselkompetenzen wie Eigenverantwortung, Handlungsfähigkeiten und Teamgeist gefördert. Die erfolgreichsten Teams erhalten zum Abschluss Preise.

Wasser: In der Kategorie Wasser schneidet München ein weiteres Mal „über Durchschnitt“ ab. Wie in den anderen deutschen Städ ten ist der Wasserverbrauch auch in der bayerischen Hauptstadt deutlich niedriger als in den übrigen europäischen Städten. So verbrauchen die Münchner jährlich 63 Kubikmeter Wasser pro Kopf, im Vergleich zu 93 Kubikmetern im Durchschnitt der 41 europäischen Städte. Die Wasserverluste durch undichte Leitungen sind mit 8% ebenfalls deutlich geringer als im Europa- Schnitt (19%).

Grüne Initiativen: Im Rahmen der Initiative „Öko-Bauern“ bieten die Stadtwerke München den biologischen Landwirtschaftsbetrieben im Münchner Umland finanzielle Fördermittel an und verfolgen damit das Ziel, die Wasserreserven der Stadt zu schützen. Bisher haben mehr als 100 Landwirte ihre Betriebe auf ökologischen Landbau umgestellt. Zusammengenommen unterhalten sie das größte ökologisch bewirtschaftete Gebiet Deutschlands mit einer Fläche von rund 2.500 Hektar.

Abfall und Landnutzung: Auch in der Kategorie Abfall und Landnutzung erzielt die Stadt München ein „überdurchschnittliches“ Ergebnis. Ein wichtiger Grund ist der mit 43% relativ hohe Recyclinganteil – in den anderen europäischen Städten sind es durchschnittlich nur 26%. Das Abfallaufkommen hingegen ist in München mit 557 kg pro Kopf und Jahr höher als im europäischen Durchschnitt (517 kg). Nachteilig wirkt sich auf die Bewertung aus, dass die Stadt keine Förderprogramme für die Nachnutzung von Brachflächen vorsieht.

Grüne Initiativen: Die Stadt treibt die Renaturierung der Isar vom kanalartigen Gewässer zum naturnah bewachsenen Flussbett weiter voran, der letzte Abschnitt um die Weideninsel in der Innenstadt soll in diesem Jahr fertiggestellt werden. Das Projekt wird gemeinsam vom Baureferat und dem Wasserwirtschaftsamt München durchgeführt. Die Kosten für die Isar-Renaturierung teilen sich das Land Bayern und die Stadt. Verbände, Vereine und Bürger wurden während der gesamten Projektphase in die Planungen eingebunden. Seit 2008 betreibt der städtische Abfallwirtschaftsbetrieb München eine Trockenfermentationsanlage in Freimann im Norden der Stadt. Pro Jahr werden dort 25.000 Tonnen Küchenund Gartenabfälle aus dem Umland in 1,8 Millionen Kubikmeter Biogas umgewandelt. Diese Menge reicht aus, um 1.600 Münchner Haushalte mit Energie zu versorgen. Außerdem erzeugt die Anlage jährlich 9.000 Tonnen Kompost, der als Düngemittel und Bodenverbesserer in der Landwirtschaft und im Landschaftsbau eingesetzt wird.

Luftqualität: In der Kategorie Luftqualität liegt München im Ergebnisband „Durchschnitt“. Das liegt unter anderem an der Stickstoffdioxid-Konzentration, die mit 35 Mikrogramm pro Kubikmeter über dem Mittel der 41 europäischen Städte von 34 Mikrogramm liegt. Die Ozon-Werte entsprechen mit 41 Mikrogramm in etwa dem Mittelwert der europäischen Städte (40 Mikrogramm). Die Feinstaub-Konzentration hingegen liegt mit 22 Mikrogramm unter dem europäischen Mittel von 31 Mikrogramm. Auch beim Schwefeldioxid schneidet München mit 4,8 Mikrogramm besser ab als die anderen europäischen Städte (6,4 Mikrogramm).

Grüne Initiativen: Im Kampf gegen Feinstaub hat München Anfang 2008 eine Lkw-Sperrzone eingeführt. Das Konzept leitet den Lkw-Durchgangsverkehr auf die Autobahn A99 um. Für den Großteil der Lastkraftwagen, die bisher durch München gefahren sind, ist das Stadtgebiet damit tabu.

Umweltmanagement: In der Kategorie Umweltmanagement liegt München „im Durchschnitt“ der europäischen Städte. Nachteilig wirkt sich aus, dass Interessierte sich nur teilweise über die Umweltleistungen der Stadt informieren können: Die CO2-Bilanz und der Endenergieverbrauch der Stadt werden beispielsweise nicht veröffentlicht. Allerdings werden die Bürger aktiv beteiligt. So wurde Ende 2010 der Entwurf der „Leitlinie Ökologie – Klimawandel und Klimaschutz“ der Landeshauptstadt München unter Einbeziehung der Öffentlichkeit publiziert (siehe Grüne Initiativen). Pluspunkte gibt es auch für die Mitgliedschaft im Konvent der Bürgermeister und die Unterzeichnung der Aalborg-Charta.

Grüne Initiativen: Unter der Devise „gemeinsam für das Klima“ hat der Stadtrat 2008 beschlossen, die „Leitlinie Ökologie – Klimawandel und Klimaschutz“ unter Einbeziehung der Öffentlichkeit weiterzuentwickeln und zu aktualisieren. Die Leitlinie benennt die Herausforderun gen, Ziele und Strategien bei Klimawandel und Klimaschutz in fünf verschiedenen Handlungsfeldern: Energieversorgung, Gebäude, Stadtplanung und Mobilität, Landnutzung und Naturhaushalt sowie Nutzerverhalten, Lebensstile und Gesundheit. Ziel war es, neue Ideen und Erkenntnisse in diesen Handlungsfeldern zu gewinnen, indem die Bürger mit eingebunden wurden. Auf der Grundlage diverser Veranstaltungen, der Ausstellung „München: Klima Regeln“ und zahlreicher Informationen im Internet wurde 2010 schließlich ein Entwurf der Leitlinie veröffentlicht – laut Stadtverwaltung das Ergebnis eines breiten Konsenses. Die Münchner Bürger wurden aufgefordert, über das Forum „www.gemeinsam-fuer-das-klima.de“ an der Überarbeitung des Entwurfs mitzuwirken. Ende 2010 wurde das Ergebnis dem Stadtrat zur abschließenden Beratung vorgelegt.

Quelle: German Green City Index 2011, Eine Studie der Economist Intelligence Unit im Auftrag der Siemens AG
Das Foto zeigt Kaskaden des Praterkraftwerk/SWM (swm)

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